Schaden Windkraftanlagen Meerestieren? NOAA verneint Vergabe von Genehmigung zum Töten

Der indische Wissenschaftler Vijay Jayaraj wirft der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA vor, im Rahmen ihrer Genehmigungen für Windkraftanlagen den Meeressäugern zu schaden. Die Behörde bestreitet dies.
Lizenz zum Töten? NOAA erlaubt Windkraftbetreibern Walen zu schaden
Windkraftanlagen entstehen auch in Seezonen, in denen Wale ihre Jagdreviere haben können.Foto: vice_and_virtue-iStock/kertu_ee-iStock/Collage: Epoch Times
Von 14. Juni 2024

Das Walsterben an der Ostküste der USA hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Das bestätigt auch die Wetter- und Ozeanografiebehörde der Vereinigten Staaten (National Oceanic and Atmospheric Administration oder NOAA) auf ihrer Website. Dort heißt es:

Seit Januar 2016 ist eine erhöhte Sterblichkeit von Buckelwalen entlang der Atlantikküste von Maine bis Florida zu verzeichnen.“

Schiffe oder Windkraftanlagen?

Als mögliche Ursache werden häufig Kollisionen mit Schiffen genannt. Dies hätten Autopsien bei etwa der Hälfte der gestrandeten Meerestiere ergeben, so die Behörde. Ein Teil der Buckelwale sei dabei mit Schiffsschrauben in Kontakt gekommen oder habe sich in Fischereigeräten verfangen, was zu teils schweren Verletzungen geführt habe. Die NOAA hält jedoch weitere Untersuchungen für notwendig.

Als Grund für die sprunghafte Zunahme in den letzten Jahren wird der zunehmende Schiffsverkehr genannt, zitiert die „New York Times“ eine New Yorker Walforschungsgruppe. Ein weiterer Grund sei, dass die Tiere wegen veränderter Meeresbedingungen in andere Jagdgründe schwimmen. Bei diesen Wanderungen komme es leichter zu Kollisionen mit Schiffen, berichtet der „New Scientist“.

NOAA

Anzahl toter Buckelwale an der Atlantikküste der USA von 1. Januar 2016 bis 3. Mai 2024. Foto: mf/Epoch Times; Daten: NOAA

Einige Aktivisten und Organisationen sehen jedoch eine andere Ursache für das zunehmende Walsterben: Offshore-Windkraftanlagen.

Zum einen sollen die Schall- und Infraschallemissionen der Anlagen beim Betrieb die empfindlichen Sensoren der Wale stören. Dadurch würden sie vom Kurs abkommen und vermehrt in Richtung Küste schwimmen, wo sie dann stranden und verenden.

Es wird auch ein zeitlicher und geografischer Zusammenhang zwischen dem Walsterben und dem Bau von Offshore-Windkraftparks gesehen. Denn das Sonar, mit dem die Energiekonzerne den Meeresboden kartieren, soll ebenfalls zum Walsterben beitragen. Laut NOAA gibt es dafür aber keine Beweise.

Gesetz zum Schutz von Walen …

In einem Kommentar warf Vijay Jayaraj der NOAA kürzlich vor, beim Schutz von Meerestieren mit zweierlei Maß zu messen. Der Inder ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der CO₂ Coalition im US-Bundesstaat Virginia. Der Kommentar erschien zuerst im US-Portal „California Globe“.

Jayaraj erwähnte das Gesetz zum Schutz von Meeressäugern (Marine Mammal Protection Act). Dieses verpflichtet die NOAA, alle Wale, Delfine, Schweinswale, Robben und Seelöwen in den Gewässern des Landes vor der sogenannten „Entnahme“ durch US-Bürger zu schützen. Mit „Entnahme“ ist hier das Stören, Jagen, Fangen, Töten oder der Versuch, eines dieser Dinge zu tun, gemeint.

Jayaraj verwies in diesem Zusammenhang auf eine Erklärung auf der Website der NOAA. Diese bemühe sich, „die Populationen von Meerestieren vor Rückgang und Ausrottung zu schützen, Forschung zu betreiben, um ihre Gesundheit und Umwelt zu verstehen“. Außerdem bewerte und überwache die Behörde menschliche Aktivitäten, die sie beeinflussen könnten, „um sicherzustellen, dass zukünftige Generationen sich an ihnen [den Meerestieren] erfreuen können“.

… und seine Ausnahmen

Gleichzeitig gewährt die NOAA „Ausnahmen“ von diesem Schutz. Diese erlauben den Betreibern von Windkraftanlagen tödliche und nicht-tödliche Eingriffe an Walen, Delfinen und Schweinswalen vorzunehmen, wie Jayaraj erläuterte.

„Diese als ‚Incidental Take/Harassment Authorizations‘ (IHAs) bekannten Ausnahmeregelungen geben Windkraftbetreibern im Rahmen der Verordnung einen gewissen Spielraum, um Meeressäuger zu töten und zu stören“, sagte der Forscher.

Konkret würden die Betreiber den Tieren durch Sonaruntersuchungen des Meeresbodens zur Standortbestimmung und andere Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Bau und Betrieb der Turbinen schaden.

NOAA

Ein Offshore-Windpark in den USA in New Shoreham, Rhode Island, USA. Foto: Cavan Images/iStock

Jayaraj nennt 15 Meeressäuger, darunter verschiedene Wal- und Robbenarten, die nach den IHAs geschädigt werden könnten. So darf der Betreiber Bluepoint Wind laut Jayaraj noch bis Februar 2025 in den Küstengewässern von New York und New Jersey 270 Wale töten oder stören, darunter elf Glattwale und 149 Zwergwale. Auch einige andere Betreiber von Offshore-Windparks haben für die kommenden Jahre die Lizenz zum Töten oder Stören der Meerestiere erhalten.

NOAA: Keine Genehmigung zum Töten vergeben

Epoch Times hat direkt bei der NOAA nachgefragt, wie sich der Schutz der Meerestiere mit den IHAs vereinbaren lässt. Daraufhin verneinte die Behörde, dass Wale durch Windkraftanlagen getötet oder schwer verletzt würden. Ebenso wenig habe NOAA dieses Vorgehen genehmigt oder vorgeschlagen. „Die Entwickler von Offshore-Windkraftanlagen haben keine Genehmigung für die Tötung von Meeressäugern beantragt und NOAA hat diese nicht vergeben.“

Stattdessen setze sich NOAA dafür ein, dass die Offshore-Windenergie in den USA auf eine ressourcenschonende und risikominimierende Weise erfolge. Die Behörde achte hierbei darauf, dass menschliche Aktivitäten möglichst keine Auswirkungen auf die Meerestiere und ihre Lebensräume hätten.

„Es gibt keine bekannten Zusammenhänge zwischen dem Tod von Großwalen und laufenden Offshore-Windkraftaktivitäten“, bekräftigte die Behörde.

NOAA teilte mit, dass die Offshore-Windenergie eine neue Nutzung unserer Meeresgewässer ist. Daher sei hierfür eine umfangreiche wissenschaftliche Untersuchung und behördliche Überprüfung nötig. Ob und in welchem Ausmaß diese bereits erfolgt ist, ist allerdings unklar. Die Behörde sagte jedoch, dass sie sich verpflichte, die „besten verfügbaren wissenschaftlichen Informationen“ zu prüfen und zu nutzen. Das soll letztlich deren Entscheidungen bezüglich Offshore-Windenergieprojekten unterstützen.

Infraschall: Gefahr für marine Ökosysteme?

Große Windkraftanlagen erzeugen bei ausreichendem Wind neben Strom auch Infraschall. Dieser beeinflusst laut der Fachärztin Dr. Ursula Bellut-Staeck alle Organismen. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die sogenannte Hydroakustik, also die Schallausbreitung im Wasser.

„Aufgrund der Bedingungen der Hydroakustik stellt dauerhafter tieffrequenter Schall eine ganz besondere Gefahr für die marinen Ökosysteme dar. Schon länger war meine Sorge groß, dass diese unter anderem von Schiffslärm, besonders aber von Tieffrequenzen und Vibration, ausgeht“, sagte sie der Epoch Times in einem früheren Interview.

Unter Wasser breitet sich Schall mit einer Geschwindigkeit von 1.480 Meter pro Sekunde aus – viermal schneller als in der Luft. „Die Schallausbreitung endet erst an einer Landmasse und nimmt mit der Tiefe, Temperatur, dem Druck und dem Salzgehalt sogar noch zu. Die Tiefe der Meere bietet also keinen Schutz vor Schall“, so die Wissenschaftsautorin.

Der Pressesprecher von NOAA meinte hierzu jedoch: „Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Lärm […] zum Tod von Walen führen könnte.“

Die bestehenden und geplanten Windparks vor der Küste New Jerseys bilden nach Angaben der windkraftkritischen Umweltorganisation SaveLBI bereits die größte industrialisierte Küstenlinie der gesamten USA.

Ausbau in den USA stockt

Die Biden-Regierung plant, den Ausbau der Windkraft massiv voranzutreiben. Allerdings hat die Windbranche in den USA derzeit auch mit Widerständen zu kämpfen. Neben Problemen in der Lieferkette bremsen die immer noch hohe Inflation von 3,3 Prozent im Mai und steigende Zinsen den Ausbau spürbar, wie das Portal „Erneuerbare Energien Hamburg“ berichtet.

In der Folge haben bereits einige europäische Windkraftunternehmen ihre Planungen angepasst und einige Windparks stilllegen müssen. Im April kündigte der US-Turbinenhersteller GE an, die Installation seiner riesigen 18-Megawatt-Offshore-Windturbinen zu überdenken. Dies könnte drei Projekte mit insgesamt vier Gigawatt im Bundesstaat New York gefährden.

Dennoch konnte die Branche auch Erfolge verbuchen. So haben Ørsted und Eversource gemeinsam den ersten kommerziellen Offshore-Windpark der USA rund 56 Kilometer vor New Yorks Long-Island-Küste gebaut. Seit März dieses Jahres speist er Strom ins Netz ein. Der Windpark mit dem Namen South Fork verfügt über zwölf Turbinen mit einer installierten Leistung von 132 Megawatt. Rein rechnerisch bedeutet dies Strom für 70.000 Haushalte.

Bis Ende des Jahres will der Bundesstaat New York einen weiteren großen Windpark mit 800 Megawatt in Betrieb nehmen. Derzeit laufen die Bauarbeiten auf hoher See auf Hochtouren.



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