Letzter Flüchtlingsbus aus Berg-Karabach erreicht Armenien
Nach der Rückeroberung der Südkaukasusregion Berg-Karabach durch Aserbaidschan hat nach armenischen Angaben der vorerst letzte Flüchtlingsbus das Gebiet verlassen. Damit seien nun 100.514 zwangsweise umgesiedelte Bewohner in Armenien angekommen, sagte Regierungssprecherin Naseli Bagdassarjan.
Einige Menschen verließen Berg-Karabach auch mit Privatfahrzeugen. Viele Vertriebene hätten gesundheitliche Probleme oder seien bettlägerig. Wer noch in Berg-Karabach sei, solle sich an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz wenden, hieß es.
Die aserbaidschanische Führung hingegen betonte einmal mehr, dass es keinen Grund für eine Flucht gebe und die Menschen gemäß den Gesetzen des Landes in das Leben integriert würden. Die Südkaukasusrepublik Aserbaidschan ist anders als Armenien ein autoritär geführtes Land ohne Medienfreiheit oder demokratisch gewählte Führung und steht wegen Menschenrechtsverstößen international in der Kritik.
Aliyev: „Leben wie eine Familie“
Der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev sagte bei einer Veranstaltung, dass sich das Land seit langem durch eine Gesellschaft mit vielen Ethnien und Konfessionen auszeichne. „Wir leben wie eine Familie“, sagte er aserbaidschanischen Medien zufolge. „Jetzt ist die Zeit gekommen, um Frieden zu schaffen im Kaukasus. Unsere Agenda ist Frieden in der Region, eine Zusammenarbeit und gegenseitiger Nutzen“, sagte er in der Hauptstadt Baku. Aliyev hatte zuvor die Ansiedlung von Zehntausenden Aserbaidschanern in Berg-Karabach angekündigt.
Vorwurf der Vertreibung
Dagegen wirft die armenische Regierung den aserbaidschanischen Behörden eine ethnische motivierte Vertreibung in Berg-Karabach vor. Die dort verbliebenen Armenier befürchteten Verfolgung und Gewalt.
Aserbaidschan hatte mit einer Militäroffensive in der vorvergangenen Woche die seit Jahrzehnten umkämpfte Region zurückerobert. Die Führung der international nicht anerkannten Republik Arzach (Berg-Karabach) hatte danach kapituliert und die Selbstauflösung zum 1. Januar 2024 besiegelt.
Die Vereinten Nationen teilten mit, dass sich eine UN-Expedition am Sonntag selbst ein Bild von der Lage in der Region gemacht habe. Das Team habe keine Schäden an der zivilen öffentlichen Infrastruktur festgestellt, das gelte einschließlich Krankenhäusern, Schulen und Wohnungen sowie kulturellen und religiösen Gebäuden. Geschäfte seien aber offenbar ausnahmslos geschlossen gewesen. (dpa)
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