„Lügner und Gesetzesbrecher“: Johnson verweigert Rücktritt
Trotz einer beispiellosen Strafe wegen der Teilnahme an einer Lockdown-Party will der britische Premierminister Boris Johnson nicht zurücktreten.
Er bedaure sein Verhalten, sagte der Regierungschef. „Aber ich denke, das Beste, was ich jetzt tun kann, ist, mich nach der Begleichung der Strafe auf die anstehende Aufgabe zu konzentrieren. Das werde ich tun“, betonte Johnson.
Er ist der erste amtierende Premierminister, der wegen eines Gesetzesverstoßes bestraft wird. Dennoch sprachen ihm zahlreiche Kabinettsmitglieder ihr Vertrauen aus. Die Opposition forderte Johnson sowie Finanzminister Rishi Sunak, der ebenfalls einen Strafbescheid erhielt, zum Rücktritt auf. „Geführt von Lügnern und Gesetzesbrechern“, titelte die Zeitung „Daily Mirror“ am Mittwoch.
Geburtstagsfeier im Corona-Lockdown
Downing Street hatte zuvor mitgeteilt, dass Johnson, seine Ehefrau Carrie Johnson sowie Finanzminister Sunak wegen eines Verstoßes gegen die damaligen Corona-Regeln eine Geldstrafe erhalten hätten. Es handelte sich demnach um ein Treffen zu Johnsons Geburtstag am 19. Juni 2020 in seinem Amtssitz in der Downing Street. Damals galten wegen der Pandemie strenge Kontaktbeschränkungen. Nach Informationen der Zeitung „The Sun“ musste Johnson 100 Pfund (rund 120 Euro) Strafe zahlen. Die Londoner Polizei ermittelt wegen insgesamt zwölf Veranstaltungen in den Jahren 2020 und 2021. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Johnson wegen der Teilnahme an anderen Events weitere Strafbescheide erhält.
„Es gab eine kurze Zusammenkunft im Kabinettsraum kurz nach 14 Uhr, die weniger als zehn Minuten dauerte und bei der Leute, mit denen ich zusammenarbeite, freundlicherweise ihre Wünsche geäußert haben“, sagte Johnson. „Und ich muss in aller Offenheit sagen, dass mir damals nicht bewusst war, dass dies ein Regelbruch gewesen sein könnte. Ich akzeptiere demütig, dass es einer war.“ Nun blicke er nach vorne. Auch Finanzminister Sunak, der wegen derselben Feier bestraft wurde, bat um Entschuldigung, will aber nicht zurücktreten.
Rücktrittsforderungen häufen sich
Johnson hatte zuvor wiederholt dementiert, dass er oder seine Mitarbeiter Corona-Regeln gebrochen hätten. Medienberichte legten aber andere Schlussfolgerungen nahe. Ein erster interner Untersuchungsbericht warf Downing Street Führungsversagen und schwere Regelverstöße vor. Auch mehrere Mitglieder seiner Konservativen Partei forderten Johnsons Rücktritt. Wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine und der britischen Unterstützung für Kiew ließ der Druck auf den Premier aber erheblich nach.
Nun aber flammten Rücktrittsforderungen neu auf. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov waren 57 Prozent der Meinung, Johnson müsse gehen. Nur 30 Prozent der Befragten stützten den Premier. In den Fokus rückt jetzt vor allem das Abschneiden der Konservativen bei Kommunalwahlen in England Anfang Mai.
Auch Finanzminister Sunak steht nun noch stärker unter Druck. Der Schatzkanzler, der als aussichtsreichster Nachfolger Johnsons gilt, hatte sich zuletzt unter anderem Vorwürfen ausgesetzt gesehen, dass seine wohlhabende Ehefrau von legalen Steuertricks profitiere. (dpa/red)
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