Milei beendet EU-Tour in Prag: „Haben wir Erfolg, bekommen wir den Wirtschaftsnobelpreis“
Zum Abschluss seiner Kurztournee durch die Europäische Union hat Argentiniens Staatspräsident Javier Milei am Montag im Sofien-Palast in Prag eine dritte Auszeichnung eines liberalen Thinktanks erhalten. Nach dem Juan de Mariana Institut in Madrid und der Hayek-Gesellschaft in Hamburg waren es dieses Mal das Liberale Institut und die Anglo-Amerikanische Universität, die den libertären Politiker ehrten. Die Zeitung „E15“ übernahm die Schirmherrschaft über die Veranstaltung.
Milei erneuert Bekenntnis zu Freihandelsabkommen zwischen EU und Mercosur
Zuvor war Milei mit Tschechiens Präsident Petr Fiala und dem pensionierten General Petr Pavel in der Villa Kramář zusammengetroffen. Das argentinische Staatsoberhaupt sprach dabei im Rahmen einer Konferenz über den Umgang mit ineffizienten Regierungen.
Außerdem sprach Milei mit seinen tschechischen Kollegen über eine stärkere Zusammenarbeit in Bereichen wie Wirtschaft, Technologie und Verteidigung. Milei unterstrich erneut seine Zustimmung zu einem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten. Dieses ist weitgehend ausverhandelt.
Allerdings scheiterte es zuletzt an ökologischen und allgemeinpolitischen Ansprüchen aus Brüssel, die von den meisten lateinamerikanischen Partnern abgelehnt werden. In der EU kommen auch Widerstände aus der Bauernschaft dazu, die Billigimporte fürchtet.
Mit Unterstützung der Ukraine steht Argentiniens Präsident in Lateinamerika recht allein
Pavel und Milei unterstrichen auch ihr gemeinsames Bekenntnis zur Unterstützung der Ukraine gegen die „brutale russische Aggression“ – eine Position, mit der Milei unter lateinamerikanischen Führern eher allein steht. Der pensionierte tschechische General gab auch seiner Hoffnung Ausdruck, dass Argentinien in der Zukunft zu einem der globalen Partner der NATO werden würde.
Im April hatte Argentiniens Verteidigungsminister Luis Petri, der Milei auch in Prag begleitete, ein historisches Kaufabkommen über 24 F-16-Kampfflugzeuge aus Dänemark abgeschlossen. Zuvor soll Vorgänger Alberto Fernández mit dem Ankauf von JF-17-Kampfjets geliebäugelt haben, die von China und Pakistan hergestellt werden.
Milei gab auch seiner Genugtuung darüber Ausdruck, dass er sich mit seinen tschechischen Konterparts im Einklang bezüglich des Rechts Israels befinde, sich gegen den Terrorismus zu verteidigen. Luis Petri unterzeichnete mit seiner tschechischen Amtskollegin Jana Černochová eine Absichtserklärung zur stärkeren Zusammenarbeit in der Verteidigungsindustrie.
Erfolge bei Bekämpfung der Inflation größer als Jahreswert erkennen lässt
In seiner Rede im Sofien-Palast äußerte Milei, dass er und sein Chefberater Demian Reidel derzeit in Argentinien „einen Großteil der Wirtschaftstheorie neu“ schrieben. Dabei skizzierte er ein persönliches Ziel, das er mit seiner Politik verfolge:
„Wenn wir es richtig machen, werde ich wahrscheinlich zusammen mit Demian den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten.“
Tatsächlich ist es dem Kabinett des erst seit Dezember im Amt befindlichen Milei gelungen, eine Trendwende bei der Inflation hinzulegen. Diese ist aufs Jahr gerechnet im Mai von 289,4 Prozent auf 276,4 Prozent gesunken. Das klingt wenig spektakulär, allerdings ist die hohe Zahl auf den gesamten Berechnungszeitraum zurückzuführen. Die eigentliche Teuerungsrate lag im Mai selbst nur noch bei vier Prozent. Im Bereich der Lebensmittel hat sie zuletzt den Nullpunkt erreicht.
Auch bei der Stabilisierung des Staatshaushalts hat Argentinien unter Milei deutliche Fortschritte zu verzeichnen. Allerdings hat der radikale Sparkurs auch soziale Verwerfungen zur Folge. So ist der Anteil der Armen an der Bevölkerung des Landes auf 55,5 Prozent und der extrem Armen auf 17,5 Prozent gestiegen. Allerdings hatten die entsprechenden Quoten bereits im Dezember 2023 bei 44,7 beziehungsweise 9,6 Prozent gelegen.
Erste Erfolge haben hohen Preis – Bürger vertrauen Milei jedoch weiterhin
Das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal des Jahres ist den jüngsten Zahlen der staatlichen Statistikbehörde Indec zufolge gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5,1 Prozent geschrumpft. Auch diese Entwicklung wird auf die radikale Reformpolitik von Milei zurückgeführt. Allerdings scheint er weiterhin einen Vertrauensvorsprung in der Bevölkerung zu genießen: Die Zustimmung zu seiner Regierung liegt Umfragen zufolge weiterhin bei etwa 55 Prozent.
Zu den wesentlichen Gründen für den deutlichen Wahlerfolg Mileis in der Stichwahl um das Präsidentenamt im Vorjahr gehörte die Verbitterung der Bürger über die Situation des Landes. Die Inflation hatte bereits zu diesem Zeitpunkt Kurs in Richtung 200 Prozent genommen. Der Anteil der Armen ist seit der Corona-Krise deutlich angestiegen, dazu kamen Korruption, ein schwerfälliger Staatsapparat und Deindustrialisierung.
Verantwortlich dafür machte man den über Jahrzehnte hinweg die Geschicke des Landes bestimmenden Kirchner-Clan und die peronistische Führung. In der Bevölkerung scheint man auch bereit zu sein, Milei für seinen Umbau des Staates auch eine gewisse Zeit einzuräumen. Allerdings dürfte die Geduld davon abhängig sein, dass es Milei gelingt, regelmäßig zählbare Ergebnisse zu liefern.
Scholz mahnte sozialen Zusammenhalt im Reformprozess an
In Deutschland hat Bundeskanzler Olaf Scholz sein Treffen mit Milei in Berlin unterdessen verteidigt. Er verwies auf jahrzehntelange gute Beziehungen zwischen Deutschland und Argentinien. Dazu betonte er:
„Natürlich treffe ich mich mit dem dort demokratisch gewählten Staatspräsidenten.“
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte jedoch auch, Scholz habe gegenüber Milei „Sozialverträglichkeit und Schutz des gesellschaftlichen Zusammenhalts“ bei dessen Reformprozess angemahnt.
Auch in Politik und traditionellen wie sozialen Medien war der Milei-Besuch in Deutschland ein Thema. In der „Zeit“ warf Thomas Assheuer dem argentinischen Präsidenten vor, dieser würde sein Land in einen „Marktfaschismus“ führen und „Kapitalismus ohne Demokratie“ anstreben.
Der BSW-Generalsekretär Christian Leye kritisierte AfD-Politiker, die sich zur Preisverleihung der Hayek-Gesellschaft am Samstag in Hamburg eingefunden hatten:
Milei, Präsident Argentiniens, steht für Kettensägen-Kapitalismus. Die Renten wurden um 1/3 gekürzt, Zehntausende Arbeitsplätze abgeschafft, das Land an Konzerne verkauft. Er wurde nun mit dem Hayek-Preis geehrt, da jubelten auch Vertreter der AfD. Tolle Partei der kleinen Leute! pic.twitter.com/OmwfE0d2wa
— Christian Leye (@christian_leye) June 23, 2024
Demgegenüber äußerte sich Buchautor Rainer Zitelmann zuversichtlich, dass das radikale Reformprogramm von Milei in ähnlicher Form Erfolg nach sich ziehen würde wie jenes nach 1989 in Polen.
Die Argentinier sollten die Lektion von Polen lernen: Bevor es besser wird, werden manche Dinge schlechter. In Polen war das BIP zwei Jahre lang rückläufig. Doch dann wurde das Land zum Wachstumsweltmeister in Europa. [Übersetzung ET] #milei https://t.co/rt3A0P96UN
— Rainer Zitelmann (@zitelmann_en) June 25, 2024
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