Le Pen geht auf Abstand zur AfD und droht mit Ende der gemeinsamen EU-Fraktion

Die Correctiv-Story über ein „Geheimtreffen” zieht Kreise bis nach Frankreich und schlägt auch Wellen im EU-Parlament. Marine Le Pen hat sich von der AfD distanziert und sogar mit einem Ende der gemeinsamen EU-Fraktion gedroht.
Titelbild
Die Fraktionschefin des Rassemblement National (RN) in der französischen Nationalversammlung. Fotografiert am 6. Oktober, 2022.Foto: Alain JOCARD / AFP via Getty Images
Epoch Times28. Januar 2024

Ein Treffen in Potsdam, bei dem sich unter anderem Mitglieder der AfD einen Vortrag über „Remigration“ angehört haben sollen, hat ein Nachspiel auf europäischer Ebene.

Die französische rechte Politikerin Marine Le Pen, die zwar nicht mehr die Vorsitzende des Rassemblement National (RN) ist, aber immer noch die führende Persönlichkeit in der Partei, hat sich von ihren deutschen Verbündeten distanziert. Der RN und die AfD sind Mitglieder der Fraktion Identität und Demokratie (ID) im Europäischen Parlament.

Auf einer Pressekonferenz in Paris erklärte Le Pen am Donnerstag mit Blick auf die von AfD-Vertretern besprochenen Pläne zu einer „Remigration“:

Ich bin ganz und gar nicht einverstanden mit den Vorschlägen, die bei diesem Treffen diskutiert worden sein sollen.“

Sehr große Meinungsverschiedenheiten

Es müsse geprüft werden, „ob sich daraus Folgen ergeben“ für die gemeinsame Fraktion im EU-Parlament, fügte Le Pen hinzu. „Wir werden über diese sehr großen Meinungsverschiedenheiten reden müssen“, sagte die 55-jährige Politikerin.

„Wir haben niemals eine Politik der ‚Remigration‘ verteidigt, die beinhalten würde, Menschen die französische Staatsangehörigkeit zu entziehen, die sie erhalten haben, auch wenn wir die Bedingungen für deren Erhalt kritisieren“, betonte Le Pen.

Sie ist derzeit Fraktionschefin des Rassemblement National (RN) in der französischen Nationalversammlung.

AfD spricht von Missverständnis

Die AfD wertet Le Pens Reaktion als Missverständnis. „Das Verhältnis zu unseren französischen Kollegen ist unverändert gut und herzlich“, sagte der Spitzenkandidat der AfD für die Europawahlen, Maximilian Krah, gegenüber Euractiv.

„Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte für einen Versuch des Ausschlusses vonseiten der Franzosen und halten das auch aus mehreren Gründen für unrealistisch“, so Krah weiter.

Die Positionen beider Parteien sind in etwa vergleichbar

In Kapitel 9 des AfD-Parteiprogramms, das sich explizit mit „Einwanderung, Integration und Asyl“ beschäftigt, ist von einer „Mehrzahl der rechtstreuen, integrierten ausländischen Mitbürger als auch der rechtstreuen Asylbewerber“ zu lesen. Die AfD stellt sich zudem gegen die „ungerechten Pauschalverdächtigungen“ gegenüber der genannten Gruppe.

Für eine Remigration kommen nach den Worten des AfD-Parteiprogramms lediglich „irreguläre Migranten“ infrage, die „keinen Flüchtlingsschutz beanspruchen“ könnten. Dies steht im Einklang mit Artikel 16a (2) des Grundgesetzes und ist ebenfalls Teil der von Olaf Scholz verkündeten „Migrationswende“, die „Abschiebungen im großen Stil“ vorsieht.

„Das regressivste Gesetz gegen Migration seit 40 Jahren“

Le Pen hatte mit ihrer Partei vor Kurzem Präsident Emmanuel Macron unterstützt, das „regressivste Gesetz gegen Migration seit 40 Jahren“ – wie NGOs es nennen – durchs Parlament zu bringen.

Das Gesetz umfasst eine Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielen, Frankreich für Migranten weniger attraktiv zu gestalten. Dazu gehört die erhebliche Erleichterung von Abschiebungen, selbst für Kinder unter zwölf Jahren oder Eltern von Kindern mit französischer Staatsbürgerschaft. Zusätzlich sollen schnellere Asylverfahren mit begrenzten Rechtsmitteln eingeführt werden.

Familienzusammenführungen sollen erschwert werden, und der Zugang zu medizinischen Leistungen wird eingeschränkt. Die Einführung jährlicher Migrationsquoten könnte den Erwerb der französischen Staatsbürgerschaft erschweren. Weiterhin sieht das im Dezember verabschiedete Gesetz eine Verringerung des Schutzes für bereits im Land ansässige Einwanderer und illegal eingewanderte Personen vor, die jedoch bereits in den Arbeitsprozess integriert sind.

„Starken Opposition“ zwischen RN und AfD

Dennoch sprach Le Pen von einer „starken Opposition“ zwischen dem RN und der AfD. Die Politikerin, die sich schon dreimal auf das Präsidentenamt beworben hat, erhofft sich für 2027 gute Chancen, gewählt zu werden. Das französische Magazin l’Express urteilt:

Während der RN immer noch versucht, sich zu stabilisieren und zu entdämonisieren, entschied sich die Anführerin der französischen Rechtsextremen dafür, den Ton gegenüber ihrem deutschen Verbündeten zu verschärfen.“

Diese Distanzierung sei umso überraschender, als der RN und die AfD im Europäischen Parlament in derselben Fraktion – Identität und Demokratie (ID) – sitzen, in der sie 18 beziehungsweise zehn Sitze von 63 Mitgliedern haben. Der deutsche Verbündete scheine umso unverzichtbarer, als er 23 Prozent der Stimmen für die Europawahlen auf sich vereint und ebenso viele potenzielle Parlamentarier habe, um eine große „nationalistische“ Fraktion im Straßburger Plenarsaal zu bilden, wie es sich der RN wünscht.

Die italienische Lega ist nach dem RN die zweitgrößte Partei in der Fraktion. Die AfD steht an dritter Stelle.

Le Pen hat Konkurrenz rechts außen

In Frankreich hat Le Pen mittlerweile Konkurrenz rechts außen bekommen. Der rechtsextreme Autor und Journalist Eric Zemmour bedient seit 2021 mit seiner Partei Reconquête! (Rückeroberung) eine ähnliche Wählerklientel, ist aber deutlich radikaler in seinen Äußerungen.

Während des Wahlkampfs betonte Zemmour besonders das Narrativ des „Großen Austauschs“, bei dem es um die Annahme geht, dass eine globale Elite einen Plan verfolge, Europa durch die Kolonisierung und Islamisierung durch Araber und Muslime zu verändern.

Nachdem die Kritik von Le Pen bekannt wurde, hat Zemmour die AfD verteidigt und gefragt, wie Le Pen es wagen könne, den Deutschen Ratschläge zur Einwanderungspolitik zu erteilen.

Ursprung der Kontroverse

Das Portal „Correctiv“ hat Anfang Januar veröffentlicht, dass Mitglieder der AfD im November 2023 an einem Treffen in Potsdam teilgenommen haben, bei dem auch die Abschiebung von deutschen Bürgern mit Migrationshintergrund diskutiert worden sein sollen. Zugegen waren auch Mitglieder von Hans-Georgs Maaßens WerteUnion-Verein mit CDU-Parteibuch, weitere Privatpersonen und Martin Sellner. Letzterer gilt als der bekannteste Vertreter der vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistisch“ eingestuften Identitären Bewegung (IB) in Österreich.

Der Bericht führte zu Protesten in vielen deutschen Städten.

(Mit Material von AFP)



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