Militärputsch in Myanmar: Armee übernimmt die Macht – USA drohen mit Konsequenzen

In Myanmar ist es am Montag zu einem Militärputsch gekommen. Mehrere Regierungsvertreter wurden festgenommen, darunter auch De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi sowie Staatspräsident Win Myint. Das südostasiatische Land stand bereits von 1962 bis 2010 unter einer Militärherrschaft.
Epoch Times3. Februar 2021

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden drückte am späten Sonntag ihre Besorgnis über die Berichte des Militärputsches in Myanmar (ehemals Burma) aus.

Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, erklärte, dass die Vereinigten Staaten durch Berichte alarmiert seien, dass das burmesische Militär „Schritte unternommen hat, um den demokratischen Übergang des Landes zu untergraben“, einschließlich der Festnahme von Staatsrätin Aung San Suu Kyi und anderen Funktionären.

Biden wurde vom Sicherheitsberater Jake Sullivan über die Situation unterrichtet, hat sich aber bis jetzt nicht direkt zu der Angelegenheit geäußert.

„Wir bekräftigen weiterhin unsere starke Unterstützung für die demokratischen Institutionen Burmas und fordern in Zusammenarbeit mit unseren regionalen Partnern das Militär und alle anderen Parteien auf, sich an die demokratischen Normen und die Rechtsstaatlichkeit zu halten und die heute Festgenommenen freizulassen“, sagte Psaki.

„Die Vereinigten Staaten widersetzen sich jedem Versuch, das Ergebnis der jüngsten Wahlen zu verändern oder den demokratischen Übergang in Myanmar zu behindern, und werden gegen die Verantwortlichen vorgehen, wenn diese Schritte nicht rückgängig gemacht werden. Wir beobachten die Situation genau und stehen an der Seite des burmesischen Volkes, das bereits so viel in seinem Streben nach Demokratie und Frieden ertragen hat.“

Maas verurteilt Staatsstreich in Myanmar „auf das Schärfste“

Außenminister Heiko Maas (SPD) hat die Machtübernahme durch das Militär in Myanmar verurteilt. „Mit den militärischen Handlungen werden die bisher erreichten Fortschritte auf dem Weg zu einem demokratischen Wandel in Myanmar aufs Spiel gesetzt“, sagte der SPD-Politiker am Montag (1. Februar).

„Ich fordere das Militär auf, die verhafteten Mitglieder aus Regierung und Parlament, einschließlich Präsident Win Myint und Staatsrätin Aung San Suu Kyi, umgehend wieder freizulassen, den Ausnahmezustand wieder aufzuheben und die Arbeit der demokratisch legitimierten, verfassungsmäßigen Institutionen wieder zuzulassen.“

Gemeinsam mit den EU-Partnern bekräftige Deutschland seine Unterstützung für die weitere Demokratisierung Myanmars sowie die Anstrengungen der Zivilregierung zur Förderung von Frieden, Menschenrechten und wirtschaftlicher Entwicklung.

„Ich erwarte von der burmesischen Militärführung, dass sie den demokratischen Willen ihrer Bevölkerung respektiert und das Ergebnis der Wahlen vom 8. November 2020 anerkennt“, so Maas weiter.

EU verurteilt Staatsstreich in Myanmar

EU-Ratspräsident Charles Michel hat den Staatsstreich des Militärs in Myanmar „aufs Schärfste“ verurteilt. Er fordere die Freilassung aller, „die bei Razzien im ganzen Land unrechtmäßig festgenommen wurden“, schrieb Michel am Montag (1. Februar) im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Der Ausgang der Wahlen muss respektiert werden.“

„Die Bevölkerung von Myanmar will Demokratie“, schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf Twitter. „Die EU steht ihnen zur Seite.“

UN-Generalsekretär António Guterres hat die Festnahme der De-facto-Regierungschefin von Myanmar, Aung San Suu Kyi, und anderer dortiger Spitzenpolitiker durch das Militär scharf verurteilt. Damit werde dem demokratischen Reformprozess in dem südostasiatischen Land ein „schwerer Schlag“ versetzt, erklärte Guterres‘ Sprecher Stephane Dujarric in der Nacht zum Montag (Ortszeit) am UN-Hauptquartier in New York.

Der UN-Sprecher appellierte an die Armee in Myanmar, den Ausgang der Parlamentswahl vom November zu respektieren und „demokratische Normen“ zu beachten. Bei der Wahl hatte Suu Kyis Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) einen Erdrutschsieg errungen.

Die Wahlen hätten der NLD ein klares Mandat verliehen und „den Willen des Volkes von Myanmar widergespiegelt, auf dem hart errungenen Pfad der demokratischen Reform weiterzugehen“, betonte Dujarric.

Armee übernimmt die Kontrolle über Myanmar

Die Armee in Myanmar hatte Suu Kyi sowie Staatschef Win Myint am Montag im Zuge eines Putsches in Gewahrsam genommen. Die Streitkräfte erklärten, sie hätten die Kontrolle über das Land übernommen, und riefen einen einjährigen Notstand aus. Die Leitung von „Legislative, Regierung und Gerichtsbarkeit“ übernahm demnach Armeechef Min Aung Hlaing.

Nach dem Staatsstreich in Myanmar hat die Armee Neuwahlen nach dem einjährigen Ausnahmezustand versprochen. Die Machtübergabe werde nach „freien und fairen allgemeinen Wahlen“ erfolgen, erklärte das Militär am Montag im Online-Netzwerk Facebook.

Seit der Parlamentswahl hatten die Spannungen zwischen der Armee und der von Suu Kyi angeführten Zivilregierung stark zugenommen. Die Armeeführung prangerte angeblichen massiven Wahlbetrug an. Sie erneuerte nun nach dem Putsch ihren Vorwurf, dass es „Unregelmäßigkeiten“ bei der Wahl gegeben habe, welche die zuständige Wahlkommission nicht aufgeklärt habe.

Die Parlamentswahl im November war erst der zweite demokratische Urnengang in Myanmar seit dem Ende der Militärdiktatur vor zehn Jahren. Die Streitkräfte spielen in Politik und Wirtschaft des Landes seit der Unabhängigkeit im Jahr 1948 eine starke Rolle. So ist laut Verfassung ein Viertel aller Abgeordnetenmandate der Armee vorbehalten.

Seit der Unabhängigkeit regierte die Armee das Land insgesamt fast fünf Jahrzehnte lang. Militärputsche gab es bereits in den Jahren 1962 und 1988. Suu Kyi stand während der Militärherrschaft insgesamt 15 Jahre lang unter Hausarrest.

Chronik zu den politischen Umwälzungen seit 1948

In Myanmar hat sich die Armee wieder an die Macht geputscht. Damit endete vorerst ein demokratisches Intermezzo, denn bereits bis 2016 war das südostasiatische Land meist fest in den Händen des Militärs.

1948

Das damals Burma genannte Land erlangt die Unabhängigkeit vom britischen Kolonialreich, zu dem es seit 1885 gehörte. Wenige Monate vor der Eigenstaatlichkeit wird der Nationalheld Aung San, der Vater der am Montag von der Armee abgesetzten De-Facto-Regierungschefin Suu Kyi, ermordet. Zum ersten Präsidenten nach der Unabhängigkeit wird Sao Shwe Thaik gewählt.

1962

Nach jahrelangen heftigen politischen Auseinandersetzungen putscht sich die Armee zum ersten Mal an die Macht. General Ne Win übernimmt die Funktionen des Präsidenten, des Regierungschefs und des Vorsitzenden der Einheitspartei. Als Ziel gibt er einen eigenen Weg Myanmars zum Sozialismus aus.

1981

General Ne Win tritt als Staatschef zurück und ernennt San Yu zu seinem Nachfolger. Auch in den nächsten Jahren bestimmt das Militär über den höchsten Posten im Staat.

1988

Die Armee schlägt Studentenproteste gegen die katastrophale Wirtschaftslage und die Unterdrückung der Opposition blutig nieder. 3000 Menschen sterben. Aung San Suu Kyi kehrt aus dem britischen Exil zurück und gründet mit der Nationalen Liga für die Demokratie (NLD) eine neue Partei.

1991

Suu Kyi wird mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Da sie 1989 unter Hausarrest steht, kann sie den Preis erst 2012 entgegennehmen.

2008

Mehr als 130.000 Menschen sterben durch den Wirbelsturm „Nargis“. Die Militärregierung lehnt internationale Hilfe jedoch ab.

2010

Die Generäle halten Wahlen ab, die von der Opposition boykottiert werden. Kurz darauf wird der Hausarrest gegen Suu Kyi aufgehoben.

2011

Die Junta löst sich überraschend selbst auf. Das Militär setzt stattdessen eine zur Hälfte von Zivilisten getragene Regierung unter der Leitung des früheren Generals Thein Sein ein.

2012

Suu Kyi zieht zusammen mit weiteren Abgeordneten ihrer Partei NLD bei Teilwahlen erstmals ins Parlament ein. Die USA und Europa heben viele der gegen das Land verhängten Sanktionen auf, ausländische Investoren entdecken Myanmar.

2016

Nach einem Erdrutschsieg der NLD bei Wahlen im November 2015 tritt die erste frei gewählte Regierung seit 1990 ihr Amt an. Suu Kyi wird De-Facto-Regierungschefin, Htin Kyaw der erste zivile Präsident seit 1962.

2017

Die unterdrückte muslimische Minderheit der Rohingya rebelliert. Die Sicherheitskräfte gehen mit großer Härte gegen die Rohingya vor, Hunderttausende fliehen ins Nachbarland Bangladesch.

2018

Ein Gericht in Myanmar verurteilt zwei Reporter der Nachrichtenagentur Reuters, die über Massaker an den Rohingya berichteten, wegen Verrats von Staatsgeheimnissen zu sieben Jahren Haft. Erst im nächsten Jahr kommen sie nach massivem internationalen Druck frei.

November 2020

Suu Kyis regierende NLD-Partei entscheidet die Parlamentswahlen mit großem Abstand für sich.

Januar

Die Armee kritisiert Unregelmäßigkeiten bei der Wahl und droht mit einem Staatsstreich, sollte die Regierung keine Überprüfung durch das Militär zulassen.

Februar

Die Armee putscht sich wieder an die Macht. Suu Kyie und Präsident Win Myint werden vom Militär festgenommen, das zugleich einen einjährigen Notstand ausruft. (afp)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion