Migration über Balkanroute: Anstieg von illegalen Grenzübertritten an kroatisch-bosnischer Grenze

Vor Wintereinbruch versuchen jetzt Migranten von Bosnien verstärkt illegal die Grenze nach Kroatien und somit in die EU zu überqueren. Die kroatische Polizei bereitet sich auf einen weiteren Anstieg vor. Die Hilfsorganisationen bereiten sich auf einen strengen Winter vor, den möglicherweise Migranten auch in Zeltlagern verbringen müssen.
Titelbild
Ein Zeltlager in Slavonski Brod in Kroatien 2015. Die Polizei bereitet sich jetzt 2018 auf vermehrte Grenzübertritte vor.Foto: ELVIS BARUKCIC/AFP/Getty Images)
Epoch Times23. September 2018

Der Sommer vergeht, der Winter naht, das verschärft die Situation an den Grenzen der Europäischen Union (EU) in Kroatien. Denn es versuchen wieder vermehrt Menschen von Bosnien-Herzegowina illegal die Grenze nach Kroatien zu überqueren, um so vor Wintereinbruch doch noch in die EU zu gelangen.

So verzeichnet die kroatische Polizei einen Anstieg um 80 Prozent bei den Versuchen, illegal die Grenze zu überschreiten, erklärt Mijo Rapić, der Leiter der Polizeidienststelle Gvozd laut „Kronen-Zeitung“. Es sind sogar 150 Prozent mehr Menschen als im Vorjahr, die dieses Wagnis jetzt eingehen. Der Winter in der Region ist lang und hart, das hat sich herumgesprochen und die Menschen in den Zeltlagern wissen das. Nach Schätzungen halten sich in ganz Bosnien und Herzegowina etwa viereinhalbtausend Migranten vorübergehend auf, um in die EU zu gelangen.

Kroatische Polizei ist gut vorbereitet

Es heißt, viele wollen nach Italien, schreibt Krone. Doch um dorthin zu gelangen, müssen mehrere Grenzen illegal übertreten werden, zuallererst die nach Kroatien. Doch die kroatische Polizei ist gut vorbereitet, heißt es. Unterstützt wird sie bei der Grenzsicherung durch die EU. So steht ein Frontex-Flugzeug zur Grenzüberwachung zur Verfügung und Fördermittel fließen von der EU. Dadurch ist es möglich, zusätzliches Personal aus Regionen im Zentrum des Landes in die Grenzgebiete zu senden.

Für das kroatische Innenministerium hat der Grenzschutz oberste Priorität, möchte das Land doch dem Schengen-Raum beitreten, schreibt Krone. „Wenn unsere Systeme jemanden in Bosnien erkennen, der versucht, die Grenze zu passieren, warnen wir die Person, dass sie sich der EU-Grenze sowie der kroatischen Grenze nähert, dass sie die Grenze nicht überschreiten darf, und fordern sie auf umzudrehen. In den meisten Fällen müssen wir die Menschen nicht einmal warnen. Wenn sie die Polizei sehen, drehen sie ohnehin um und gehen nach Bosnien und Herzegowina zurück“, beschreibt Polizist Rapić die Situation an der kroatischen Grenze nahe Gvozd. Es bestehe auch die Möglichkeit, an der Grenze um Asyl anzusuchen.

Migranten unterstellen kroatischer Polizei Gewalttätigkeiten

Seitens der Migranten gibt es Kritik der kroatischen Polizei gegenüber, dass sie unverhältnismäßig gewaltsam vorgeht. Die kroatische Polizei würde illegale Grenzgänger aufgreifen, ihnen Geld, Mobiltelefon und Papiere wegnehmen und sie würden auch geschlagen. Beweise dafür gibt es nicht. Es gibt Fotos, aber es fehlen unabhängige Berichte. Die Papiere, die die illegalen Grenzgänger bei sich führen, sind oft gefälscht. Die Handys werden als Hilfsmittel zur Flucht genutzt.

Die einheimische Bevölkerung ist gespalten. Viele von ihnen kennen die Situation Flüchtling zu sein durch die Zeit des Jugoslawien-Krieges 1991 bis 1999. Sie haben selber Not erlitten und das ist noch recht präsent. Sie bringen den Migranten Lebensmittel und Hygieneartikel in die Zeltlager. Illegale Grenzübertritte unterstützen sie nicht, betonen die Helfer, berichtet Krone. Andere haben Vorbehalte gegenüber den Migranten und halten sich fern von ihnen. Einige haben sich aus Angst von den Migranten distanziert, seit es bei Auseinandersetzungen unter den Migranten zu zwei Mordfällen gekommen ist.

Es gibt auch Menschen aus anderen Ländern, die nach Kroatien gekommen sind und hier schon lange Zeit in den Lagern helfen. Mittlerweile sind auch größere Organisationen, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) oder das Rote Kreuz aktiv. Die Beschaffenheit der Aufnahmelager ist dabei sehr unterschiedlich. Von primitiven Zeltlagern bis hin zu einem alten Hotelkomplex, der nicht mehr als Hotel genutzt wird, wo ständig medizinische Hilfe verfügbar ist und sogar Hilfe bei Asylformalitäten gegeben wird, schwankt die Beschaffenheit der Aufnahmelager sehr stark.

Die Migranten sind bunt gemischt aus Ländern wie Algerien, Marokko, Tunesien aber auch aus westafrikanischen Ländern. Der Großteil der Migranten will nicht in Bosnien-Herzegowina bleiben, schreibt die „Kronen-Zeitung“. Bosnien-Herzegowina leidet unter hoher Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichen aber auch politisch-strukturellen und ethnisch sozialen Schwierigkeiten. Laut den Angaben auf den Seiten des Auswärtigen Amtes setzt sich die Bevölkerung des Landes zusammen aus 50,7 Prozent Muslime (größtenteils Bosniaken), 30,7 Prozent Serbisch-Orthodoxe (größtenteils Serben), 15,2 Prozent Katholiken (größtenteils Kroaten) und 1 Prozent andere Religionen.

Migranten wollen nicht in Bosnien-Herzegowina bleiben

Einige Migranten stellen allerdings doch Antrag auf Asyl. Im Jahr 2018 äußerten bis jetzt 11.709 Migranten den Wunsch auf Asyl von insgesamt 13.184 Menschen, die irregulär ins Land eingewandert sind. Nur etwa 1.000 stellten dann tatsächlich einen Asylantrag. Bis die Entscheidung zum Asylgesuch getroffen wird, vergeht oft ein halbes Jahr. Da sind die meisten Menschen schon weitergezogen, erklärt Neven Crvenković vom UNHCR in Sarajevo der „Kronen-Zeitung“ gegenüber. Von den bisher gestellten Asylansuchen hat Bosnien und Herzegowina kein Einziges gewährt. Anerkannter Flüchtlinge ist hier niemand. Einer Person soll subsidiärer Schutz gewährt worden sein, so die Zeitung.

Illegaler Grenzübertritt im Winter in Bosnien-Herzegowina bedeutet Temperaturen bis zu minus 40 Grad, möglicherweise viel Schnee und das Risiko in Gebiete zu gelangen, wo noch immer Landminen aus dem Jugoslawienkrieg verstreut liegen. Sowohl die bosnische als auch die kroatische Polizei erwarten in den nächsten Wochen vermehrte Grenzübertritte. Die Hilfsorganisationen versuchen so gut es geht, sich darauf vorzubereiten. (er)



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