„Legt eure Handys weg“ – Bildungsminister rufen zum Umdenken auf

Smartphones sind für viele Kinder und Jugendliche nicht mehr wegzudenken. Auf internationaler Ebene setzen sich immer mehr Bildungsministerien für klare Regelungen in den Schulen ein.
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Ein Video auf TikTok, ein Chat mit Freunden oder ein Spielchen zwischendurch, für viele Schüler ist das Alltag, auch im Unterricht.Foto: iStock
Von 8. April 2024

Das Thema Handys an den Schulen wird kontrovers diskutiert. In Deutschland sind Schulen Ländersache. Schulen können nach eigenem Ermessen die Nutzung von privaten Smartphones im Schulalltag einschränken, eine generelle Empfehlung der Kultusministerkonferenz gibt es nicht. Andere Länder sind ein Stück weiter.

Dänemark

Das dänische Bildungsministerium gab jüngst eine neue Empfehlung heraus, die es in sich hat. Bereits im vergangenen Dezember hatte der dänische Bildungsminister Mattias Tesfaye für Schlagzeilen gesorgt: Er entschuldigte sich bei den Jugendlichen dafür, dass man sie zu „Versuchskaninchen in einem digitalen Experiment“ gemacht habe, „dessen Ausmaß und Folgen wir nicht überblicken können“.

Man habe eine ganze Generation von Kindern und Jugendlichen im Stich gelassen und die Fähigkeit genommen, in die Welt einzutauchen – aufgrund einer naiven Technikbegeisterung.

Am 6. Februar wurde der Minister konkret und veröffentlichte eine Empfehlung zur Nutzung digitaler Medien für Grundschulen und außerschulischen Aktivitäten.

Er appellierte: „Jetzt kommen die Empfehlungen des Ministeriums an die Schulen. Legt eure Handys weg. Sperrt den Zugang zu Webseiten mit Spielen, Streaming und TikTok. Steckt euren Computer in eure Tasche, wenn ihr ihn nicht braucht. Die Schule sollte nicht eine Erweiterung des Jugendzimmers sein. Holt euch das Klassenzimmer zurück. Das ist die Botschaft. Ich bin sehr froh, dass wir jetzt die Empfehlungen verschicken können. Ich hoffe, dass sie zu einer guten Bildschirmpolitik in allen dänischen Schulen beitragen können.“

In seiner Empfehlung wies der Minister auf die im Dezember vorgestellten PISA-Ergebnisse hin. Daraus sei deutlich geworden, dass kein Schüler der 81 OECD-Länder so viel Zeit vor den digitalen Geräten in Schulen verbringt wie in Dänemark.

72 Prozent der dänischen Schüler gaben an, dass sie in jeder oder fast jeder Stunde in einer typischen Woche digitale Geräte nutzen; in den OECD-Ländern hingegen waren es nur 16 Prozent. Gleichzeitig erlebt ein erheblicher Teil der Schüler, dass sie durch die digitalen Geräte abgelenkt werden.

Daher empfiehlt das dänische Bildungsministerium, das Risiko zu verringern, dass Schüler während der Schulzeit durch Mobiltelefone und andere Bildschirme abgelenkt werden. Das Ministerium forderte die Schulen auch auf, sich bewusst zu machen, wann der Einsatz digitaler Lernressourcen didaktisch und pädagogisch sinnvoll ist, und einen Raum für analoges Lernen zu schaffen. Gleiches gilt für die Freizeit. Auch hier sollen handyfreie Programme eingeführt werden.

Niederlande

Seit Januar 2024 sind Smartphones in den Niederlanden an weiterführenden Schulen unerwünscht. Ein gesetzliches Verbot gibt es jedoch nicht, sondern vielmehr eine „dringende Empfehlung“ des Bildungsministeriums. Ab dem kommenden Schuljahr 2024/25 wird die Richtlinie auch auf Grund- und Sonderschulen ausgeweitet.

Es gibt aber Ausnahmen. Schulen könnten selbst entscheiden, wann der Einsatz mobiler Geräte im Unterricht sinnvoll sind. Wenn Kinder aufgrund einer körperlichen oder geistigen Einschränkung von diesen profitieren, ist eine Nutzung erlaubt.

Großbritannien

In Großbritannien wurde im Februar 2024 eine Leitlinie veröffentlicht, mit der Schulen angeregt werden sollen, die Nutzung von Smartphones im Unterricht und in den Pausen einheitlich zu verbieten. Auf diese Weise sollen Schüler vor Ablenkung und Mobbing geschützt werden, um ihr Verhalten zu verbessern.

„Wir sind es unseren Kindern schuldig, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um Ablenkungen zu beseitigen und es ihnen zu ermöglichen, im Klassenzimmer voll präsent und engagiert zu sein“, schrieb Bildungsministerin Gillian Keegan im Vorwort der Leitlinie.

Sie regte ein Verbot von Mobiltelefonen im gesamten Schulalltag an. „Bei einer kürzlich durchgeführten Befragung von Interessengruppen berichteten Schulleiter und Führungskräfte, dass sich die gesamte Schulkultur zum Positiven verändert hat, nachdem Mobiltelefone aus dem Schulalltag verbannt wurden“, erklärte sie. Ohne Handy in der Schule hätten die Schüler den Kopf frei und die Ruhe, sich auf den Unterricht zu konzentrieren.

Italien

Ein bereits im Jahr 2007 eingeführtes Handyverbot, das in Italien galt, wurde 2017 vorübergehend gelockert. Nach dem Regierungswechsel im Jahr 2022 verschärfte Bildungsminister Giuseppe Valditara das Handyverbot im Unterricht. Die Begründung: Das Handy lenke nicht nur vom Lernen ab, sondern zeuge auch von mangelndem Respekt gegenüber den Lehrern.

Den Schulen bleibt es selbst überlassen, wie sie das Verbot umsetzen. Strafen bei Verstößen sind nicht vorgesehen, „außer jemand dreht während des Unterrichts Filme und verschickt oder veröffentlicht diese“, berichtete „RaiNews“.

Frankreich

In Frankreich gibt es schon seit 2010 ein Handyverbot an Schulen, das zunächst nur im Unterricht galt. Auf Beschluss der französischen Nationalversammlung im Jahr 2018 wurde die Nutzung sodann auch in den Pausen und bei schulischen Aktivitäten außerhalb des Schulgebäudes verboten. Diese Regelung gilt für Vorschulen, Grundschulen und weiterführenden Schulen, also für Kinder von drei bis 15 Jahren. Ausnahmen bilden lediglich Gymnasien.

Wie die Schulen das Verbot regeln, ist ihre Sache. Entweder geben die Kinder die Handys beim Betreten des Schulgebäudes ab oder lassen es ausgeschaltet in der Schultasche. Bei Verstößen dürften die Lehrer die Geräte vorübergehend einkassieren.



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