Mit 15 Jahren im eigenen BMW zur Schule – In Schweden geht das
Mit ihren 15 Jahren hat Evelina Christiansen zwar noch keinen Auto-Führerschein. Trotzdem fährt die Schwedin mit ihrem schicken, eigenen BMW selbst zur Schule. Möglich macht dies eine alte Regelung in Schweden, wonach Jugendliche ab 15 Jahren normale Autos fahren können, wenn deren Geschwindigkeit auf 30 km/h gedrosselt ist. Und so bekommen trotz Sicherheitsbedenken von Polizei und EU-Kommission immer mehr Teenager ihr eigenes Auto.
„Ich habe ihn im vergangenen April zum Geburtstag bekommen“, erzählt Evelina stolz über ihren dunkelblauen 5er-BMW. Das stattliche Geschenk sollte eine Belohnung für gute Leistungen in der Schule sein. „Ich benutze ihn meistens, wenn ich zur Schule muss oder mich mit Freunden treffe“, sagt die 15-Jährige, die in einem Vorort von Stockholm lebt.
Schulkinder im Porsche – keine Seltenheit
Auch in anderen Nobelvororten der schwedischen Hauptstadt sieht man regelmäßig Schulkinder im Porsche Cayenne oder mit anderen Luxusmodellen herumfahren.
Dies ist möglich durch die sogenannte A-Traktor-Regelung. Sie erlaubt das Fahren von Autos und anderen Kraftfahrzeugen schon unter 18 Jahren, wenn deren Geschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde gedrosselt ist. Die Regelung wurde ursprünglich während der Wirtschaftskrise in den 1930er-Jahren eingeführt, als es an Traktoren mangelte.
Sie ermöglichte es damals den Bauern, billigen Ersatz selbst zu bauen. Später dann nutzten Jugendliche auf dem Land die selbstgebastelten Fuhrwerke als Ersatz für den nicht vorhandenen öffentlichen Nahverkehr.
Die tempogedrosselten Wagen müssen mit einem großen roten Dreieck gekennzeichnet sein. Außerdem muss die Rückbank ausgebaut werden, sodass außer dem Fahrer nur ein Beifahrer mitkommen kann. Als Fahrberechtigung reicht ein Moped-Führerschein, den Jugendliche ab 15 machen können, oder ein Traktor-Führerschein, der ab 16 möglich ist.
Polizei und Versicherungen schlagen Alarm
Für Schweden, das für seine hohen Sicherheitsstandards im Straßenverkehr bekannt ist, sind das ziemlich laxe Vorschriften. Weiter vereinfacht wurde die A-Traktor-Nutzung Mitte 2020. Damals wurde es möglich, die Geschwindigkeitsbegrenzung einfach elektronisch vorzunehmen.
Das macht das Umfunktionieren eines modernen Autos zum A-Traktor deutlich einfacher und führte dazu, dass „A-Traktoren“ immer häufiger auch für Großstadt-Kids angeschafft werden. Die Zahl der zugelassenen A-Traktoren in dem Zehn-Millionen-Einwohner-Land verdoppelte sich binnen zweieinhalb Jahren auf 50.000.
Polizei und Versicherungen schlagen Alarm, dass die Zahl der Unfälle unter Beteiligung von A-Traktoren sich binnen fünf Jahren mehr als verfünffacht hat. Es gibt jährlich rund 200 Verletzte bei diesen Unfällen.
Auch der EU-Kommission gefällt die Sonderregelung nicht: Sie übte Anfang März Kritik an dem System und schlug die Pflicht zum Erwerb einer vereinfachten Fahrerlaubnis vor. Die schwedische Verkehrsaufsichtsbehörde hat kürzlich angeregt, zumindest die Pflicht, Sicherheitsgurte anzulegen und in der kalten Jahreszeit Winterreifen aufzuziehen, auf A-Traktoren auszuweiten.
Das Geschäft mit den A-Traktoren boomt
Das Geschäft mit den fahrbaren Untersätzen für Jugendliche boomt derweil weiter. Der 21 Jahre alte Oskar Flyman und sein jüngerer Bruder haben eine Firma gegründet, die normale Autos in A-Traktoren umwandelt. „Man kann A-Traktoren zwischen 30.000 und 200.000 Kronen bekommen“, also zwischen 2.670 und 17.800 Euro, sagt Flyman. Wer sein eigenes Auto umbauen lässt, zahlt 25.000 Kronen.
Einen ganz besonderen A-Traktor fährt die 17-jährige Ronja Löfgren aus Karlstad. Ihr Vater rettete für sie einen Scania Vabis, einen Sattelzug aus dem Jahr 1964, vor der Verschrottung. Der 5,5-Tonner wurde rot und metallic blau lackiert und mit zusätzlichen Scheinwerfern aufgemotzt.
„Zuerst haben immer alle ihre Handys gezückt, um mich zu filmen, wenn ich in die Stadt gefahren bin“, sagt Ronja. Das Motto der 17-Jährigen steht vorn auf ihrem A-Traktor: „Queen of the Road“ – „Königin der Straße“. (afp/dl)
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