Malawi löst das afrikanische Hungerproblem
2005 hat Präsident Bingu Wu Mutharika aus Malawi einen innovativen Fünfjahresplan ins Leben gerufen, der Malawis Agrarsektor fördern sollte. Der Plan sah vor, die Subventionen zu erhöhen und zehn Prozent des nationalen Budgets für den Agrarbereich bereitzustellen. Ziel war die Verbesserung der Infrastruktur und die Förderung der Ausbildung der Bauern.
Trotz der Bedenken der Weltbank und der Vereinten Nationen hat Präsident Mutharika Malawis Agrarsektor vorangetrieben und die Armut von 52 auf 40 Prozent senken können. Malawi wurde zu einem Nahrungsmittelspeicher, nicht nur für die eigene Bevölkerung, sondern auch für den Export.
Malawi hat 1,1 Millionen Tonnen mehr Mais produziert, als es jährlich benötigt und exportiert diesen Überschuss jetzt in die benachbarten Länder. Malawi konnte während der Katastrophe in Haiti 200 Tonnen Reis dorthin schicken.
2004 litt Malawi unter einer Hungersnot, die ein Drittel der 13 Millionen Einwohner bedrohte. Die Hälfte davon lebte in absoluter Armut. Malawi fand die Lösung des Problems nicht im Rat der Weltbank, dem World Food Program oder anderen internationalen Hilfsprogrammen, indem die Privatisierung vorangetrieben wird. Die Weltbank empfahl auch den malawischen Bauern Exportwaren zu produzieren, um mit den Einnahmen Nahrungsmittel zu importieren.
Seit 2004 läuft nun das landesweite Agricultural Inputs Subsidy Program, bei dem Gutscheine an fast die Hälfte aller malawischen Kleinbauern verteilt wurden, damit sie sich Düngemittel und Saatgut unter dem Marktpreis kaufen konnten. Durch dieses Subventionsprogramm konnte Malawi Nahrungsvorräte für Notfälle anlegen und die Ernteerträge bei gleichzeitiger Senkung der Lebensmittelkosten erhöhen.
Malawi hat der Welt gezeigt, dass es genau wie Europa und Nordamerika die Agrarwirtschaft effektiv subventionieren kann. Joshua Kurlantzick, der Autor von „The Malawi Model“ sagt, dass der malawische Ansatz als Vorbild für landwirtschaftliche Entwicklung dienen kann, weil es im Gegensatz zu den Privatisierungsmodellen, wie sie von den internationalen Ökonomen für Entwicklungshilfe favorisiert werden, funktioniert hat.
Malawis Subventionsprogramm bietet jedoch auch Problemfelder. Subventionen in der Landwirtschaft zwingen die Bauern bisweilen dazu, den Agrarsektor zu verlassen, da die Umsätze aus dem Verkauf der Ernte sinken. Im Durchschnitt verlieren schwarzafrikanische Länder aufgrund der landwirtschaftlichen Subventionen zehn bis fünfzehn Prozent ihres Einkommens.
Mutharikas Plan könnte sich möglicherweise nur auf den kurzfristigen und weniger auf den langfristigen Effekt konzentrieren. Dazu stoßen Mutharikas autoritäre Tendenzen auf Kritik. Und kann das Modell, das in Malawi so gut funktioniert hat, in den vielen verschiedenen Ländern Afrikas ebenfalls in so kurzer Zeit funktionieren?
Das Modell exportieren
Präsident Mutharika hat jetzt einen Plan vorgeschlagen, der Afrika in den nächsten fünf Jahren von der Nahrungsmittelunterstützung aus dem Ausland unabhängig machen soll. Dieser Fünfjahresplan, auch African Food Basket Project genannt, setzt den Fokus aller teilnehmenden afrikanischen Länder und aller kooperierenden Partner darauf, die Agrarwirtschaft und Lebensmittelversorgung durch Subventionen, ein erhöhtes Budget und bezahlbare Informations- und Kommunikationstechnologien zu sichern.
In Afrika wird nur ein Drittel des bebaubaren Ackerlandes kultiviert. Mutharika geht davon aus, dass eine höhere Nutzung des kultivierbaren Bodens und mehr Ausgaben der Regierung für den Agrarsektor den Hunger und die Armut bis 2015 halbieren können.
Mutharikas Plan sieht neben dem Aufbau der Infrastruktur auch die Förderung der sozialen Entwicklung vor. Unterstützung für Frauen, die Jugend, Bildung und Entwicklung der Infrastruktur können helfen, den Agrarsektor aufzubauen.
In Afrika leisten die Frauen über 70 Prozent der landwirtschaftlichen Arbeit, insbesondere bei der Produktion von Getreide. Dennoch haben Frauen wenig Zugang zu Informationen und Märkten, die sie mit Land, Ressourcen, Düngemittel, Geräten für die Landwirtschaft und finanziellen Mitteln versorgen könnten. Aufgrund der traditionellen Rollenverteilung treffen den Großteil der Entscheidungen immer noch die Männer. Als Folge haben Frauen, die den Großteil der Feldarbeit leisten, kein Mitspracherecht, obwohl sie einen höheren Anteil am Produktionsprozess haben.
Das African Food Basket Project hat zum Ziel, diese Ungleichheit zu beseitigen, indem den Frauen die Kontrolle über ihr Land gegeben werden soll. Sie sollen entscheiden, welches Getreide sie anbauen, welchem System des Anbaus sie folgen möchten und wie sie das Einkommen verwenden wollen, das der Anbau abwirft. Dieser Plan ist auf einen hohen Bildungsgrad angewiesen. Durch die Ausbildung von Frauen, vor allem in den ländlichen Gegenden, wird die Alphabetisierung voranschreiten, was den Zugang der Frauen zu Informationen und Märkten verbessert und was wiederum den Anbau von Getreide fördert.
Malawi hatte ursprünglich in den ersten Jahren der Reform nicht die Stärkung der Frauen im Programm, doch haben Nachforschungen gezeigt, dass eine landwirtschaftliche Ausbildung der Frauen nachhaltiges Wachstum fördert. Frauen kontrollieren in Afrika im Allgemeinen den Agrarmarkt und steuern erheblich zum informellen Sektor bei, der den ökonomischen Sektor mit dem größten Wachstum darstellt.
Für die Landwirtschaft ist die Jugend ebenfalls ein Schlüssel zum Erfolg. Laut dem African Food Basket Project wird die Jugend eine strukturierte, informelle Ausbildung in den bestmöglichen Betriebsarten für die Landwirtschaft erhalten. Die Absolventen werden dann Zugang zu Mikrokrediten und Fonds wie dem Youth Enterprise Development Fund (YEDF) in Malawi erhalten.
Der YEDF lockt Investoren an und ermöglicht es ihnen, in Unternehmen beginnend bei der Marktbude bis hin zu Industrieparks zu investieren, von denen die Jugend profitiert. Ein Wachstum der landwirtschaftlichen Betriebe wird zu einer Öffnung im Arbeitsmarkt führen, was die Jungen sowie die Alten in den Agrarsektor bringen wird, was wiederum die Nahrungsversorgung weiter sichert.
Die Transportmöglichkeit ist ein drittes Element in der Verbesserung der Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung. Durchschnittlich gehen zwanzig Prozent des Getreides während des Transports verloren. Durch die Verbesserung des nationalen und internationalen Transports auf Straßen, per Bahn, Schiff oder Flugzeug können die afrikanischen Länder Nahrungsmittel effizienter verfrachten und den signifikanten Verlust von Getreide vermeiden.
Mutharika wirbt vehement für den Aufbau eines grünen Gürtels entlang des Nils, des Nigers, des Chads und des Shebelli-Juba-Beckens im Nordosten Afrikas, um die Bewässerung zu verbessern. Nur sieben Prozent des kulturfähigen Landes wird bewässert. Im Vergleich dazu werden in Südafrika 29 Prozent und in Asien 41 Prozent bewässert. Ein breiter grüner Gürtel über den ganzen Kontinent könnte die Bewässerungsquote erhöhen und als Folge davon auch die landwirtschaftliche Produktivität.
Ein realisierbarer Plan?
Malawis Erfolg und Mutharikas Ambitionen, den Hunger und die Armut zu bekämpfen, zeigen der Welt, dass Afrika das Potenzial und die Möglichkeiten hat, die Situation der Nahrungsmittelknappheit zu verbessern.
Aber die afrikanischen Länder sind nicht alle gleich. Manche der Länder sind hoch verschuldet. die Verschuldung Somalias über drei Milliarden US-Dollar zum Beispiel macht es für das Land schwer, finanzielle Unterstützung für den Aufbau der Landwirtschaft zu bekommen, und weitere Budgetkürzungen bedrängen das Land. Aber außenstehende Akteure könnten den verschuldeten Ländern helfen. Sogar Malawi hat finanzielle Unterstützung für den Umschwung im Agrarsektor bekommen. Die Abteilung für internationale Entwicklung in Großbritannien unterstützte Malawi und dessen Subventionsprogramm im Jahr 2006 mit acht Millionen US-Dollar.
Eine vielleicht größere Herausforderung sind die Länder, die nicht gewillt sind, mehr Geld für den Agrarsektor auszugeben. Die Regierung um Teodoro Obiang in Äquatorialguinea zum Beispiel ist berüchtigt für Korruption und Misswirtschaft seitens der Regierung. Kürzlich hat das Land 830 Millionen US-Dollar für den Bau eines luxuriösen Komplexes außerhalb der Hauptstadt für ein anstehendes Treffen der Afrikanischen Union ausgegeben, um ausländische Investoren anzulocken. Diese Summe hätte den Weg für die Nahrungsmittelsicherheit in diesem Land ebnen können.
Selbst für Länder, die gewillt sind und die Möglichkeiten haben, ist der Fünfjahresplan des African Food Basket eine große Herausforderung. Für Malawi hat es annähernd ein Jahrzehnt gedauert, bis durch ihn die Unabhängigkeit bei der Nahrungsmittelversorgung erreicht wurde. Es scheint unrealistisch, für den ganzen Kontinent innerhalb von nur fünf Jahren auch nur einen Teil dieses Erfolgs zu erreichen.
Daniel Gustafson von der UN Food and Agricultural Organization (FAO) Liaison Office for North America sagt, dass die FAO die Idee des African Food Basket Project unterstützt. Eine zehnprozentige Erhöhung des Budgets der afrikanischen Länder für den Agrarsektor sei eine wunderbare Idee und es gebe keinen Grund, warum sich das auf lange Sicht nicht als Vorteil für Afrika entwickeln könnte. Länder wie Ghana, Nigeria und Malawi hätten es bei den Bestrebungen nach Unabhängigkeit und der Investition und Nahrungsproduktion außerordentlich gut gemacht.
Die politische Situation in Malawi hat sich in der Zwischenzeit jedoch beträchtlich verschlechtert. Die Regierung ist im Juli bei Demonstrationen gegen sie hart vorgegangen. Neunzehn Demonstranten wurden getötet. Die Millenium Challange Corporation, eine Behörde der US-Regierung, die Länder mit guter Regierungsarbeit durch Entwicklungshilfen unterstützt, hat Malawi unter anderem die Zusage über eine Unterstützung mit 350 Millionen US-Dollar über fünf Jahre gegeben, um die landwirtschaftliche Produktivität zu steigern. Trotz des Erfolges kämpft Malawi weiterhin gegen Armut, Analphabetismus und Regierungsprobleme.
Mit anderen Worten braucht African Food Basket also nicht nur Investitionen im Agrarsektor, sondern auch gute Regierungsarbeit. Wenn Malawi beide Ziele erreicht, kann es wirklich für den Rest des Kontinents den Weg weisen.
Simone D’Arbreu ist Mitarbeiter von Foreign Policy In Focus.
Artikel auf Englisch: Malawi May Show the Way to African Food Abundance
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