Mehrere europäische Länder setzen nach Sturz Assads Asyl-Entscheidungen aus
Schweden, Norwegen, Dänemark und Großbritannien gaben am Montag bekannt, ihre Entscheidungen zu Asylanträgen und Abschiebungen vorerst auszusetzen. Österreich kündigte hingegen einen Abschiebeplan für syrische Flüchtlinge an.
Es werde nun ein „geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien ausgearbeitet“, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) der „Bild“-Zeitung. „Zudem werden bereits gewährte Bleiberechte überprüft“, fügte Nehammer hinzu. Auch Asylverfahren für syrische Antragssteller und der Familiennachzug seien vorübergehend ausgesetzt. Derzeit leben rund 100.000 Syrer in Österreich, eine der größten syrischen Exilbevölkerungen Europas.
Die österreichische Regierung reagierte damit in Sachen Asylpolitik rascher und weitreichender auf die Entwicklungen in Syrien als andere europäische Staaten.
Das in Deutschland zuständige Bundesamt für Flüchtlinge und Migration (Bamf) setzte zwar am Montag ebenfalls die Entscheidungen über Asylanträge von Syrern aus, bis ein klareres Bild von der aktuellen Lage in Syrien herrsche. Weitergehende Pläne wollte die Bundesregierung zunächst unter Verweis auf die unsichere Lage in Syrien nicht auf den Weg bringen.
Auch der Leiter der Rechtsabteilung der schwedischen Migrationsbehörde, Carl Bexelius, erklärte, die Lage in Syrien sei „fragil und die jüngsten Ereignisse werfen mehrere rechtliche Fragen auf, die einer eingehenden Analyse bedürfen“. Schwedische Behörden würden deshalb auch Abschiebungen aussetzen, bis sich die politische Lage in Syrien geklärt habe. Der Chef der rechtsradikalen Schwedendemokraten, Jimmie Akesson, forderte die Flüchtlinge indessen bereits auf, nach Syrien zurückzukehren.
Schweden hat in den Jahren 2015 und 2016 die – nach Deutschland – zweitgrößte Zahl syrischer Flüchtlinge in der EU aufgenommen. Von den 162.877 im Jahr 2015 in Schweden registrierten Asylsuchenden stammten 51.338 aus Syrien.
Auch die Asylbehörde in Dänemark erklärte, „die Bearbeitung der Fälle von Personen aus Syrien aufgrund der sehr unsicheren Situation in dem Land nach dem Sturz des Assad-Regimes auszusetzen“. Dies betreffe derzeit 69 Fälle.
Dänemark ist für seine strenge Asylpolitik bekannt. Mitte 2020 begann es als erstes EU-Land, hunderte Fälle syrischer Flüchtlinge erneut zu überprüfen. Als Begründung gaben die Behörden damals an, die „Situation in Damaskus“ würde eine Aufenthaltserlaubnis nicht mehr rechtfertigen. Abschiebungen erfolgen allerdings dann nicht.
Auch Norwegen gab seinen Beschluss bekannt, „Asylanträge aus Syrien bis auf Weiteres zurückzustellen“. Grund seien „die jüngsten großen Ereignisse und Veränderungen in Syrien“, erklärte die zuständige Behörde. In Norwegen sind seit Jahresanfang 1933 Asylanträge von Syrern gestellt worden.
Das französische Innenministerium teilte mit, dass es „an einer Aussetzung der laufenden Asylverfahren aus Syrien arbeitet“. Eine Entscheidung würde in den nächsten Stunden erwartet, hieß es. In Frankreich wurden der Einwanderungsbehörde Ofpra zufolge im laufenden Jahr mehr als 4000 Asylanträge durch syrische Staatsangehörige registriert.
Frankreich ist zudem ein wichtiges Durchreiseland für Flüchtlinge, die über den Ärmelkanal nach Großbritannien weiterreisen. Zwischen Januar und September gelangten fast 2900 Syrer in kleinen Booten auf die britische Insel.
Auch das britische Innenministerium erklärte, es habe die Entscheidungen zu Asylanträgen von Syrern „vorübergehend ausgesetzt“, während die aktuelle Lage „bewertet“ werde.
Griechenland, ein Einfallstor für zahlreiche in die EU geflohene Syrer, äußerte die Hoffnung, dass diese nun „in Sicherheit“ in ihre Heimat zurückkehren können. Regierungssprecher Pavlos Marinakis sagte, der Sturz Assads müsse zu „Frieden im Land und einem harmonischen Machtwechsel hin zu einer legitimen demokratischen Regierung“ führen. Dies müsse zum „Ende des Flüchtlingsstroms aus diesem Land“ führen.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR forderte „Geduld und Wachsamkeit“ in der Frage der möglichen Rückkehr syrischer Flüchtlinge. Die Organisation hoffe, dass die Entwicklungen vor Ort „endlich eine freiwillige, sichere und dauerhafte Rückkehr ermöglichen – mit Flüchtlingen, die in der Lage sind, informierte Entscheidungen zu treffen“, erklärte UNHCR-Chef Filippo Grandi. (afp)
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