Krise in Südkorea: Welche möglichen Szenarien gibt es?

Südkoreas früherer Präsident Yoon Suk Yeol soll von Ermittlern vernommen werden, doch die Frist zur Vollstreckung des Haftbefehls läuft am Montag ab. Wie könnte es damit weitergehen? Hier 4 Möglichkeiten.
Gegner und Anhänger Yoons demonstrieren seit Tagen auf den Straßen.
Anhänger und Gegner Yoons demonstrieren seit Tagen auf den Straßen.Foto: Lee Jin-man/AP/dpa
Epoch Times5. Januar 2025

Am Montag endet eine Frist zur Vollstreckung eines Haftbefehls gegen den vom Parlament wegen der kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts entmachteten südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol.

Ein erster Versuch seiner Verhaftung war am Freitag am Widerstand von Yoons Sicherheitsdienst gescheitert. Yoon soll wegen der Ausrufung des Kriegsrechts verhört werden, weigerte sich bisher aber.

Am Sonntag demonstrierten in Seoul erneut tausende Menschen. Sowohl Unterstützer als auch Gegner Yoons versammelten sich trotz eines Schneesturms in der Nähe seines Wohnsitzes. Während die einen Yoons Wiedereinsetzung ins Präsidentenamt forderten, verlangten die anderen seine Verhaftung. Ein Ausblick auf die möglichen Szenarien.

Neuer Anlauf für eine Verhaftung?

Die Ermittler könnten nochmals versuchen, den Haftbefehl gegen Yoon vor Ablauf der Frist am Montag zu vollstrecken. „Über das weitere Vorgehen wird nach weiterer Prüfung entschieden“, hatte das Büro für Korruptionsermittlungen (CIO) nach dem Abbruch des Versuchs der Verhaftung am Freitag erklärt.

Sollte Yoon innerhalb der Frist verhaftet werden, hätte das CIO 48 Stunden Zeit, um entweder einen sogenannten formellen Haftbefehl zu beantragen, um ihn länger festzuhalten, oder es müsste ihn danach freilassen.

Yoons Anwälte beharren darauf, dass der von einem Gericht erlassene Haftbefehl „unrechtmäßig“ und „illegal“ sei. Sie haben angekündigt, weitere rechtliche Schritte dagegen einzuleiten. Der präsidiale Sicherheitsdienst warf den Ermittlern vor, „unrechtmäßig“ in die Präsidentenresidenz eingedrungen zu sein.

Sollte der aktuelle Haftbefehl auslaufen, könnte das CIO einen neuen Antrag stellen für einen neuen Haftbefehl mit der gleichen Sieben-Tage-Frist.

Strengerer Haftbefehl?

Sollte es den Ermittlern nicht gelingen, Yoon innerhalb der derzeitigen Frist zu verhaften, könnten sie aber auch versuchen, einen weitreichenderen Haftbefehl zu erwirken.

Dieser würde es ermöglichen, Yoon länger als die nach dem aktuellen Gerichtsbeschluss zulässigen 48 Stunden festzuhalten. Beobachter halten ein solches Szenario für möglich, da Yoon sich bereits drei Mal geweigert hat, zur Vernehmung zu erscheinen und sich dem derzeit gültigen Haftbefehl widersetzt.

Ein strengerer Haftbefehl werde in der Regel ausgestellt, wenn „ein Verdächtiger sich weigert, bei den Ermittlungen zu kooperieren“, sagt der Politikexperte Park Sang Byung der Nachrichtenagentur AFP.

Auch die Vollstreckung eines solchen Haftbefehls ist aber fraglich, da Yoon in seiner Residenz weiterhin von seinem Sicherheitsdienst, zu dem auch Soldaten gehören, abgeschirmt wird.

Interims-Präsident schaltet sich ein

Angesichts der verfahrenen Lage hat das CIO und die oppositionelle Demokratische Partei an den Interims-Präsidenten Choi Sang Mok appelliert, Yoons Sicherheitsdienst zur Kooperation aufzufordern. „Es ist praktisch unmöglich, den Haftbefehl zu vollstrecken, solange die Sicherheitsbeamten (…) ihren Schutz fortsetzen“, erklärte das CIO.

Der Sicherheitsdienst hatte die Ermittler nicht zum Präsidenten vorgelassen.

Der Sicherheitsdienst hatte die Ermittler nicht zum Präsidenten vorgelassen. Foto: Lee Jin-man/AP/dpa

Choi, ein Mitglied von Yoons Regierungspartei PPP, hat sich bislang nicht zu der gescheiterten Verhaftung vom Freitag geäußert. Er halte es für unwahrscheinlich, dass er der Bitte der Ermittler nachkommen wird, sagt der Politikwissenschaftler Shin Yul von der Myongji-Universität.

Choi steht innerhalb seiner Partei unter großem Druck, da er zwei neue Richter für das Verfassungsgericht ernannt hat, in dem zuvor drei von neun Sitzen vakant waren.

Die Entscheidung hat die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das Gericht die vom Parlament beschlossene Amtsenthebung von Yoon bestätigt, da dafür mindestens sechs Richterstimmen nötig sind. Wären die Sitze vakant geblieben, hätten die Richter einstimmig für Yoons Entmachtung stimmen müssen.

Warten auf Entscheidung des Verfassungsgerichts

Das Verfassungsgericht hat bis Mitte Juni Zeit, um zu entscheiden, ob Yoon abgesetzt wird oder wieder seine Amtsgeschäfte übernehmen kann.

is dahin ist Yoon suspendiert und bleibt offiziell Staatschef des Landes. Fachleute gehen davon aus, dass es für die Ermittler viel einfacher wäre, Yoon zu verhaften, wenn ihm der Präsidententitel aberkannt würde.

Das Verfassungsgericht hat angekündigt, das Amtsenthebungsverfahren aufgrund der Schwere des Falles zu beschleunigen. Yoons Anwälte argumentieren jedoch, dass das Gericht den vorgesehenen Zeitrahmen von 180 Tagen ausschöpfen müsse, um „die Umstände zu untersuchen, die zur Ausrufung des Kriegsrechts geführt haben“. (afp/red)



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