Nach Flugzeugunglück: Südkorea lässt alle Boing-Flugzeuge gleicher Bauart überprüfen
Nach dem verheerenden Flugzeugunglück auf dem südkoreanischen Flughafen Muan suchen die Ermittler weiter nach der Unglücksursache. Unter Fachleuten gerät derweil jene rund 250 Meter hinter der Landebahn gelegene Mauer in den Fokus, an der Flug 7C2216 am vergangenen Sonntag zerschellte. Im Raum steht die Frage: Hat sie die hohe Zahl an Todesopfern mit begünstigt?
Mauer nach internationalen Standards?
Auf der von Erde umgebenen Betonwand war ein für die Landung notwendiges Antennensystem angebracht, das Piloten beim Anflug unterstützt. An vielen Flughäfen sehen diese Antennen aus wie eine Reihe roter Stangen. Unklar ist jedoch, warum diese vier Meter hohe Konstruktion in Muan von einer Mauer eingefasst war.
Die Antennen müssten flexibel wie ein Strohhalm sein, um bei einem Aufprall zu brechen, erklärte Song Byeong Heum im südkoreanischen Fernsehsender KBS. Selbst wenn man die Antennen höher hätte positionieren wollen, hätte man keine Betonmauer darum bauen müssen, sagte ein Pilot der Nachrichtenagentur „Yonhap“.
Andere Luftfahrt-Experten mutmaßten, dass die Konstruktion in Muan nicht internationalen Standards entspreche. Laut „Yonhap“ begründete der Flughafen, dass die Erhöhung notwendig war, damit das System ordentlich funktioniere. Das Verkehrsministerium argumentierte, dass auch andere Flughäfen in Südkorea eine ähnliche Betonkonstruktion hätten.
Auf die Frage, ob die Verwendung von Beton an dieser Stelle des Flughafens zulässig war, sagte der Generaldirektor für Flughafenpolitik, Kim Hong Rak, dass die Regierung „die einschlägigen Vorschriften und deren Anwendung überprüfen“ werde.
Arbeit am Flugschreiber – US-Ermittler vor Ort
Die Regierung kündigte auch die Überprüfung aller Boeing-Flugzeuge gleicher Bauart im Land an, insbesondere mit Blick auf die Fahrwerke. Dem Verkehrsministerium zufolge betraf eine entsprechende Untersuchung sechs Fluggesellschaften. Laut „Yonhap“ überprüften auch die südkoreanischen Streitkräfte Maschinen eines ähnlichen Typs in ihren Flotten.
Bergungsteams haben derweil beide Flugschreiber gefunden. Jener mit den Sprachaufzeichnungen aus dem Cockpit sei in relativ gutem Zustand, berichtete die Nachrichtenagentur „Yonhap“. Der Zweite mit den Flugdaten wurde beschädigt.
Das Gerät sei inzwischen vollständig gesäubert worden und „sein Zustand wird derzeit bewertet“, erklärte Joo Jong Wan vom südkoreanischen Amt für zivile Luftfahrt. Dem Datenspeicher des Flugschreibers habe beim Fund ein Stecker gefehlt, hieß es weiter. Derzeit wird geprüft, wie die Daten ausgelesen werden können.
Behördenangaben zufolge trafen inzwischen auch US-Ermittler an der Unglücksstelle in Muan ein, darunter Vertreter des Flugzeugherstellers Boeing.
179 Tote bei der „Bauchlandung“
Am Sonntag war eine aus Thailand kommende Maschine der südkoreanischen Billigfluglinie Jeju Air auf dem Flughafen Muan im Südwesten des Landes verunglückt.
Die Boeing 737-800 war bei einer versuchten „Bauchlandung“ ohne ausgefahrenes Fahrwerk von der Landebahn abgekommen, gegen die Mauer geprallt und in Flammen aufgegangen.
179 der 181 Insassen kamen ums Leben, nur zwei Besatzungsmitglieder konnten lebend aus dem Wrack geborgen werden. Es handelte sich um die bisher schlimmste Flugzeugkatastrophe auf südkoreanischem Boden.
Als Unfallursache vermuten die Behörden einen Vogelschlag kurz vor der Landung. Der Tower hatte zunächst vor einem solchen Zusammenprall mit Vögeln gewarnt. Unmittelbar danach meldeten die Piloten per Mayday-Notruf selbst einen Vogelschlag. Unklar ist bislang, wie diese Kollision das Fahrwerk beschädigen konnte.
Unterdessen klärten die Ermittler nach Angaben des Verkehrsministeriums bislang die Identität von 174 der 179 ums Leben gekommenen Insassen der Unglücksmaschine. Erste Leichen hätten die Behörden bereits ihren Familien zur Bestattung überstellt.
Die Sperrung der Start- und Landebahn des Flughafens im Südwesten des Landes wurde vorerst bis zum 7. Januar verlängert, um die Unfallstelle weiter untersuchen zu können. Vor Ort sind neben koreanischen Experten auch Vertreter des US-Flugzeugbauers Boeing und der US-Behörde NTSB, die Unglücke in der Luftfahrt aufklärt.
(afp/dpa/red)
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