Libyen in Not: Etwa 30.000 Menschen obdachlos nach Flutkatastrophe
Drei Tage nach den verheerenden Überschwemmungen im Osten Libyens haben erste internationale Hilfslieferungen das nordafrikanische Land erreicht. Aus Jordanien und den Arabischen Emiraten kamen am Mittwoch Flugzeuge mit Lebensmitteln, medizinischer Versorgung, Zelten und Decken an, wie die örtlichen Behörden mitteilten. Auch die EU brachte erste Hilfsgüter unter anderem aus Deutschland auf den Weg. In der besonders betroffenen Hafenstadt Darna blieb die Suche nach Opfern und Vermissten weiter schwierig. Dort sind laut UN-Schätzungen 30.000 Einwohner durch die Naturkatastrophe obdachlos geworden.
Nach dem Hilfeersuchen der libyschen Behörden habe die Europäische Union ihren Katastrophenschutzmechanismus aktiviert, teilte die EU-Kommission mit. Eine erste Lieferung von Zelten, Feldbetten, Decken, Generatoren, Lebensmitteln sowie Feld-Lazaretten und Wassertanks aus Deutschland, Finnland und Rumänien sei auf dem Weg nach Darna. Auch das Technische Hilfswerk (THW) kündigte eine umfangreiche Hilfslieferung an. Italien schickte ein Schiff und zwei Transportflugzeuge mit Experten und logistischer Ausrüstung.
Deutschland koordiniert Hilfen für Libyen
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte in Berlin, es würden derzeit vor allem Notunterkünfte, Trinkwasser, medizinische Versorgung und Stromaggregate benötigt. Bei der Koordination der Hilfslieferungen stehe Deutschland mit seinen internationalen Partnern in engem Kontakt.
Neben den Hilfsgütern stellte die EU eine erste Nothilfe in Höhe von 500.000 Euro bereit. Die Vereinten Nationen sagten Libyen finanzielle Unterstützung in Höhe von 10 Millionen US-Dollar (9,3 Millionen Euro) zu.
Vor Ort in den überschwemmten Gebieten war die Lage weiter unübersichtlich. Bilder aus Darna zeigten durch Erdrutsche und Überschwemmungen abgeschnittene Straßen, die es den Helfern fast unmöglich machten, die Bevölkerung zu erreichen. Die Stadt war nach dem Bruch zweier Dämme nur noch über zwei Einfahrten zu erreichen. Stromausfälle und die Störungen des Telekommunikationsnetzes erschwerten die Lage zusätzlich.
Mehr als 2.300 Todesopfer in Darna
Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge sind allein in Darna rund 30.000 Menschen durch die Naturkatastrophe obdachlos geworden. In benachbarten Orten hätten ebenfalls tausende Menschen ihr Dach über dem Kopf verloren.
Derweil wurde allgemein befürchtet, dass die Zahl der Todesopfer in den Katastrophengebieten weiter steigt. Bisher wurden offiziell allein aus Darna 2.300 Tote gemeldet. Aus anderen betroffenen Gebieten lagen zunächst weiter keine Angaben vor.
Das Sturmtief „Daniel“ hatte am Sonntag den Osten Libyens heimgesucht und zu heftigen Überschwemmungen geführt. Am Fluss nach Darna brachen zwei Dämme. Enorme Wassermassen ergossen sich daraufhin durch die Küstenstadt am Mittelmeer, Häuser und Menschen wurden fortgerissen. Für den Osten Libyens war es die schlimmste Naturkatastrophe seit einem großen Erdbeben mit hunderten Toten in der Stadt Al Mardsch im Jahr 1963.
Libyen war nach dem Sturz des Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 ins Chaos gestürzt, inzwischen sind im Westen und Osten des Landes rivalisierende Regierungen an der Macht. Die Regierung im westlichen Tripolis unter Abdelhamid Dbeibah schickte nach eigenen Angaben zwei Lazarett-Flugzeuge, einen Helikopter, 87 Ärzte sowie mit Bergungsgeräten ausgestattete Rettungskräfte in die Region.
Die „hochkomplexe und brisante politische Lage“ in Libyen dürfe akuter Hilfe nicht im Wege stehen, erklärte der Bundestagsabgeordnete Tobias Bacherle (Grüne). Vielmehr sei wünschenswert, „die Krise als traurigen Anlass zu nehmen, um die Machtkämpfe der libyschen Kräfte beizulegen“. (afp/dl)
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