Mutmaßliche Sabotage in der Ostsee: Ermittler nehmen chinesisches Schiff ins Visier

Die mutmaßliche Sabotage an zwei Unterwasser-Glasfaserkabeln in der Ostsee alarmiert Politik und Sicherheitsbehörden. Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht das chinesische Frachtschiff „Yi Peng 3“, dessen auffällige Bewegungen neue Fragen über mögliche geopolitische Hintergründe aufwerfen.
Cinia geht davon aus, dass das Kabel am Grund der Ostsee gebrochen ist und durch äußere Einwirkung durchtrennt wurde, etwa durch einen Anker oder ein Grundschleppnetz. (Archivbild)
Die schwedische Polizei hat Ermittlungen wegen Sabotage zu den Datenbrüchen in der Ostsee eingeleitet.Foto: Heikki Saukkomaa/Lehtikuva/dpa
Von 20. November 2024

Bei der Suche nach den Verantwortlichen für die mutmaßliche Sabotage an zwei Unterwasser-Glasfaserkabeln in der Ostsee sind Ermittler möglicherweise einen entscheidenden Schritt weitergekommen. In den Fokus der Aufmerksamkeit ist dabei ein chinesisches Schiff gelangt, das den Namen „Yi Peng 3“ trägt.

Dieses soll auf seinem Weg vom russischen Zwischenhafen Ust-Luga ins ägyptische Port Said „auffällige Bewegungen“ vollzogen haben. Am Sonntag, 17.11., soll die „Yi Peng 3“ nahe an den Kabeln vorbeigefahren und anschließend ihre Geschwindigkeit verringert haben. Dies gehe aus den Trackingdaten von „Vesselfinder“ hervor.

Pistorius glaubt nicht an Zufall

Am Sonntag gab das Telekommunikationsunternehmen Telia Lietuva bekannt, dass die 218 Kilometer lange Verbindung zwischen der schwedischen Insel Gotland und Litauen durchtrennt worden sei. Am Montag meldete auch das staatliche finnische Kommunikationsunternehmen Cinia einen Schaden.

Dieser betreffe das Unterwasser-Datenkabel „C-Lion 1“, das über 1.200 Kilometer Helsinki mit Rostock verbinde. Die Schäden waren jeweils gering, die Internetverbindungen der Nutzer in den betroffenen Regionen konnten über alternative Wege aufrechterhalten werden.
Telia-Lieztuva-CTO Andrius Šemeškevičius ging davon aus, dass der Schaden an dem Kabel auf dessen Alter und einen unglücklich geworfenen Anker zurückgehe. Demgegenüber erklärte Deutschlands Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, er halte bewusste Sabotage für die wahrscheinlichere Erklärung:

Niemand glaubt, dass diese Kabel unabsichtlich durchtrennt worden sind. Ich will auch nicht an Versionen glauben, wonach es Schiffsanker gewesen wären, die zufällig diesen Schaden herbeigeführt hätten.“

„Yi Peng 3“ durch auffällige Bewegungen belastet

Am Dienstag wurde die „Yi Peng 3“ von dänischen Marineschiffen aufgespürt und über mehrere Stunden durch den Großen Belt begleitet. Mittlerweile hat einem Bericht von „t-online.de“ zufolge ein Patrouillenboot das Schiff nördlich von Seeland festgesetzt. Schwedens Zivilschutzminister hatte zuvor erklärt:

„Wir können bestätigen, dass Einheiten des Militärs und der Küstenwache Schiffsbewegungen entdeckt haben, die mit dem Zeitpunkt und dem Ort der Unterbrechungen übereinstimmen.“

Aus dem dänischen Verteidigungsministerium gibt es bislang keine speziell auf die „Yi Peng 3“ gerichtete Erklärung. Allerdings betonte die Behörde, dass man alle Schiffe, die sich in dänischen Gewässern befänden, im Auge behalte.

Schiff erst vor einem Monat durch Ningbo Yipeng Shipping erworben

Erst vor einem Monat soll das chinesische Unternehmen Ningbo Yipeng Shipping das Schiff erworben haben. Die „Yi Peng 3“ trägt ihren Namen seit 2016. Gebaut wurde es 2001. Zuvor fuhr das Schiff als „Leda“ unter der Flagge der Marshall-Inseln und als „Avra“ unter griechischer und liberischer Flagge.

Bereits vor einem Jahr hatte es Zwischenfälle mit einem chinesischen Schiff in der Ostsee gegeben. Erst mit einiger Verspätung hatte man dort Schäden an zwei Unterwasserkabeln und einer Gaspipeline zwischen Estland und Finnland gegeben.

Damals geriet das in Hongkong registrierte Containerschiff „NewNew Polar Bear“ des Unternehmens Newnew Shipping ins Visier von Ermittlern. Finnlands Regierung warf schon damals dem KP-Regime Sabotage vor. Das Schiff selbst hatte sich zeitnah zurück nach China begeben. Auf Anfragen finnischer Behörden zur Hilfe bei der Untersuchung der Vorfälle vom 7. und 8.10.2023 reagierte die Führung nicht.

Unklarheit über Hintergründe der Aktivitäten von „Yi Peng 3“

Über mögliche Motivationen des chinesischen KP-Regimes, in einer geopolitisch ohnehin heiklen Lage in der Ostseeregion Infrastruktur zu sabotieren, gibt es bis dato nur Spekulationen. Es könnte sich beispielsweise um eine Form der hybriden Kriegsführung handeln. Diese könnte darauf ausgerichtet sein, Unsicherheit zu erzeugen und kritische Infrastruktur zu destabilisieren.

Auch könnten Aktionen wie diese darauf ausgerichtet sein, dem Westen die Verwundbarkeit seiner Infrastruktur aufzuzeigen. Außerdem könnte das KP-Regime durch gezielte Angriffe auf diese versuchen, Druck auszuüben und die Reaktionsfähigkeit der Staaten zu testen.

Regierungsstellen in der gesamten Ostseeregion mahnen unterdessen zu erhöhter Wachsamkeit bei maritimen Aktivitäten. Es sei wichtig, sich der potenziellen Risiken bewusst zu sein, die von unbekannten Schiffen in sensiblen Gebieten ausgingen.



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