Moskau: „Ukraine eröffnet zweite Front in Afrika“

Die Ukraine unterstütze in Mali Rebellen und möglicherweise sogar islamistische Terroristen. Diese sollen im Juli russische Söldner und malische Soldaten getötet haben. Das behaupten drei afrikanische Staaten. Sie brachen die diplomatischen Beziehungen zu Kiew ab und legten Protest bei der UNO gegen die Ukraine ein. Moskau spricht von einer „zweiten Front“. Kiew gibt sich arglos.
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Ein Soldat in Afrika.Foto: Sia Kambou/AFP über Getty Images
Von 30. August 2024

Die Militärregierungen von Burkina Faso, Mali und Niger haben sich am 20. August offiziell an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gewandt. Sie prangerten die angebliche Unterstützung von Rebellengruppen in der westafrikanischen Sahelzone durch die Ukraine an.

Dies berichtete zunächst der arabische Nachrichtensender „Al-Arabiya“ mit Sitz in Dubai unter Bezug auf eine Veröffentlichung des malischen Außenministeriums auf der Kurznachrichtenplattform X.

Ganz Westafrika aufgebracht

Zahlreiche arabische und afrikanische Medien berichten seit drei Wochen prominent über die vermeintlichen militärischen Ambitionen der Ukraine in Afrika. Dies führte dazu, dass auch die ECOWAS, ein Zusammenschluss von 15 westafrikanischen Staaten, ein diplomatisches Kommuniqué herausgab, in dem die „gewaltsamen Angriffe auf Angehörige der malischen Streitkräfte“ scharf verurteilt werden, jedoch ohne die Ukraine namentlich zu erwähnen.

Diese Erklärung des regionalen Blocks ist umso bedeutender, als Mali seit der Übernahme der Regierung durch einen Militärputsch aus ECOWAS ausgeschlossen worden ist.

Indem die westafrikanische Staatengruppe dennoch ihrem ungeliebten Nachbarn prominent zur Seite steht, wird ersichtlich, wie empört der Kontinent über das Agieren der Ukraine ist.

Ein Anhänger von Hauptmann Traore in Burkina Faso schwenkt eine russische Fahne auf einem Motorrad. Foto: Sophie Garcia/AP/dpa

ECOWAS erklärte seine „entschiedene Missbilligung und entschiedene Verurteilung jeglicher Einmischung von außen in die Region, die eine Bedrohung für Frieden und Sicherheit in Westafrika darstellen könnte, sowie jeden Versuch, der darauf abzielt, die Region in aktuelle geopolitische Konfrontationen hineinzuziehen“.

Ukraine streitet Beteiligung ab

Am 5. August gab die malische Militärregierung ihre Entscheidung bekannt, die diplomatischen Beziehungen zur Ukraine abzubrechen. Laut dem überregionalen arabischen TV-Sender „Al-Jazeera“ verwies das malische Militärregime auf das „prahlerische Eingeständnis eines ukrainischen Beamten“, der zugegeben habe, dass Kiew Tuareg-Rebellen wichtige Informationen für einen Angriff geliefert habe.

Dieser sei Ende Juli in einem drei Tage anhaltendem Gefecht in Tin Zaouatine (auch Tinzawatène), einer Grenzregion zu Algerien, ausgeführt worden. 47 malische Soldaten und 84 Söldner des russischen „Afrika Korps“ (vormals Wagner-Gruppe) seien in Hinterhalten getötet worden.

Laut arabischen Presseberichten habe eine „nördliche Tuareg-Gruppe“ die Verantwortung für den Anschlag übernommen. Dies sei die „schwerste Niederlage“ der russischen Söldner, seitdem sie in der Region operieren, urteilte „Al-Jazeera“ am 20. August in einem Onlinebeitrag.

Wie zahlreiche arabische, afrikanische und englische Medien – darunter die BBC – gleichlautend berichten, habe am 29. Juli der Sprecher des ukrainischen Militärgeheimdienstes (GUR), Andrej Jussow, im öffentlich-rechtlichen ukrainischen Rundfunksender „Suspilne“ mitgeteilt, dass die malischen Rebellen „alle benötigten Informationen erhalten hätten, die es ihnen ermöglichten, ihre Operation gegen Russen durchzuführen“.

Facebook-Video des ukrainischen Botschafters gelöscht

Auch der ukrainische Botschafter im Senegal, der angesehene Historiker Yurii Pywovarow, soll diese Angaben öffentlich bestätigt haben. In einem Facebook-Video, das inzwischen wieder gelöscht worden sei, habe er „schadenfroh“ Jussows Angaben kommentiert. Dafür ist er laut europäischen und afrikanischen Medien am 12. August von der senegalesischen Regierung gerügt worden.

Spätere Berichte deuteten darauf hin, dass ukrainische Spezialeinheiten die Separatisten außerdem im Einsatz von Angriffsdrohnen geschult hätten, berichtete die BBC am 12. August.

Als Jussows Äußerungen in Afrika bekannt wurden, habe die ukrainische Regierung bestritten, in irgendeiner Form an dem tödlichen Angriff der Rebellen in Tin Zaouatine beteiligt gewesen zu sein.

Diese Beteuerung fand offenbar in keinem afrikanischen Land Gehör. Mali und Niger warfen der Ukraine vor, „internationalen Terrorismus“ zu unterstützen.

Hinter dieser Formulierung steckt die Annahme, dass die Tuareg-Rebellen nicht nur von der Ukraine, sondern auch von islamistischen Terrororganisationen unterstützt werden. Dies war 2012 schon einmal der Fall.

Auch Bundeswehr bei UN-Mission

Damals stachelte AQIM (Al-Qaida des Islamischen Maghreb) die Tuareg zum Aufstand an. Dieser wurde mithilfe einer UN-Mission, an der die Bundeswehr bis Ende 2023 beteiligt war, niedergeschlagen.

Mali und Niger verfügen zudem angeblich über Geheimdienstinformationen, dass dieses Mal die in der Sahara operierende Islamisten „Dschihadisten der Gruppe zur Unterstützung des Islam und der Muslime“ (Jama’at Nasr al-Islam wal-Muslimin, JNIM) in Tin-Zaouatine beteiligt gewesen seien. Dies berichtete zum Beispiel am 5. August das Presseorgan des Vatikans, „Agenzia Fides“.

Daraus leiten Mali, Niger und Burkina Faso die Verknüpfung ab, dass die Ukraine letztlich auch mit Dschihadisten zusammenarbeite, die zuvor zwölf Jahre lang von westlichen Streitkräften, darunter der Bundeswehr, in Mali bekämpft worden waren. Immerhin kamen bei dem zehn Jahre andauernden Bundeswehreinsatz in Mali drei deutsche Soldaten ums Leben.

Vatikan spricht von „Massaker“

In ihrem Brief an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen forderten die Außenminister von Mali, Niger und Burkina Faso die UNO auf „Verantwortung“ für das Vorgehen der Ukraine zu übernehmen und „subversive Handlungen“ zu verhindern, die die regionale und kontinentale Stabilität gefährden.

„Agenzia Fides“, das Presseorgan des Vatikans, verurteilte den Überfall in der Region Tin Zaouatine und bezeichnete diesen als „Massaker“.

Pikant: Zur gleichen Zeit, als die Aussagen des ukrainischen Geheimagenten Andrej Jussow bekannt wurden, reiste der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba nach Malawi, Sambia und Mauritius, um für Unterstützung von Kiews Position gegenüber Russland zu werben. Über das Ergebnis dieser Reise ist nichts bekannt.

Russland über Stellvertreterkrieg

Auch eine russische Reaktion blieb nicht aus: Am 7. August warf die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Marija Sacharowa, der Ukraine vor, sie habe in Afrika „eine zweite Front“ eröffnet, da Kiew „Russland nicht auf dem Schlachtfeld besiegen“ könne.

Ein Mann hält eine Flagge mit dem Logo der Private Military Company (PMC) Wagner, während sich am 26. August 2023 Anhänger des nigerianischen Nationalrats zum Schutz des Heimatlandes (CNSP) im allgemeinen Seyni-Kountche-Stadion in Niamey versammeln. Foto: -/AFP via Getty Images

Sacharowa beschuldigte die Ukraine in einem Gespräch mit der staatlichen russischen Nachrichtenagentur „RIA Novosti“ weiterhin, „Terrorgruppen in mit Moskau befreundeten Ländern des Kontinents zu unterstützen“.

Der afrikanischen und arabischen Presse ist der Tenor zu entnehmen, dass das ukrainische Gebaren in Mali für viele Afrikaner einen weiteren Fall von egoistischer europäischer Einmischung darstellt, um den Kontinent als blutiges Spielfeld für eigene Rivalitäten rücksichtslos auszunutzen.

Über den Autor:

Tom Goeller ist Journalist, Amerikanist und Politologe. Als Korrespondent hat er in Washington, D.C., und in Berlin gearbeitet, unter anderem für die amerikanische Hauptstadtzeitung „The Washington Times“. Seit April 2024 schreibt er unter anderem für die Epoch Times.



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