Krise in Südkorea: Wer profitiert vom politischen Chaos?

Das überraschend ausgerufene Kriegsrecht in Südkorea war nach wenigen Stunden Geschichte. Präsident Yoon Suk-yeol steht nun selbst vor dem politischen Aus. Seine Warnungen vor kommunistischer Einflussnahme wurden als Vorwand betrachtet – tatsächlich haben sie jedoch einen wahren Kern.
Südkoreas Präsident Yoon rief das Kriegsrecht aus - und nahm den Beschluss kurz darauf wieder zurück.
Südkoreas Präsident Yoon rief das Kriegsrecht aus – und nahm den Beschluss kurz darauf wieder zurück.Foto: Ahn Young-joon/AP/dpa
Von 5. Dezember 2024

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Das Kriegsrecht in Südkorea, das Präsident Yoon Suk-yeol am Dienstag, 3. Dezember, überraschend ausgerufen hatte, war schon nach wenigen Stunden Geschichte. Gleiches könnte auch für den Präsidenten selbst gelten, gegen den Parlamentarier einen parteiübergreifenden Antrag auf Amtsenthebung angekündigt haben. Gewerkschaften wollen streiken, bis Yoon sein Amt zurücklegt.

Armee schuf frühzeitig vollendete Tatsachen

Der Präsident hatte seinen Schritt, der in Südkorea unangenehme Erinnerungen weckte, mit der kommunistischen Bedrohung durch Nordkorea begründet. In einer Fernsehansprache beschuldigte er die Opposition auch, zu „pronordkoreanischen und antistaatlichen Kräften“ zu gehören, die „Freiheit und Glück unseres Volkes ausplündern“.

Er verwies auf Kürzungen, die von der Opposition, die im Parlament über eine Mehrheit verfügt, im Haushalt beschlossen wurden. Diese beträfen den Kernbereich staatlicher Sicherheitsaufgaben. Yoon beschuldigte die Demokratische Partei, die größte Fraktion im Parlament, die Justiz einschüchtern zu wollen – durch Amtsenthebungen von Richtern und Staatsanwälten. Mit dem Kriegsrecht wolle er „die freie, verfassungsmäßige Ordnung schützen“.

Yoon beorderte die Armee in die Hauptstadt Seoul, und schwer bewaffnete Sicherheitskräfte blockierten zeitnah den Zugang zum Parlament. Dieses konnte dennoch zusammentreten und beschloss mit 190 zu 0 Stimmen umgehend die Aufhebung des Kriegsrechts. Die Armeeführung machte zwar deutlich, dass nur der Präsident selbst dieses aufheben könne. Allerdings zogen sich die Soldaten zurück und schufen vollendete Tatsachen.

Trauma des Kriegsrechts der 1980er wirkt in Südkorea nach

Wenige Stunden später verkündete auch Yoon das Ende des Kriegsrechts. Auch seine eigene Partei, die konservative People’s Power Party (PPP), hatte dieses kategorisch abgelehnt. Dass die Entscheidung des Präsidenten auf eine so einhellige Ablehnung stieß, hatte nicht nur mit den Erfahrungen mit dem Kriegsrecht im Südkorea der 1980er-Jahre zu tun.

Auch scheint der Hinweis auf die nordkoreanische Unterwanderung, die den Schritt erforderlich mache, nicht alle Südkoreaner überzeugt zu haben. Yoon, so ein verbreiteter Eindruck, nehme die Bedrohung aus Nordkorea als Vorwand, um die Opposition auszuschalten, die seinen Haushalt blockiere. Zugleich sei die Popularität des Präsidenten auf einem Tiefpunkt.

Der Führer der Demokratischen Partei, Lee Jae-myung, gilt zwar als Anhänger der „Sonnenscheinpolitik“ des früheren Präsidenten Kim Dae-jung. Dieser hatte in seiner Amtszeit von 1998 bis 2003 für Entspannung mit dem Norden gesorgt. Allerdings war auch diese nicht unabhängig von Bedingungen wie einer Denuklearisierung gewesen.

Auch der südkoreanische Präsident Moon Jae-in von der sozialliberalen Deobureo-minju-Partei (die Demokratische Partei des Miteinanders, vergleichbar mit der SPD) verfolgte in seiner Amtszeit ab 2017 eine Politik der Annäherung.

Das Jahr 2018 war ein Hoffnungsschimmer der Diplomatie zwischen beiden Ländern. Sogar ein Besuch des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un in Seoul erschien möglich, schreibt die Friedrich-Naumann-Stiftung.

Doch in der Analyse der Stiftung von 2020 heißt es: „Zwei Jahre nach dem ‚historischen‘ Gipfeljahr prägen nun aber Enttäuschung, Ernüchterung und Desillusionierung die Stimmung einer großen Mehrheit. Jüngste Umfragen zeigen, dass das Vertrauen der Südkoreaner in Nordkorea auf einem Tiefpunkt angelangt ist. 75% aller Befragten geben nun in einer Umfrage an, dass sie eine Ablehnung oder starke Ablehnung gegen Nordkorea fühlen.“

Solidaritätsadresse an Taiwan als „Provokation“

Für die Warnung des aktuellen Präsidentens Yoon vor einer kommunistischen Unterwanderung in Südkorea gibt es konkrete Anhaltspunkte. Ein häufig übersehener und im Zweifel deutlich einflussreicherer Faktor als Nordkorea ist das KP-Regime in China.

Gegenüber diesem war der Lee, Führer der Demokratischen Partei, mehrfach durch freundliche Aussagen aufgefallen. Im Jahr 2021 erklärte er, die USA seien zwar der einzige „Verbündete“, China sei für Südkorea dennoch immerhin ein „strategischer Partner“. Es gebe „keinen Grund, sich entweder für die eine oder die andere Seite zu entscheiden“.

Im März hatte Lee Präsident Yoon in einer Wahlkampfveranstaltung für dessen Position, im Fall eines Angriffs durch Peking Taiwan beizustehen, kritisiert. Lee, der den weit linken US-Senator Bernie Sanders als politisches Vorbild betrachtet, richtete an Yoon die Frage:

Warum provozierst du China? Was hat die Taiwan-Frage mit Südkorea zu tun?“

China-freundlicher Kandidat vor politischem Durchbruch?

Lee, den ein Gericht vor zwei Wochen wegen Verletzung des Wahlgesetzes zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt hatte, verlor 2022 nur knapp die Präsidentenwahl. Bereits mehrfach stand er im Zentrum von Vorwürfen der Korruption und illegaler Geldflüsse in den Norden. In den meisten Fällen kam es nicht zu einer Anklage. Allerdings soll er unvollständige Angaben im Rahmen seiner Registrierung als Kandidat gemacht haben.

Suzanne Scholte, Präsidentin der in Virginia ansässigen Defense Forum Foundation, sprach gegenüber der englischsprachigen Epoch Times von einem „ernsten Problem“. Mit Blick auf Lee äußerte sie:

„Eine liberale Demokratie wie Südkorea hätte bei der letzten Wahl fast einen prokommunistischen Kandidaten gewählt.“

Bei den Parlamentswahlen im April gewann seine Partei 175 von 300 Sitzen. Sollte Yoon zurücktreten und eine vorgezogene Präsidentenwahl erforderlich werden, ginge Lee als Favorit ins Rennen. Es wäre damit zu rechnen, dass ein PPP-Kandidat den absehbaren Popularitätsverlust von Yoon nach dem vergeblichen Versuch, das Kriegsrecht zu installieren, abbekommen würde.

KP-Regime spendiert Jugendlichen aus Südkorea Besuchsprogramme

Wirtschaftlich ist die Abhängigkeit des Landes von China bereits jetzt stark. Das nützt die Führung in Peking zu weitergehender Einflussnahme aus. Ein Spionageabwehroffizier, der unter der Bedingung der Anonymität mit der Epoch Times sprach, äußerte, das KP-Regime habe multiple Lebensbereiche in Südkorea infiltriert:

Es gibt keinen Bereich, in den die chinesische Regierung nicht eingedrungen wäre.“

Ein Hebel seien dabei die knapp 700 Städtepartnerschaftsabkommen. Zudem nähmen jährlich Hunderte Beamte an Austauschprogrammen zwischen beiden Ländern teil. Besonders brisant seien jedoch die vom chinesischen Regime bezahlten einwöchigen Besuchsprogramme für Jugendliche aus Südkorea.

Diesen entstünden keine Kosten, jedoch sind sie angewiesen, vor der Abreise Bücher mit Reden von Machthaber Xi Jinping zu lesen. Das Regime macht kein Hehl daraus, auf diese Weise die „bilateralen Beziehungen von morgen“ beeinflussen zu wollen, äußerte der Spionageoffizier.

Universitäten und Konfuzius-Institute als weitere Einflusszentren

Choi Soo Yong, ein pensionierter Beamter des Nationalen Nachrichtendienstes, wies gegenüber der Epoch Times auch auf den Einfluss des KP-Regimes an Universitäten hin. So gebe es an der Seoul National University einen Raum, der der Sammlung von Werken über Xi gewidmet ist. Im Gegensatz dazu gebe es an der Universität keine solche Gedenkstätte für Südkoreas Vorväter.

In Südkorea gebe es auch die meisten Konfuzius-Institute. Diese vom chinesischen Staat finanzierten Programme zur Sprachausbildung gelten als wichtiges Instrument, um mittels Soft Power die Ziele des Regimes zu fördern.

Mit Material der amerikanischen Epoch Times.



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