Migration als „hybride Waffe“ gegen die EU: Polen setzt Recht auf Asyl zeitweise aus

Polen setzt das Asylrecht bis auf Weiteres aus und verschärft die Kontrollen an der Grenze zu Belarus. Nur noch legal eingereiste Flüchtlinge dürfen einen Antrag stellen. Die Maßnahme sorgt für Kritik, doch aus Brüssel gibt es keine Einwände. Menschenrechtsorganisationen sehen darin einen Verstoß gegen internationales Recht.
Ein Fahrzeug der polnische Grenzschützer fährt am Grenzzaun auf der polnischen Seite zu Belarus entlang. Polen will das Recht auf Asyl aussetzen. (Archivbild)
Ein Fahrzeug der polnische Grenzschützer fährt am Grenzzaun auf der polnischen Seite zu Belarus entlang. Polen hat das Recht auf Asyl ausgesetzt. (Archivbild)Foto: Fabian Sommer/dpa
Von 27. März 2025

In Polen ist das Recht auf Asyl bis auf Weiteres ausgesetzt. Vorerst für die nächsten 60 Tage wird es erhebliche Restriktionen insbesondere an der EU-Außengrenze zu Belarus geben. Präsident Andrzej Duda hatte ein Gesetz des Senats unterzeichnet, das diese Maßnahme möglich machen sollte. Am Mittwochabend, 26. März, verabschiedete die Regierung ein entsprechendes Dekret, das unmittelbar am darauffolgenden Tag in Kraft treten sollte.

Duda will „Sicherheit an unseren Grenzen stärken“

Das Parlament soll die Regelung verlängern können, falls nach Ablauf der Frist weiterhin Bedarf besteht. Aus Brüssel sind keine Einwände zu erwarten. Dort hatte die EU-Kommission bereits im Dezember erklärt, an Russland oder Belarus grenzende Mitgliedstaaten dürfen das Asylrecht einschränken. Voraussetzung sei, dass diese Migranten als „hybride Waffe“ gegen die EU benutzt würden.

Dass dies der Fall sei, sagt die Regierung in Warschau. Dort spricht man von drastisch steigenden Zahlen an Flüchtlingen, die versuchten, über die belarussische Grenze zu gelangen. Deshalb sollen ab sofort nur noch Flüchtlinge einen Asylantrag stellen können, die zuvor auf legalem Weg in das Land eingereist seien.

Duda erklärte dazu auf X, er habe dem Vorstoß zugestimmt, „weil ich denke, dass das notwendig ist, um die Sicherheit an unseren Grenzen zu stärken“. Der polnische Senat hatte bereits Mitte März grünes Licht für die Maßnahme gegeben.

Menschenrechtsorganisationen in Polen kritisieren den Schritt

Organisationen wie Human Rights Watch halten den Schritt für unzulässig. Er verletze nicht nur die Verfassung, sondern auch die Verpflichtungen, die Polen gegenüber der EU und auf internationaler Ebene eingegangen sei. Auch Amnesty International betrachtet ihn als rechtswidrig.

Tatsächlich hat die Zahl der Asylsuchenden in Polen im Januar dieses Jahres insgesamt 1.760 betragen. Davon waren 1.265 Erst- und 490 Folgeanträge. Im Monat zuvor wurden insgesamt 1.850 Asylanträge in Polen gestellt. Im Februar sank die Zahl weiter auf 1.225 Erst- und 465 Folgeanträge – insgesamt zählte man in jenem Monat 1.695 Flüchtlinge.

Offen ist, wie die jeweilige Differenz zwischen der Summe von Erst- und Folgeanträgen und der Gesamtsumme zustande kommt. Im Regelfall sind dafür Mehrfachanträge, mitgeführte Familienmitglieder oder Datenbereinigungen eine Erklärung.

Die Zahl der Flüchtlinge deutlich unter jenen in den größten Aufnahmestaaten der EU

Die meisten Drittstaatsangehörigen, die in Polen Schutz suchen, sind Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Deren Anzahl beläuft sich dort auf knapp 1 Million. Sie müssen – wie auch in Deutschland – kein reguläres Asylverfahren durchlaufen.

Insgesamt hat sich die Zahl der in Polen gestellten Asylanträge in den Jahren 2021 bis 2023 auf 15.400 summiert. Gleichzeitig soll es in diesem Zeitraum mehr als 76.000 irreguläre Grenzübertritte gegeben haben. Die meisten davon sollen 2021 über die belarussische Grenze gekommen sein. Die tatsächliche Zahl soll aufgrund von Mehrfachzählungen niedriger liegen. Im Jahr 2023 kamen in Polen 210 Erstanträge auf Asyl auf 1 Million Einwohner. Der EU-Durchschnitt lag bei 2.337.

Für die meisten Flüchtlinge, die über Belarus einreisen, ist Polen nur ein Transitland. Regelmäßig versuchen diese, nach Deutschland weiterzureisen. Dies hatte in den vergangenen Jahren deutliche Verschärfungen im Bereich der Grenzkontrollen nach sich gezogen. Mittlerweile gibt es an allen deutschen Grenzübergängen stationäre Kontrollen. Die Anerkennungsquote bei den Anträgen der meist aus Afghanistan oder Russland stammenden Asylsuchenden lag 2023 bei 15 Prozent.

Von der Leyen: In Polen keine „klassische illegale Migration“

Die Verhängung der Maßnahme durch die polnische Regierung fällt in den Wahlkampf zur Präsidentenwahl 2025, deren erste Runde am 18. Mai stattfinden wird. Andrzej Duda darf nach zwei Amtszeiten nicht erneut kandidieren. Für die regierende linksliberale Bürgerkoalition (KO) tritt der Warschauer Bürgermeister Rafał Trzaskowski an.

In Umfragen liegt er mit etwa 36 Prozent deutlich vor dem Historiker Karol Nawrocki, der für die konservative PiS antritt. Dieser liegt bei 23 Prozent. Auf Platz 3 liegt mit 18 Prozent der Unternehmer Sławomir Mentzen. Er kandidiert für die rechtsgerichtete Konföderation – und setzt sich für eine Schließung der Grenzen und eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland ein.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begründet die verständnisvolle Reaktion aus Brüssel auf Polens Maßnahme damit, dass es sich dort „nicht um klassische illegale Migration“ handele. Demgegenüber ortet Susanne Fürst, FPÖ-Abgeordnete im österreichischen Parlament, „Doppelmoral“ aufseiten der EU. Dieselben Maßnahmen wären nach Auffassung Brüssels in Österreich nicht gestattet. Im „exxpress“ äußerte Fürst:

„Es kommt Brüssel offenbar nur darauf an, aus welcher Richtung illegale Migranten nach Europa strömen und ob im jeweiligen betroffenen Land eine EU-hörige Regierung sitzt.“



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