Militärputsch in Burkina Faso – Angst vor Instabilität
Meuternde Soldaten haben Burkina Fasos Präsident Roch Marc Kaboré gestürzt und die Macht in dem westafrikanischen Krisenstaat übernommen. Das teilte ein Sprecher der Putschisten im Staatsfernsehen mit.
Die Regierung sei aufgelöst, die Verfassung außer Kraft gesetzt, sagte Sidsoré Kader Ouedraogo, der im Auftrag der Patriotischen Bewegung für den Schutz und die Wiederherstellung (MPSR) sprach. Man wolle Gewalt und Blutvergießen vermeiden – und werde bald bekanntgeben, wie und wann Burkina Faso zur Demokratie zurückkehre. Die Grenzen des Landes blieben für mindestens vier Tage geschlossen, zudem gelte zwischen 21 und 5 Uhr eine Ausgangssperre.
Wenige Stunden zuvor war Kaboré festgesetzt und in ein Militärcamp in der Hauptstadt Ouagadougou gefahren worden. Lokale Medien verbreiteten Fotos des mit Schusslöchern übersäten Präsidenten-Autos. Später meldete sich Kaboré dann über Twitter zu Wort und bat die Soldaten, die Waffen niederzulegen und einen Dialog zu ermöglichen.
Die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas und die Afrikanische Union erklärten, sie unterstützten die Regierung.
Aufruf zum Dialog
Das US-Außenministerium und die EU forderten die sofortige Freilassung Kaborés und anderer Regierungsmitarbeiter. Man rufe außerdem alle Seiten auf, Ruhe zu bewahren und den Dialog zu suchen, sagte ein Ministeriumssprecher in Washington. Das Militär solle die Verfassung und die zivile Führung des Landes achten. Einen ähnlichen Appell richtete auch der EU-Außenbeauftragten Josep Borrell an das Militär.
UN-Generalsekretär António Guterres ließ mitteilen, er sei angesichts des Putsches zutiefst beunruhigt und verurteile jeden Versuch einer Regierungsübernahme mit Waffengewalt. Er forderte die Putschisten auf, „die Waffen niederzulegen und die körperliche Unversehrtheit des Präsidenten und der Institutionen Burkina Fasos sicherzustellen“.
Erst Mitte Januar hatte die Armee mehrere Soldaten eines Putschversuchs beschuldigt und festgenommen. Doch auch im Volk war Kaboré zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr unumstritten: Am Samstag forderten Hunderte Demonstranten in der Hauptstadt seinen Rücktritt.
Burkina Faso in schwerer Krise
Burkina Faso befindet sich vor allem wegen des zunehmenden islamistischen Terrors in der Sahelzone in einer schweren Krise. Viele Milizen, die zum Teil dem Islamischen Staat (IS) oder der Terrororganisation Al-Kaida die Treue geschworen haben, agieren über die Grenzen zu Mali und dem Niger hinweg. Mehr als eine Million der 21 Millionen Landesbewohner gelten als Binnenvertriebene.
Der Unmut innerhalb der Bevölkerung, die Kaboré und seiner Regierung Handlungsunfähigkeit vorwirft, hat in den vergangenen Monaten stark zugenommen. Auch langwierige Dürren und Hungersnöte machen dem trotz seines Goldreichtums verarmten Land zu schaffen.
Die Regierungen Burkina Fasos und seiner Nachbarn haben in den wüstenartigen Weiten außerhalb der Städte wenig Kontrolle. Mit Mali, Mauretanien, dem Tschad und dem Niger hat sich Burkina Faso deshalb zur G5-Sahel-Gruppe zusammengeschlossen, um die Terrorgruppen zu bekämpfen. Auch Deutschland und Frankreich unterstützen das Bündnis. Über Burkina Faso reisen viele Menschen in den Niger, eines der wichtigsten Transitländer für afrikanische Migranten, die das Mittelmeer erreichen und nach Europa übersetzen wollen.
Putsch schürt Ängste
Der Putsch in Burkina Faso ist der vierte in Westafrika binnen eineinhalb Jahren und schürt Ängste, die gesamte Region könne destabilisiert werden. Das Nachbarland Mali, wo auch die Bundeswehr mit etwas mehr als 1350 Soldatinnen und Soldaten stationiert ist, hat im August 2020 sowie Mai 2021 Militärputsche erlebt und gilt als politisch äußerst instabil. Auch im weiter westlichen gelegenen Guinea ist seit der gewaltsamen Absetzung von Präsident Alpha Condé im September das Militär an der Macht.
Im Norden Burkina Fasos gilt das an Mali und den Niger grenzende Länderdreieck seit Monaten als Sperrgebiet. Besonders hier erlitt die Armee große Verluste im Kampf gegen den Terror. Als Extremisten im November in der nördlichen Stadt Inata 49 Militärpolizisten und vier Zivilisten töteten, gab es einen Sturm der Entrüstung.
Rücktritt Kaborés gefordert
Soldaten verlangten mehr Lohn und bessere Ausrüstung im Kampf gegen die Islamisten. Anschuldigungen, die Regierung kümmere sich nicht ausreichend um die Familien verletzter oder getöteter Streitkräfte, häuften sich. Berichte über fehlende Lebensmittelrationen und schäbige Kasernen befeuerten den Protest. Immer mehr Soldaten und Zivilisten forderten den Rücktritt Kaborés. Der setzte zwar im Dezember auf Druck der Öffentlichkeit seinen Premierminister ab und bildete eine neue Regierung – doch handfeste Reformen folgten nicht.
„Kaboré hat versucht, die Öffentlichkeit zu besänftigen, indem er seine Regierung umbildete, verschiedene Ebenen der Militärführung ersetzte und regierungskritische Proteste verbot“, sagte Analyst Alexandre Raymakers von der Sicherheitsberatungsfirma Verisk Maplecroft. Die Wut der Menschen habe das jedoch nicht eingedämmt. (dpa/red)
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