Legalisierung oder Verbot: Europas Cannabis-Debatte

Während Cannabis in Deutschland teillegalisiert wird, halten andere an einer strikten Politik fest. Ein Blick auf die europäische Karte offenbart die Unterschiede im Umgang.
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Der Schwarzmarkt für Cannabis bleibt in vielen Ländern stark. Symbolbild.Foto: Animaflora/iStock
Von 26. Dezember 2024

Rund acht Prozent der europäischen Erwachsenen konsumieren regelmäßig Cannabis, wie der jährliche Bericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht zeigt. Dies entspricht etwa 22,6 Millionen Menschen im Alter von 15 bis 64 Jahren.

Der Besitz und Handel mit Drogen ist in der EU grundsätzlich strafbar, wie die gemeinsame europäische Rechtsprechung vorsieht. Für Cannabis gibt es jedoch Ausnahmen: In Deutschland, den Niederlanden, Luxemburg, Spanien und Malta ist der private Besitz, Konsum und Anbau in kleinen Mengen unter bestimmten Auflagen erlaubt.

Cannabisgesetz sorgt für Aktenberge in der deutschen Justiz

Am 1. April 2024 trat das neue Cannabisgesetz in Deutschland in Kraft, das den Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis und den Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen für den persönlichen Gebrauch legalisiert. Zudem wurde der nicht kommerzielle Erwerb über sogenannte „Cannabis-Clubs“ ermöglicht. Das Gesetz wurde als Meilenstein der Drogenpolitik der Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP gefeiert.

Befürworter argumentierten, dass die Entkriminalisierung von Konsumenten zu einer Entlastung der Strafjustiz führen und den Schwarzmarkt schwächen würde. Außerdem wurde das wirtschaftliche Potenzial einer legalen Cannabisindustrie hervorgehoben – mit Chancen für neue Arbeitsplätze und zusätzliche Steuereinnahmen.

In der Praxis scheint das Gesetz jedoch nicht die erhofften Ergebnisse zu liefern. Die Justiz wird mit einer Vielzahl an Fällen konfrontiert, die aufgrund der Amnestieregelung neu geprüft werden müssen. Laut dem Deutschen Richterbund sind bundesweit über 100.000 Akten betroffen, was die Justiz vor erhebliche Herausforderungen stellt.

Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) warnt vor den negativen Folgen des Gesetzes. Staatsanwaltschaften seien nun gezwungen, sich mit Aktenbergen auseinanderzusetzen, um zu prüfen, ob alte Verurteilungen aufgehoben werden müssen. Eine angestrebte Entlastung sei nicht in Sicht.

Probleme bei der Strafverfolgung

Ein besonders heikler Punkt ist die Einschränkung von Ermittlungsinstrumenten. Mit der neuen Gesetzeslage sind Telefonüberwachungen, Onlinedurchsuchungen und akustische Wohnraumüberwachungen in Cannabis-Fällen nicht mehr im gewohnten Umfang möglich. Dies erschwert die Strafverfolgung erheblich und wirkt sich laut Experten negativ auf die Bekämpfung des Schwarzmarkts aus.

Ein prägnantes Beispiel ist ein Fall aus Mannheim, bei dem ein Angeklagter trotz des Schmuggels von 450 Kilogramm Marihuana freigesprochen wurde. Aufgrund der neuen Gesetzeslage konnten belastende Chatverläufe nicht mehr als Beweismittel herangezogen werden, da Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel gilt.

Politische Reaktionen und Ausblick

Die CDU- und CSU-geführten Justizressorts, darunter Bayern und Baden-Württemberg, kritisieren das Gesetz scharf und sehen darin eine Gefahr für die innere Sicherheit. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich warnte, dass die Teillegalisierung von Cannabis die Drogenkriminalität fördere und Deutschland für organisierte Kriminalität attraktiver mache. Erfahrungen aus anderen EU-Ländern mit liberaler Drogenpolitik bestätigen diese Befürchtung.

CDU und CSU haben angekündigt, das Gesetz nach einem möglichen Wahlsieg bei den Neuwahlen am 23. Februar 2025 wieder rückgängig zu machen.

Niederlande: Hotspot für den Drogenhandel

Seit 1976 gibt es in den Niederlanden eine „Politik der Toleranz“ gegenüber Cannabis. Der Besitz und Verkauf von Cannabis gilt als Straftat und ist verboten. Jedoch wird der Besitz einer geringen Menge (5 Gramm) toleriert, aber bei Kontrollen zieht es die Polizei ein. 

Der private Anbau von Cannabis ist verboten. Doch dürfen spezielle Geschäfte (Coffeeshops) geringe Mengen verkaufen. Coffeeshops beziehen ihr Cannabis aus nicht-legalen Quellen, was die organisierte Kriminalität befeuert. Der Cannabishandel wird weitgehend durch die organisierte Kriminalität kontrolliert. Die niederländische Regierung führt derzeit ein Experiment durch, das die legale Belieferung von Coffeeshops testet und sich über die kommenden Jahre erstreckt.

Experten sprechen von einem Scheitern der liberalen Drogenpolitik. In den vergangenen 10 bis 15 Jahren haben sich die Niederlande zu einem Hotspot für Drogenhandel entwickelt – mit blutigen Auseinandersetzungen zwischen Mafiabanden und eskalierender Gewalt durch das organisierte Verbrechen.

Portugal: Vorreiter in der liberalen Drogenpolitik

2001 entkriminalisierte die portugiesische Regierung den Besitz und Konsum aller Drogen in geringen Mengen. Bis zu 1 Gramm Heroin oder 25 Gramm Cannabis dürfen mitgeführt werden, ohne strafrechtliche Konsequenzen. Der Verkauf und Erwerb von Cannabis zu privaten Zwecken bleibt jedoch illegal. Obwohl der Konsum nur im privaten Raum gestattet ist, führt der öffentliche Drogenkonsum zu keiner Bestrafung. Daher konsumieren viele Abhängige offen auf der Straße. Das Dealen ist zwar verboten und soll verfolgt werden, doch der Polizei sind die Hände gebunden, da sie Konsumenten nicht festnehmen darf.

Trotz anhaltender Probleme wie dem illegalen Drogenhandel bewertet die portugiesische Regierung ihre liberale Drogenpolitik als Erfolg. Ein entscheidender Faktor ist die veränderte Perspektive: Drogenabhängige werden als Patienten gesehen, die Hilfe benötigen, statt als Kriminelle. Zudem ist die Zahl der Drogentoten spürbar gesunken. 

Spanien: Drogendrehscheibe in Europa

In Spanien ist Cannabiskonsum nur zu Hause oder in speziellen Clubs erlaubt. Diese Clubs sind nur für Mitglieder zugänglich, die regelmäßig Beiträge zahlen. Öffentlicher Konsum ist illegal und kann mit Bußgeldern geahndet werden. Der Besitz von mehr als 100 Gramm gilt als über dem Eigenbedarf. Cannabis darf nicht in der Öffentlichkeit mitgeführt werden.

In Spanien gibt es einige Cannabis-Clubs, die als gemeinnützige Vereine gegründet wurden. Diese Clubs operieren in einem rechtlich unsicheren Bereich, da es keine spezifische Gesetzgebung gibt, die ihre Existenz vollständig reguliert oder legalisiert.

Spanien hat sich zur Drogendrehscheibe Europas entwickelt. Sicherheitsbehörden sprechen von einem Krieg der Drogenmafia. Große Mengen Haschisch gelangen aus Marokko über das Mittelmeer nach Südspanien. Schmuggler reagieren bei Entdeckung immer häufiger mit Gewalt.

Außerdem hat der professionelle Anbau durch kriminelle Gruppen in Spanien stark zugenommen. Rivalisierende Drogenbanden liefern sich dort zunehmend gewaltsame Auseinandersetzungen. 

Frankreich: Strikte Anti-Cannabis-Politik

Frankreich verfolgt eine vergleichsweise restriktive Drogenpolitik, die stark auf Strafverfolgung setzt, jedoch auch präventive und schadensbegrenzende Maßnahmen integriert. Die französische Regierung hat wiederholt bekräftigt, dass sie auch in Zukunft nicht vorhat, Cannabis zu legalisieren. 

Die Basis der Maßnahmen bildet das Betäubungsmittelgesetz von 1970, das strenge Strafen für Besitz, Konsum, Handel und Herstellung illegaler Drogen vorsieht. Besonders der Drogenhandel wird mit bis zu zehn Jahren Haft oder hohen Geldbußen hart geahndet. 

Der Konsum illegaler Substanzen kann mit bis zu einem Jahr Haft oder einer Geldstrafe von 3.750 Euro sanktioniert werden, wobei Haftstrafen in der Praxis selten verhängt werden.

Luxemburg: Unter Auflagen legal

In Luxemburg wurde Cannabis am 10. Juli 2023 teilweise legalisiert. Der private Konsum und der Anbau von bis zu vier Pflanzen in den eigenen vier Wänden sind nun erlaubt, während der Konsum und Besitz in der Öffentlichkeit weiterhin untersagt bleiben. 

Ziel des Gesetzes ist es, Verbraucher vor verunreinigtem Cannabis zu schützen und den illegalen Drogenhandel einzudämmen. In einem nächsten Schritt plant die Regierung, staatlich kontrollierte Produktionsketten und einen regulierten Verkauf von Cannabis einzuführen.



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