Lauterbach: WHO steht vor einer der größten Herausforderungen seit ihrer Gründung

Das Bundesgesundheitsministerium war in Berlin Gastgeber einer Veranstaltung mit der Weltgesundheitsorganisation. Dabei ging es um eine Bestandsaufnahme nach dem Austritt der USA. Am kommenden Montag gehen die Verhandlungen um den Pandemievertrag in die voraussichtlich letzte Runde.
Titelbild
WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus (l.) und der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am 2. April im WHO-Hub Berlin. Lauterbach hatte einen Scheck in Höhe von 2 Millionen Euro dabei.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 2. April 2025

Wahre Freunde erkennt man in der Not, sagte Tedros Adhanom Ghebreyesus, Chef der Weltgesundheitsorganisation. Und Deutschland in persona von Gesundheitsminister Karl Lauterbach sei diesbezüglich ein besonders verlässlicher Partner, betonte Tedros. Der SPD-Politiker wurde dem Lob gerecht und hatte für die nach der Austrittserklärung der USA krisengeschüttelte Organisation einen Scheck in Höhe von 2 Millionen Euro dabei.

Riss in der globalen Gesundheitsarchitektur

US-Präsident Donald Trump hatte gleich nach seinem Amtsantritt den Rückzug seines Landes aus der WHO erklärt. Außerdem fror die Regierung ihre Unterstützung für das Aidsprogramm der Vereinten Nationen (UNAIDS) vorläufig ein. In Berlin kamen am heutigen Mittwoch nun Vertreter aus Politik, Wirtschaft und anderen Bereichen im 2021 eröffneten WHO-Zentrum (Hub) zusammen, um über die aktuelle Situation bei der globalen Gesundheit zu sprechen.

Deutschland gehört nach den USA mit zu den fünf größten Geldgebern der WHO. Mit den 2 Millionen Euro sattelte der Bundesgesundheitsminister nun noch einmal eine siebenstellige Summe drauf – als Reaktion auf den Austritt der USA. Laut einer Mitteilung des Bundesgesundheitsministeriums summiert sich der Beitrag Deutschlands damit auf insgesamt 317 Millionen US-Dollar für die Jahre 2024/25. Er setzt sich aus Pflichtbeiträgen und freiwilligen Zuwendungen zusammen.

Zur Situation der WHO sagte Lauterbach, dass die Organisation derzeit „vor einer der größten Herausforderungen seit ihrer Gründung“ steht. Die Entscheidung der USA gefährde die finanzielle Stabilität der WHO. Auch die multilaterale Zusammenarbeit in der „globalen Gesundheitsarchitektur“ bekomme Risse.

Lauterbach: WHO ist unverzichtbar

Wie Epoch Times berichtete, fehlen der WHO allein in diesem Jahr 600 Millionen Dollar. Der Exekutivrat hatte das Budget im Februar für die Jahre 2026 und 2027 um 400 Millionen auf 4,9 Milliarden Dollar zusammengestrichen. Doch rechne er mit weiteren Kürzungen auf 4,2 Milliarden Dollar, da sich die Aussichten in den vergangenen Wochen weiter verschlechtert hätten. In Berlin sprach er daher auch davon, dass es strukturelle Veränderungen und Entlassungen geben werde.

Lauterbach würdigte dieses Vorgehen. Seiner Ansicht nach reagiere die WHO „klug“, da sie sich „in Zukunft stärker auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren“ will. Weil aber dennoch „Geld und Expertise“ fehlen, stockt Deutschland seinen Beitrag um die erwähnten 2 Millionen Euro (knapp 2,2 Millionen Dollar) auf.

„Die Weltgesundheitsorganisation ist unverzichtbar“, sagte Lauterbach. Dabei zählt er die weltweite Gesundheitsüberwachung, Pandemieprävention, Krankheitsbekämpfung und den gerechten Zugang zur Gesundheitsversorgung auf. Somit ist die Arbeit der WHO „auch für das deutsche Gesundheitswesen zentral“. Mit Blick auf den anstehenden Regierungswechsel zeigte er sich zuversichtlich, dass Deutschland weiterhin an der Seite der WHO stehen werde.

Deutschlands Unterstützung sei nach dem Austritt der USA wichtiger denn je, betonte Tedros. Den USA warf er die „Vernichtung der globalen Gesundheitsarchitektur“ vor. Der von Trump angeordnete Finanzierungstopp der Entwicklungshilfeagentur USAID hat „ein Chaos angerichtet“. Bisher sind laut dem WHO-Chef 50 Länder davon betroffen. Programme zur Bekämpfung von HIV, Tuberkulose, Malaria, Impfungen, Polio sowie gesundheitlichen und humanitären Notfällen seien beeinträchtigt.

Tedros hofft weiter auf Einigkeit beim Pandemieabkommen

Tedros sprach angesichts der finanziellen Krise von einer Gelegenheit zur Umgestaltung. Die WHO solle unabhängiger und mit Befugnissen ausgestattet werden. Gleichzeitig solle sie aber auch den Zweck weiter erfüllen, für den sie gegründet worden sei. Dazu gehöre unter anderem die Unterstützung der Mitgliedsländer bei der Stärkung ihrer Gesundheitssysteme. Auch die  frühe Entdeckung von Anzeichen globaler Bedrohungen, auf die man gemeinsam reagieren müsse, sei Teil der Aufgabe. In dem Zusammenhang kündigte Tedros eine Zusammenkunft der Mitgliedstaaten am kommenden Montag an. Dabei gelte es, „das Pandemieabkommen auszuhandeln und hoffentlich abzuschließen“.

Das Pandemieabkommen entstand aus der Erkenntnis während der COVID-19-Pandemie, dass ein globaler Notfall eine koordinierte globale Reaktion erfordert, erläuterte der seit 2017 amtierende WHO-Chef. Die 194 Mitgliedsländer hätten hart um Kompromisse gefochten, „doch nun besteht in fast allen Bereichen Einigkeit“, betonte er. Es sei von „entscheidender Bedeutung“, dass die Länder nun zu einem Abschluss kämen, damit der Pandemievertrag bei der Weltgesundheitsversammlung im Mai verabschiedet werden könne.

Das Pandemieabkommen sollte eigentlich bereits im Juni 2024 unter Dach und Fach sein, berichtete Epoch Times. Es scheiterte aber am Widerstand aus Großbritannien, der Slowakei und den Niederlanden. Sie alle lehnten einen drohenden Verlust der nationalen Souveränität durch Übertragung aller Rechte an die WHO im Pandemiefall ab. So vereinbarten die Mitglieder, dass sie innerhalb eines Jahres eine Einigung erzielen wollen.

Zu den Kritikern des Pandemieabkommens sowie der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) zählen zudem der Iran und Costa Rica. Das mittelamerikanische Land hatte im Juni 2024 gar angekündigt, nicht weiterverhandeln zu wollen.

Argentinien übte damals auch Kritik, hat aber mittlerweile der Organisation ebenfalls den Rücken gekehrt. Präsident Javier Milei hatte am 5. Februar 2025 den formellen Austritt eingereicht. Milei begründete die Entscheidung mit tiefgreifenden Differenzen beim Pandemiemanagement. Sein Land setze daher künftig auf nationale Souveränität.



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