Maas warnt bei Tripolis-Besuch vor militärischer Eskalation in Libyen
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat bei einem Besuch in Libyen vor einer „trügerischen Ruhe“ in dem Bürgerkriegsland gewarnt. Wegen des andauernden Aufrüstens beider Konfliktparteien durch ihre internationalen Unterstützer sei „die Gefahr einer militärischen Eskalation weiterhin groß“, sagte Maas am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem libyschen Kollegen Mohammed Taha Siala in Tripolis. Er pochte auf eine Fortsetzung der innerlibyschen Waffenstillstandsgespräche.
Maas begrüßte die „grundsätzliche Zustimmung“ der libyschen Einheitsregierung zu einem von den Vereinten Nationen vorgelegten Vorschlag für eine demilitarisierte Zone um die umkämpfte Stadt Sirte. Der Vorschlag sieht in einem ersten Schritt die Entwaffnung und Demilitarisierung der 130.000-Einwohner-Stadt vor.
Das strategisch wichtige Sirte wird vom libyschen General Chalifa Haftar kontrolliert. Wegen eines von der Türkei unterstützten Vormarschs von Truppen der Einheitsregierung wird seit Monaten eine gefährliche Eskalation des Konflikts befürchtet. Ägypten drohte bereits mit einer direkten militärischen Intervention im Nachbarland.
Ein „verlässlicher Waffenstillstand“ zwischen den Konfliktparteien sei die Basis, um auch in allen anderen Bereichen Fortschritte zu erzielen, sagte Maas. Entscheidend sei vor allem eine gerechtere Verteilung der Öleinnahmen. Die seit Januar andauernde Ölblockade durch die Truppen Haftars habe Libyen bereits viele Milliarden Dollar gekostet, die nun beim Wiederaufbau und im Kampf gegen den Wuhan-Virus (SARS-CoV-2) fehlten.
Libyen ist seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 von gewaltsamen Konflikten geprägt. In den Konflikt zwischen der Einheitsregierung und den Truppen Haftars sind auch zahlreiche ausländische Akteure involviert.
Siala kritisierte, dass die EU-Mission Irini zur Durchsetzung des UN-Waffenembargos es nicht schaffe, alle Zufahrtswege für Waffen- und Truppenlieferungen nach Libyen abzuschneiden. So würden weiterhin Milizionäre über den Luft- und den Seeweg in das Land gebracht, sagte der Außenminister.
Maas verwies auf einen gemeinsamen Vorschlag Deutschlands, Frankreichs und Italiens, wegen der anhaltenden Verstöße gegen das UN-Waffenembargo Sanktionen gegen beteiligte ausländische Einzelpersonen zu verhängen. Bei weiteren Verstößen gegen das Waffenembargo sei es nicht auszuschließen, „dass das die letzten Schritte sind“, sagte Maas.
Der Außenminister kündigte an, das Thema auch bei seinen Gesprächen in Abu Dhabi anzusprechen. Maas reist am Montagabend weiter in die Vereinigten Arabischen Emirate, die im Libyen-Konflikt die Truppen Haftars unterstützen. Angesichts der jüngsten diplomatischen Annäherung zwischen den Emiraten und Israel hoffe die Bundesregierung, dass „auch beim Thema Libyen positive Signale aus Abu Dhabi“ kämen, erklärte Maas. Die Emirate hätten Einfluss auf Haftar, „und wir erwarten, dass sie diesen (…) auch nutzen“.
Die Bundesregierung sei darüber hinaus im Austausch mit den ebenfalls in den Libyen-Konflikt verwickelten Regierungen Ägyptens, Russlands und der Türkei. „Nur wer jetzt konstruktiv an einem Waffenstillstand in Libyen mitwirkt, kann auch Teil der Zukunft dieses Landes sein“, betonte Maas.
Kritik an den diplomatischen Bemühungen der Bundesregierung im Libyen-Konflikt kam von den Linken. Die Obfrau der Linkspartei im Auswärtigen Ausschuss, Sevim Dagdelen, erklärte, die Bundesregierung mache „sich als Friedensvermittler in Libyen vollkommen unglaubwürdig, wenn sie ihre Waffenlieferungen an die Libyen-Brandstifter nicht stoppt, allen voran an die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten“. (afp)
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