Musk erzürnt europäische Politiker – 150 Beamte sollen Gespräch mit Weidel überwachen

Eine Reihe von Regierungsvertretern Europas will dem Tech-Milliardär und X-Eigentümer Elon Musk mittels der EU-Netzwerkregulierungsregeln (DSA) zu Leibe rücken. Stein des Anstoßes ist Musks politisches Eintreten für Parteien, die seinen Kritikern zu weit rechts stehen. Bis zu 150 Beamte sollen das Gespräch zwischen Musk und AfD-Cochefin Weidel überwachen.
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Kommen heute auf X im Gespräch zusammen: Alice Weidel und Elon Musk.Foto: Sean Gallup/Getty Images, Saul Loeb/AFP via Getty Images, Montage: Epoch Times
Von 9. Januar 2025

Vor dem Hintergrund des bevorstehenden Live-Talks zwischen der AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel und Elon Musk auf der Social-Media-Plattform X ist in der EU eine Debatte entbrannt, inwiefern man derartigen Gesprächen („X-Spaces“) auf Grundlage des Digital Services Act (DSA) Einhalt gebieten kann.

Die grüne EU-Abgeordnete Alexandra Geese forderte nach Informationen der Website „Nachrichten AG“ im Einklang mit Parteikollegen, dass die EU-Kommission Sofortmaßnahmen gegen X in die Wege leiten solle. Aus Sicht von Geese sollten vorrangig die Empfehlungsmechanismen von X abgeschaltet werden, ohne Inhalte aktiv zu löschen. Auf diese Weise bliebe die Meinungsfreiheit erhalten. Der X-Empfehlungsalgorithmus ist zumindest in Teilen bereits seit Ende März 2023 auf der Onlineplattform „Github“ einsehbar.

Schlichtweg verbieten lässt sich das Interview nach Aussage des EU-Kommissionssprechers Thomas Regnier nicht, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet hatte. Es sei allerdings zu prüfen, ob während der Sendung Falschinformationen verbreitet würden.

Eine Gefahr für die Demokratie?

Auch prominentere Köpfe des EU-Establishments befürchten, dass das Musk/Weidel-Gespräch ebenso wie andere Angriffe auf Musks X-Kanal gegen internationale Politiker rechten Kräften Auftrieb verleihen, Wahlen beeinflussen und die Demokratie untergraben könnten.

Wie der Nachrichtensender „n-tv“ berichtet, reihten sich in den Chor der europäischen Musk-Kritiker bereits Größen wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dessen Außenminister Jean-Noël Barro und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez ein.

Barro forderte die EU-Kommission am 8. Januar 2025 in einem Interview mit „France Inter“ auf, seinem Land und den übrigen Mitgliedstaaten die Fähigkeit zurückzugeben, „sich selbst zu schützen“, sofern die Kommission nicht wisse, „wie sie uns vor dieser Einmischung oder diesen Einmischungsdrohungen schützen“ könne. Immerhin sei die deutsche AfD eine „ultrarechte Partei“, wie Barro zu bedenken gab.

Präsident Macron hatte sich nach Informationen des „Tagesspiegel“ bereits am Montag gegenüber Diplomaten mit einer rhetorischen Frage zur Lage geäußert:

Wer hätte das geglaubt, wenn man uns vor zehn Jahren gesagt hätte, dass der Besitzer eines der größten sozialen Netzwerke eine neue reaktionäre Internationale unterstützen und sich direkt in Wahlen einmischen würde, sogar in Deutschland?“

Sánchez sieht Musk als Anführer der „internationalen Rechtsextremen“

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez behauptete nach Angaben der Website „Cadena SER“ bei einer Veranstaltung zum 50. Todestag des Diktators Franco, dass „in diesem Fall“ der „reichste Mann der Welt“ die „internationale Rechtsextreme, die wir in Spanien seit Jahren bekämpfen“, anführe.

Ohne den Namen Elon Musk ausdrücklich zu erwähnen, sprach Sánchez davon, dass der Tech-Milliardär „unsere Institutionen“ offen angreife, Hass schüre und „offen die Erben des Nationalsozialismus in Deutschland“ unterstütze. Der „Faschismus“ sei bereits die „dritte politische Kraft in Europa“, „autokratische Regime“ seien derzeit „in der halben Welt auf dem Vormarsch“, beklagte der spanische Regierungschef. Er mahnte: „Wenn uns die Geschichte nur etwas lehrt, dann, dass die Eroberung der Freiheit nie permanent ist“.

Titelbild des „Stern“ vom 09. Januar 2025 Foto: Bildschirmfoto von X

Warnende Stimmen aus Deutschland

CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz erklärte nach „n-tv“-Angaben, er beobachte „mit zunehmender Besorgnis“, „dass hier vor allem Plattformen geschaffen werden für Falschinformation, für einseitige Kampagnen, für Halbwahrheiten, für Hetze, für Hass“. Es sei an der EU, dies zu regulieren, ohne dabei die Presse- und Meinungsfreiheit aufzugeben. Jedenfalls dürften „diejenigen, die sich an diese Regeln nicht halten“ nach Auffassung von Merz „in den Plattformen nicht ein Spielfeld finden, das praktisch ohne Regeln“ existiere.

Der FDP-Chef und Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte sich nach Angaben des „Tagesspiegel“ schon anlässlich des FDP-Dreikönigstreffens zu Wort gemeldet.

Wenn Musk oder auch der Kreml ihre Sympathie für die AfD zum Ausdruck brächten, täten diese das nicht zur „Stärkung des deutschen Vaterlands“. Es gehe ihnen vielmehr darum, Deutschland zu schwächen und zu „chaotisieren“, meinte der Liberale. Darauf dürfe „keine Patriotin und kein Patriot“ hereinfallen, so Lindner laut „Tagesspiegel“.

Bei Musk handele es sich um einen „Vertreter der Make-America-Great-Again-Bewegung, die klar gerichtet ist auch gegen die wirtschaftlichen Interessen unseres Landes“. Die AfD bezeichnete Lindner als „die fünfte Kolonne Moskaus in Deutschland“.

Ferda Ataman, die parteilose Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, hatte die Bundesregierung laut „Tagesschau“ unter der Woche aufgefordert, sich von X zurückzuziehen. Die Plattform-Algorithmen verstärken ihrer Meinung nach „rechtsextremistische Äußerungen“, X sei längst zu einem „Machtbeeinflussungsinstrument“ geworden.

Bundeswirtschaftsminister und Kanzlerkandidat Robert Habeck (Grüne) hatte seinen Ärger über Musk unter anderem damit ausgedrückt, dass er einen Online-Aufruf gegen dessen Einflussnahme ins Netz stellte. Habecks Tenor: „Finger weg von unserer Demokratie, Herr Musk!“ Am Vormittag des 9. Januar hatten mehr als 50.000 Menschen unterschrieben.

Luc Frieden, der Ministerpräsident von Luxemburg, riet im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „REUTERS“ dazu, Musks Meinungsäußerungen nicht überzubewerten. Er verwies auf die jüngsten Wahlen in Rumänien, bei denen nach der Intervention des Obersten Gerichts ein Regierungsbündnis aus vier EU-affinen Parteien geschmiedet worden war, obwohl rechte Parteien ein Drittel der Stimmen geholt hatten. Das Gericht hatte sich laut ZDF auf die Wahlbeeinflussung durch einen „aggressiven russischen hybriden Angriff“ speziell auf TikTok berufen. Frieden erklärte:

Ich glaube schon nach der Annullierung der … Präsidentschaftswahl in Rumänien, dass wir uns etwas tiefer in diese Thematik einbringen müssen und überlegen müssen: Wie können wir Meinungsfreiheit, soziale Medien und Demokratie auch in der Zukunft erhalten?“

Ex-Kommissar Breton warnte Weidel vor

Der ehemalige EU-Binnenkommissar Thierry Breton hatte sich am 4. Januar auf seinem X-Kanal zum Live-Talk zwischen Musk und Weidel eingeschaltet. Er ermahnte Weidel, darauf zu achten, dass ihr Gegenüber im X-Space „alle seine Verpflichtungen gemäß unserem EU-Recht uneingeschränkt einhalten sollte“. Immerhin verschaffe Musk ihr einen „deutlichen und wertvollen Vorteil“ ihren Mitbewerbern gegenüber.

Weidel empfand dies als Drohung: „Die EU-Kommission agiert undemokratisch, und das Zensurgesetz #DSA ist eine Schande für Europa!“, so die AfD-Coparteivorsitzende ihrerseits auf X.

Norman Lewis, Gastwissenschaftler beim Thinktank MCC Brüssel, ehemaliger PwC-Direktor und Leiter der Technologieforschung bei Orange UK, erklärte im Gespräch mit der amerikanischen „The Epoch Times“, dass es nicht Fehlinformationen seien, die die Menschen dazu bewegten, sich an der Wahlurne für „Populisten“ zu entscheiden. „Es ist ihre Unzufriedenheit mit den bestehenden politischen Parteien“, so Lewis.

Meta-Chef Zuckerberg will Faktencheck-System reformieren

Erst vor ein paar Tagen hatte der Meta-CEO Mark Zuckerberg (unter anderem Facebook, Instagram, Whatsapp) bekannt gegeben, seine bisherige Zensurpraxis durch ein System ersetzen zu wollen, dass jenem von X ähnelt: Strittige Einträge sollen weniger von „Faktencheckern“ überprüft oder gelöscht, sondern durch „Community Notes“ ergänzt werden (Video auf X): Es würde dann den Nutzern selbst obliegen, einem Beitrag korrigierende oder abweichende Tatsachen hinzuzufügen. Auf X findet diese Vorgehensweise bereits seit längerer Zeit Anwendung.

Klaus Müller, der Präsident der hierzulande für die praktische Umsetzung des DSA zuständigen Bundesnetzagentur, verteidigte am Morgen des 8. Januar die Zusammenarbeit von großen Social-Media-Plattformen („Very Large Online Platforms“, VLOP) mit Faktencheckern auf seinem X-Kanal. Diese Praxis sei zwar nicht vorgeschrieben, verringere gemäß Paragraf 35 des DSA speziell bei Wahlen aber das „Sanktionsrisiko“. Müller erklärte:

Arbeitet ein VLOP nicht mit Faktencheckern zusammen, muss er nachweisen, dass er andere, gleich wirksame Risikominimierungsmaßnahmen ergreift.“

DSA seit August 2023 in Kraft

Der DSA wird seit dem 25. August 2023 innerhalb der EU angewendet, um „systemische Risiken wie Manipulation oder Desinformation“ in großen Online-Plattformen zu unterbinden. Dazu wurden unter anderem die Freiheiten von sozialen Netzwerken und Onlinehändlern erheblich eingeschränkt, ihre Kontrollpflichten erhöht. Bei Nichtbeachtung drohen hohe Geldstrafen.

Die EU beschränkte die Auflagen zunächst auf die VLOPs mit mehr als 45 Millionen Nutzern in ihrem Zuständigkeitsgebiet. Seit dem 17. Februar 2024 gilt der DSA auch für kleinere Dienstleisterplattformen.

Von Anfang an war insbesondere die erst im Oktober 2022 von Elon Musk übernommene VLOP Twitter (heute: X) den EU-Informationshütern ein Dorn im Auge. Musk hatte einen Großteil seines Moderationsteams gleich nach dem Kauf des Netzwerks entlassen. Sein Ruf als internationaler Verteidiger der Meinungsfreiheit basiert auch darauf.

Im Dezember 2023 leitete die EU-Kommission auf DSA-Grundlage ein „förmliches Verfahren“ gegen X ein. Man wolle feststellen, „ob X möglicherweise gegen den Digital Services Act (DSA) in den Bereichen Risikomanagement, Inhaltemoderation, Dark Patterns, Werbetransparenz und Datenzugriff für Forscher verstoßen“ habe.

150 Beamte im Einsatz

Laut „Politico“ werden bis zu 150 Beamte das Gespräch zwischen Elon Musk und Alice Weidel auf Verstöße gegen den DSA überwachen. Dabei werde die EU-Kommission mit dem European Centre for Algorithmic Transparency zusammenarbeiten. Vor allem gehe es darum, festzustellen, ob der X-Empfehlungsalgorithmus der AfD einen unfairen Vorteil einräume.



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