Menschenrechtslage in China auf Prüfstand – was sagt Genf zum Organraub?
Am 23. Januar richten sich die Augen vieler Regierungen und Menschenrechtler zu den Vereinten Nationen nach Genf. Dort wird im Rahmen der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung (Universal Periodic Review; UPR) nach fünf Jahren die Menschenrechtslage in China wiederholt unter die Lupe genommen.
Seit der letzten Überprüfung 2018 hat sich einiges verändert. Im Jahr 2020 ist das unabhängige China-Tribunal mit Sitz in London unter dem Vorsitz von Sir Geoffrey Nice, der auch die UN-Anklage von Slobodan Milošević geleitet hatte, nach langen Ermittlungen zu einem haarsträubenden Ergebnis gekommen: Das kommunistische Regime in China lässt Organe von politischen Gefangenen entnehmen – zwangsweise ohne Einwilligung. Die unfreiwilligen „Organspender“ werden dabei getötet.
Hauptquelle der Organe sind seit über 20 Jahren Falun-Gong-Praktizierende. Falun Gong (auch Falun Dafa genannt) ist eine friedliche Meditationslehre, bei der sich Praktizierende selbst kultivieren, indem sie sich nach den universellen Prinzipien von Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht richten. Außerhalb Chinas werden Praktizierende für ihre gesellschaftlichen Verdienste geehrt, im Herkunftsland China hingegen werden sie seit dem Jahr 1999 brutal verfolgt, gefoltert und in sogenannten „Umerziehungslagern“ als Organquelle katalogisiert. Auch Uiguren, Tibeter und andere ethnische Minderheiten fallen dem sogenannten „Organraub“ zum Opfer.
Die internationale Ärzteorganisation „Doctors Against Forced Organ Harvesting“ (DAFOH, zu Deutsch: Ärzte gegen erzwungene Organentnahme) nimmt die UN-Überprüfung der Menschenrechte im Januar zum Anlass, um die Delegierten für den Organraub zu sensibilisieren. Trotz der Ergebnisse des China-Tribunals und zahlreicher Beweise, die in den vergangenen Jahren ans Licht kamen, geht die erzwungene Organentnahme in China unbeeindruckt weiter. Die Transplantationsindustrie blüht regelrecht auf, und China nimmt Kurs, die Vereinigten Staaten von Amerika als führende Transplantationsnation zu überholen.
Organraub Thema bei rundem Tisch
Einen Tag vor der UN-Prüfung, am 22. Januar, findet von 11:00 bis 12:30 Uhr ein runder Tisch mit UN-Delegierten und unterschiedlichen NGOs in Genf statt, in denen diese über die Menschenrechtslage in China informieren. Als deutscher Vertreter für DAFOH nimmt der Düsseldorfer Facharzt Andreas Weber an diesem Treffen teil.
Gegenüber Epoch Times wies der Mediziner auf die problematische Gesetzeslage in Deutschland hin. „Eigentlich müsste es ein Gesetz geben, das Organspenden und ‑transplantationen im Ausland verbietet, insbesondere in totalitären Systemen wie dem der Kommunistischen Partei Chinas (KPC)“, betont er.
In China sind die Wartezeiten für ein Organ minimal. Während man beispielsweise in Deutschland bis zu zwei Jahre auf eine Lunge wartet, wurden während der Corona-Pandemie in China Lungentransplantate innerhalb eines Tages zur Verfügung gestellt, schildert Weber. „Der Chirurg in China wurde auch noch gefragt, wann er operieren wolle. Das ist ein besonders perfider Hinweis auf die sogenannte Warmspende.“
Transplantationstermine vorab vereinbart
Üblicherweise sei es gängige Praxis, dass Organe nach der Entnahme in einer Perfusionslösung zwischengelagert und zur Transplantationsklinik transportiert werden, wo sie dem Empfänger eingesetzt werden. Wenn mit dem Chirurgen hingegen vorab schon eine konkrete Uhrzeit vereinbart werde, könne es sein, dass der Organspender bereits identifiziert wurde und die Organe jederzeit entnommen werden könnten. Dann käme der OP-Termin nahezu dem Todeszeitpunkt des „Spenders“ gleich.
Besonders befremdlich sei auch die Tatsache, dass der Organempfänger gar nicht mitbekomme, dass für sein neues Organ ein Mensch sterben musste. „Die Patienten reisen nach China und denken, bei einer Milliarde Menschen dort sei der Prozentsatz von freiwilligen Organspendern höher als in Deutschland. Das stimmt aber nicht.“
Erst vor wenigen Jahren habe China damit begonnen, ein Netzwerk freiwilliger Organspender aufzubauen. Die Anzahl der dort registrierten potenziellen Organspender sei verhältnismäßig niedriger als in anderen Ländern.
„Versetzen Sie sich mal in die Lage eines Patienten, der später erfährt, dass seinetwegen zielgerichtet ein Mensch getötet wurde“, erklärt Weber. „Der Organempfänger, der womöglich seine ganzen Ersparnisse für die Transplantation nach China trägt, wird betrogen. Vielleicht erfährt er später, dass es keine freiwillige Organspende war, sondern dass er als Organempfänger die Tötung des sogenannten Organspenders initiiert hat? Für den Rest seines Lebens trägt er dann ein Organ mit sich, für das eine unschuldige Person umgebracht wurde. Das ist sehr schwer mit dem Gewissen zu vereinbaren.“
In Deutschland werden Organspenden über die Organisation Eurotransplant geregelt. Diese koordiniert die Verteilung von Organspenden nicht nur in Deutschland, sondern auch in Belgien, Kroatien, Luxemburg, der Niederlande, Österreich, Ungarn und Slowenien.
Ärztliche Schweigepflicht macht Ärzte zu Komplizen
Nach den derzeitigen Vorschriften müssen Ärzte Patienten nicht nur behandeln, wenn ihnen im Ausland ein frisches Organ transplantiert wurde und es danach zu Problemen kommt, erläutert Weber weiter. „Es ist dem Arzt sogar verboten, darauf hinzuweisen, dass möglicherweise ein Verbrechen stattfand, um das Organ zu ‚gewinnen‘.“
Ähnlich verhalte es sich bei einem Bankräuber. „Wenn diesem während des Überfalls in den Fuß geschossen wird, muss ein Arzt ihn behandeln und darf ihn nicht anzeigen. Das fällt unter die ärztliche Schweigepflicht“, schildert Weber. „Man wird sozusagen indirekt zum Komplizen des Verbrechens gemacht, egal ob es sich um einen Bankräuber oder den Organraub in China handelt. Als Arzt kommt man hier immer wieder in einen ethischen Konflikt.“
Unter deutschen Ärzten wird dieses sensible Thema laut Weber kaum diskutiert. In anderen Ländern ist man schon ein gutes Stück weiter. Spanien, Großbritannien, Taiwan, Italien und Israel haben bereits Gesetze erlassen, die verhindern sollen, dass ihre Bürger für Transplantationen ins Ausland reisen. In den Vereinigten Staaten gibt es seit März 2023 einen Gesetzentwurf, nach dem Beteiligte im kommunistischen Regime Chinas für erzwungene Organentnahmen an politischen Gefangenen bestraft werden sollen. In Deutschland hingegen ist ein solches Gesetz noch nicht absehbar.
Offener Brief fordert Ende des Genozides
„Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die anhaltende Verfolgung von Falun-Gong-Praktizierenden einen Cold Genocide, das heißt einen Völkermord im Verborgenen, darstellt“, heißt es von DAFOH in einem offenen Brief vom 5. Januar, der bislang nach Angaben der Organisation von 100 zum Teil hochrangigen Persönlichkeiten unterschrieben wurde.
„Nach mehr als zwei Jahrzehnten des Organraubes von Falun-Gong-Praktizierenden stehen wir einer krassen Tatsache gegenüber: Als internationale Gemeinschaft haben wir es versäumt, diesen verborgenen Völkermord, dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu stoppen“, schildert DAFOH in dem Dokument weiter.
Der Umgang mit der Corona-Pandemie, die Aushöhlung der Menschenrechte in Hongkong und die „weltweit zu beobachtende aggressive Außenpolitik einschließlich der Unterstützung umstrittener böswilliger Akteure verdeutlichen die zunehmende Abweichung Chinas von internationalen Normen“.
Chinas Vorgehen spiegele eine beunruhigende Ideologie wider, „nach welcher eine perfekte Welt die Auslöschung vom System abweichender Überzeugungen erfordert“. Das stehe im Widerspruch zu den Grundsätzen der Menschenrechte.
Drei Punkte zur Besserung
Aus Sicht von DAFOH gibt es drei Ansätze, um die Lage zu verbessern. Zum einen müssten alle UN-Mitgliedstaaten Chinas Menschenrechtsbilanz im Rahmen der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfungen am 23. Januar „couragiert und kritisch hinterfragen“.
Zum anderen schlägt die internationale Ärzteorganisation die Einsetzung eines Sonderberichterstatters hinsichtlich des Organraubs vor. Konkret bietet DAFOH an, einen Rapporteur für die Weitergabe von objektiven und validen Erkenntnissen und Informationen an Regierungen und dem UN-Flüchtlingskommissariat zur Verfügung zu stellen.
Als dritten Punkt fordert DAFOH die Einrichtung eines internationalen Strafgerichtshofs für die erzwungene Organentnahme in China.
Was die UN-Prüfung am 23. Januar bringt, bleibt vorerst abzuwarten. Weber hofft jedoch, dass das Thema Organraub zur Sprache kommt und die chinesischen Funktionäre zur Rechenschaft gezogen werden. Klar sei jedoch schon jetzt, dass pro-KPC-eingestellte Länder die chinesische Führung nicht kritisieren werden. In Russland beispielsweise wurde DAFOH im vergangenen Jahr verboten und auf die schwarze Liste gesetzt.
Ein entschiedenes Auftreten gegen Praktiken wie den Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden ist laut DAFOH nicht nur eine Frage des politischen Willens, „sondern ein moralisches Gebot zur Wahrung der Menschenwürde und universeller Rechte“.
Mehr über die Verfolgung von Falun Gong gibt es im Minghui Report, der über den Shop der Epoch Times erhältlich ist.
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