Macron-Bewegung gelingt keine kommunale Verankerung

Bei den Kommunalwahlen am Sonntag in Frankreich gab es keine Sieger – auch nicht die Grünen, die einige Großstädte eroberten. Einige schnitten jedoch deutlicher unter den eigenen Erwartungen ab, so auch die LREM von Präsident Macron. Heute trat das Kabinett zurück.
Von 3. Juli 2020

Die Kommunalwahlen am vergangenen Wochenende in Frankreich brachten keine wirklichen Sieger, aber einige politische Kräfte schnitten schlechter ab als ihren politischen Ambitionen guttut. Unter ihnen war die Bewegung La Republique En Marche (LREM), die bei den vorangegangenen Wahlen im Jahr 2014 noch nicht existiert hatte, sondern 2016 als vermeintliche Anti-Establishment-Bewegung aus dem zentristischen Spektrum gegründet wurde, um dem nicht parteigebundenen Kandidaten Emmanuel Macron den Sieg im Präsidentschaftsrennen zu ermöglichen.

Auf diese Weise wollte das linksliberale und proeuropäische Lager insbesondere verhindern, dass die Kandidaten von Links- oder Rechtsaußen, Jean-Luc Mélenchon und Marine Le Pen, und der als zu kremlfreundlich geltende Konservative Francois Fillon, den Präsidentenposten unter sich ausmachen würden.

Nationale Umfrageergebnisse weichen deutlich von Kommunalwahlen ab

Auf nationaler Ebene würden derzeitigen Umfragen zufolge wieder Macron und die Chefin des Rassemblement National, Marine Le Pen, die Stichwahl um die Präsidentschaft bestreiten – die Macron wie schon 2017 deutlich gewinnen würde, allerdings mit einen um elf Punkte besseren Ergebnis für seine Gegenkandidatin. Zusammen würden die Kandidaten von LREM, RN und der linksextremen Vereinigung „La France Insoumise“ zwei Drittel der Stimmen erreichen.

Bei den Kommunalwahlen spielte Insoumise jedoch so gut wie gar keine Rolle. Der RN konnte zwar mit Perpignan erstmals seit 1995 den Bürgermeistersessel einer Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern erlangen, statt 1.438 Stadträten in 463 Kommunen kommt die Rechtspartei mittlerweile aber nur noch auf 827 Sitze in 271 Regionalparlamenten.

Die Grünen, in deutschen Medien als die strahlenden Sieger der Kommunalwahlen präsentiert, gewannen in sieben von 42 französischen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern – 2014 war es nur Grenoble. Allerdings standen sie in mehreren Fällen nur an der Spitze eines Linksbündnisses, das zuvor von der Sozialistischen Partei (PS) geführt worden war.

In den 3.168 Gemeinden zwischen 3.500 und 100.000 Einwohner konnten sie lediglich in 30 die Mehrheit erzielen und damit weniger als einem Prozent. Vor allem hätte keiner ihrer potenziellen Kandidaten auch nur annähernd die Chance, in die Stichwahl um die Präsidentschaft zu kommen.

Macron-Bewegung gelingt kommunale Verankerung nicht

Die bürgerlich-konservativen Republikaner, die immerhin etwa in der Hälfte der Gemeinden über 9.000 Einwohner an der Spitze lagen, und die Sozialisten, die vielfach als Teil pluraler Linksbündnisse antraten, konnten sich auf kommunaler Ebene stabilisieren. An ihrer verlorenen Bedeutung auf nationaler Ebene vermag dies jedoch nichts Entscheidendes zu ändern.

Für Macrons LREM sah es hingegen besonders bitter aus: Nur in neun Gemeinden konnten sich Kandidaten durchsetzen, die auch formal namens der Präsidentenbewegung antraten.

In den Kommunalparlamenten insgesamt, wo man im Vorjahr noch von 10.000 Abgeordneten sprach, die man dort verankern wolle, kam man nur auf blamable 693. Die übrigen der etwa nach der ersten Runde etwa 6.000 kommunalen Mandatsträger, die zumindest in ihrer Grundtendenz der LREM zugeordnet werden können, kandidierten auf anderen zentristischen Listen wie MoDem oder UDI.

Insgesamt waren die Kommunalwahlen vor allem von einer niedrigen Wahlbeteiligung gekennzeichnet. Auch änderten sich die Mehrheitsverhältnisse nicht entscheidend: 83 Prozent der bereits 2014 gewählten Bürgermeister wurden erneut, in nur 83 Gemeinden wechselte die Mehrheit von links nach rechts, in der Gegenrichtung kippten 115.

Castex steht nicht für einen Linksruck

Dass die Regierung unter Premierminister Edouard Philippe am heutigen Freitag (3.7.) zurücktrat, kommt in dieser Tragweite überraschend, kann jedoch als Konsequenz aus dem enttäuschenden Ergebnis der Kommunalwahlen gedeutet werden. Eine besondere Pikanterie besteht darin, dass Philippe der einzige auch nominelle LREM-Kandidat war, der mit Le Havre in einer Großstadt gewinnen konnte.

Dass er durch Jean Castex, ebenfalls aus der Kleinstadt Prades, ersetzt wird und der den Republikanern angehört, deutet zumindest nicht auf einen extremen Linksruck der Regierung Macron hin, wie ihn viele als Reaktion auf die Siege der Grünen in mehreren Großstädten befürchtet hatten.

Generell kann Macron zwar nach derzeitigem Stand von einer Wiederwahl im Jahr 2022 ausgehen, dies allerdings vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass er als geringstes Übel gilt. Taktisch kann er links allerdings weniger gewinnen als er dadurch rechts verlieren würde.

Immerhin gelingt es ihm bis dato, auch die rechte Mitte so weit bei der Stange zu halten, dass die Republikaner nicht zur Gefahr werden und Le Pen auf Distanz bleibt.

In einer Analyse für den „Cicero“ hält es Kay Walter gar für möglich, dass der in der breiten Bevölkerung geschätzte Edouard Philippe, der nun als „Bauernopfer“ erscheint, sogar zu einem potenziell aussichtsreichen Konkurrenten für den amtierenden Präsidenten heranwachsen könnte.




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