Moria in Flammen Update: Maas fordert schnelle Hilfe der EU für obdachlose Migranten
Mittwoch, 9. September 2020
13:25 Uhr
Nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos hat die EU-Kommission Unterstützung angeboten. Sie habe die Finanzierung der sofortigen Verlegung und Unterbringung der 400 noch verbliebenen unbegleiteten Minderjährigen auf das griechische Festland genehmigt, teilte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson am Mittwoch im Online-Dienst Twitter mit. Sie sei nach dem Brand in Kontakt mit den griechischen Behörden. „Die Sicherheit und Unterbringung aller Menschen in Moria hat Priorität.“
In der Nacht waren in Griechenlands größtem Flüchtlingslager mehrere Feuer ausgebrochen. Laut Feuerwehr wurde die Einrichtung praktisch vollständig zerstört. Mehr als 12.000 Menschen flohen aus dem vollkommen überfüllten Lager.
In Griechenland gab es Anfang des Jahres rund 5000 unbegleitete oder kranke Kinder in Migrantencamps. Die EU startete darauf ein Programm, um ihre Versorgung in Griechenland zu verbessern und einen Teil von ihnen in andere Mitgliedstaaten zu bringen.
Zehn EU-Länder, darunter Deutschland, hatten sich daraufhin zur Aufnahme von über 2000 Kindern und Jugendlichen und deren Angehörige verpflichtet. Pro Kind wurden in Deutschland bis zu drei Verwandte mit aufgenommen.
Nach Angaben der EU-Kommission vom Mittwoch wurden bisher gut 640 Menschen durch sieben EU-Länder aufgenommen.
Maas fordert schnelle Aufnahme von Migranten
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) fordert schnelle Hilfe für Griechenland und eine Verteilung der Flüchtlinge auf Aufnahmewillige in der EU angemahnt.
„Was in Moria passiert, ist eine humanitäre Katastrophe“, erklärte Maas am Mittwoch im Kurzbotschaftendienst Twitter. Mit der EU-Kommission „und anderen hilfsbereiten EU-Mitgliedstaaten müssen wir schnellstens klären, wie wir Griechenland unterstützen können“, erklärte Maas. Dazu gehöre auch die Verteilung von Geflüchteten unter Aufnahmewilligen in der EU.
10:20 Uhr Großbrand nach Revolte – Migranten gehen auf Feuerwehrleute los
Griechenlands größtes Migrantenlager ist in Flammen aufgegangen. Das Lager Moria auf der Ägäis-Insel Lesbos wurde nach Ausbruch mehrerer Brände in der Nacht zum Mittwoch teilweise evakuiert, wie die Feuerwehr mitteilte. Die Rettungskräfte wurden bei ihrem Eintreffen mit Steinen beworfen und Migranten versuchten die Löscharbeiten zu verhindern.
Auf der Suche nach der Ursache des Feuers gibt es unterschiedliche Angaben. Wer legte die Brände? Manche Migranten beschuldigen die Inselbewohner, andere zeigen auf die Lagerbewohner selbst. Noch sind Einzelheiten nicht bekannt. Viele der Lagerbewohner flüchteten in die nahen Wälder, manche machten sich auf den Weg in die Hauptstadt der Insel, Mytilini.
#Moria this morning: „Zone 12 completely gone, Zone 6 heavily damaged. Several parts of Central camp gone. About 35-40% total destruction. One of the fires blossomed up again, so now firefighters are back at work.“ Information and Photo by @standbymelesvos pic.twitter.com/bMpF7sdif8
— Ramona Lenz ? (@LenzRamona) September 9, 2020
Kühnert fordert rasche Aufnahme der Moria-Migranten
Der Bundesvize der SPD und Chef der Jungsozialisten, Kevin Kühnert, fordert eine umgehende Aufnahme der Migranten von Moria, auch in Deutschland. Man solle erst die Menschen retten, bevor man Schuldige sucht.
Erst Menschen retten, dann Schuldige benennen. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen #Moria umgehend evakuieren. Auf dem gesamten Kontinent haben sich hunderte Kommunen und in Deutschland auch ganze Bundesländer zur Aufnahme bereiterklärt. Wer jetzt noch blockiert handelt mit Vorsatz. https://t.co/zrTGLf0FQd
— Kevin Kühnert (@KuehniKev) September 9, 2020
Wie die „Frankfurter Neue Presse“ berichtet, sagte Konstantin Kuhle, innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der FDP: „Die Lage in und um Moria ist seit vielen Monaten gefährlich und explosiv. Im Februar konnte ich mich bei meinem Besuch davon überzeugen, dass die EU ein Interesse an einer Entlastung für das Camp haben muss. Die aktuelle Eskalation war vorhersehbar.“
Feuerwehr mit Steinen angegriffen
Bei der Teilevakuierung des Lagers waren laut Feuerwehr 25 Feuerwehrleute sowie zehn Wagen im Einsatz.
Nach Angaben der „Bild“ warfen die Migranten Steine auf die anrückende Feuerwehr und versuchten sie von den Löscharbeiten abzuhalten. Dies habe der Einsatzleiter der Feuerwehr im Fernsehen berichtet. Die Polizei war mit Sondereinheiten vor Ort. Laut den Zeitungsangaben gebe es Videos in den sozialen Netzwerken, in denen Migranten singen: „Bye bye, Moria!“.
Feuerausbruch nach Revolte
Die griechische Nachrichtenagentur ANA meldete, die Brände seien nach einer Revolte in dem Lager ausgebrochen. Einige Migranten hätten dagegen protestiert, dass sie isoliert untergebracht werden sollten, nachdem sie positiv auf das Coronavirus getestet worden seien oder direkten Kontakt zu positiv Getesteten gehabt hätten. Andere hätten wegen der Infektionen das Lager verlassen wollen, berichtete die griechische Nachrichtenagentur ANA-MPA.
Die Ursache des Ausbruchs des Feuers ist zunächst unklar, aber nach Angaben der Feuerwehr waren mehrere Brände innerhalb des Lagers und in der nahen Umgebung ausgebrochen. Ein AFP-Fotograf berichtete, dass auch ein außerhalb des Hauptlagers liegender Olivenhain mit Zeltunterkünften für Migranten brenne.
Seit Jahren überfüllt
Moria ist seit Jahren völlig überfüllt. Das Lager ist für rund 2.800 Menschen ausgelegt, doch leben dort mehr als 12.700 Migranten unter schwierigsten Bedingungen. Die Inselbewohner von Lesbos fühlen sich mit den Migrantenmassen im Stich gelassen.
Update: fires seem out of control. Moria is burning and this means Lesvos is burning and where are all the people now with their talks and promises? We are alone on this island and this fire is a fire in all of Europe but it only destroys our island https://t.co/Kw42ZAG20Y #moria pic.twitter.com/09K2Nt8pWC
— Stand by Me Lesvos (@standbymelesvos) September 8, 2020
In der vergangenen Woche war dort der erste Fall einer Corona-Infektion festgestellt worden. Das Lager wurde daraufhin unter Quarantäne gestellt.
Seither wurden nach Angaben des griechischen Migrationsministeriums in dem Lager etwa 2000 Corona-Tests ausgeführt und dabei 35 positiv Getestete diagnostiziert.
(afp/nh/sm)
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