Merkel und Macron läuten neue Phase der Partnerschaft ein
Genau 56 Jahre nach Unterzeichnung des Elysée-Vertrags besiegeln Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Dienstag in Aachen ein neues Partnerschaftsabkommen zwischen Deutschland und Frankreich. Der „Vertrag von Aachen“ soll „die Beziehungen auf eine neue Stufe heben“, wie es in dem Text heißt. „Wir wollen Impulse für die europäische Einigung geben“, erklärte Merkel am Wochenende.
Die Kanzlerin und der Präsident unterzeichnen den neuen Vertrag „über die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration“ am Dienstagvormittag im Krönungssaal des Aachener Rathauses. Anschließend werden Merkel und Macron Reden halten. In der historischen Aula Carolina des Kaiser-Karl-Gymnasiums ist danach ein einstündiger „Bürgerdialog“ geplant, bei dem sich beide den Fragen von Gästen aus Deutschland und Frankreich stellen wollen.
Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp (CDU) betonte, die Zeremonie stelle „die Bedeutung Aachens als Europa-Stadt und Stadt des Karlspreises heraus“. Merkel und Macron waren zuletzt im vergangenen Mai in der Stadt in Nordrhein-Westfalen zusammengetroffen. Damals wurde der französische Präsident für seine Verdienste um die europäische Einigung mit dem Karlspreis ausgezeichnet, die Kanzlerin hielt die Laudatio.
Für Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) ist der Aachener Vertrag vor allem „ein Bekenntnis zu einem starken, zukunftsfähigen und souveränen Europa“. Kritiker wie die Grünen-Politikerin Franziska Brantner bemängeln dagegen, dass er „ambitionierte deutsch-französische Vorhaben für Europa vermissen“ lasse.
Macron hatte das neue Abkommen im September 2017 in seiner Europarede an der Pariser Sorbonne-Universität angeregt. Darüber diskutiert wird allerdings schon länger, insbesondere über eine engere Zusammenarbeit in den Grenzregionen.
Darauf soll der neue Vertrag nun antworten: Deutsch-französische Grenzgebiete sollen ermächtigt werden, enger zusammenzuarbeiten – etwa bei der Gesundheitsversorgung oder im Bereich der Elektromobilität. In Frankreich schiebt der Zentralismus dem bisher häufig einen Riegel vor.
Geplant ist auch ein „deutsch-französischer Wirtschaftsraum“. Deutsche Unternehmen klagen über viele bürokratische Hürden im Nachbarland. Diese sollen beseitigt werden, indem EU-Vorschriften künftig auf gleiche Weise umgesetzt werden.
Geplant ist zudem ein „Bürgerfonds, der Bürgerinitiativen und Städtepartnerschaften fördern“ soll. Wie viel Geld der Fördertopf enthalten soll, steht allerdings noch nicht fest. Auch sollen Schul- und Bildungsabschlüsse leichter anerkannt werden und wieder mehr Deutsche und Franzosen für die Nachbarsprache begeistert werden. In Deutschland lernt nur noch knapp ein Viertel der Schüler Französisch, der Anteil ist seit Jahren rückläufig.
Die Unterzeichnung des neuen Abkommens kommt für Merkel und Macron in turbulenten Zeiten: Sie wollen damit nach Angaben aus dem Elysée-Palast ein Zeichen der Stabilität in den Wirren um den Brexit senden. In Deutschland wird zudem über die Merkel-Nachfolge nach gut 13 Jahren Kanzlerschaft diskutiert, während in Frankreich die Protestbewegung der „Gelbwesten“ lautstark den Rücktritt des 41-jährigen Präsidenten fordert.
In Merkels Mitarbeiterstab wird allerdings daran erinnert, dass auch die Unterzeichnung des Elysée-Vertrags 1963 durch Kanzler Konrad Adenauer (CDU) und Präsident Charles de Gaulle in stürmische Zeiten fiel: „Damals gab es auch viele Diskussionen, wie lange der ‚Alte‘ noch Kanzler ist“, heißt es. Und De Gaulle habe innenpolitisch nach dem Algerienkrieg deutlich an „Strahlkraft“ eingebüßt. Der Elysée-Vertrag blieb dennoch ein Grundpfeiler der deutsch-französischen Beziehungen. (afp)
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