Kreml-Kritiker Nawalny gibt nicht auf – Nach Stunden im Polizeigewahrsam freigelassen

Nawalny freigelassen aus dem Polizeigewahrsam, Kreml-Kritiker kündigt Fortsetzung des Wahlkampfs an; Nawalny muss am Montag vor einem Richter erscheinen.
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Nawalny rief den vor der Polizeiwache wartenden Journalisten zu, dass er sich "sehr gut" fühle.Foto: MAXIM ZMEYEV/AFP/Getty Images
Epoch Times29. September 2017

Die Moskauer Polizei hat den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny am Freitag auf dem Weg zu einer Wahlkampfveranstaltung erneut festgenommen und stundenlang festgehalten. Nach Polizeiangaben wurde der 41-Jährige wegen „wiederholter Aufrufe zur Teilnahme an einer nicht genehmigten öffentlichen Veranstaltung“ vorübergehend festgesetzt. Darauf stehen bis zu 30 Tage Haft. Nawalny soll am Montag vor einen Richter treten.

Nawalny gilt als gefährlichster Widersacher von Staatschef Wladimir Putin, gegen den er kommenden März bei der Präsidentschaftswahl antreten will. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmytsch sagte nach seiner Freilassung aus dem Polizeigewahrsam am Abend, er müsse Montagmittag vor einem Richter erscheinen. Seine Anwältin Olga Michailowa hatte zuvor erklärt, ihr Mandant sei ohne eine schriftliche Darlegung der Gründe den ganzen Tag lang festgehalten worden.

Nawalny rief den vor der Polizeiwache wartenden Journalisten zu, dass er sich „sehr gut“ fühle. Er fügte hinzu, dass er am Samstag in der sibirischen Stadt Orenburg und am Sonntag in Archangelsk im Nordwesten Wahlkampf machen werde.

Zuvor hatte Nawalny im Kurzbotschaftendienst Twitter. geschrieben, die Polizei habe ihn im Eingang seines Hauses festgenommen. Er wollte demnach mit dem Zug in die Großstadt Nischni Nowgorod 400 Kilometer östlich von Moskau reisen, um dort eine Wahlveranstaltung abzuhalten.

In Nischni Nowgorod nahm die Polizei Nawalnys Wahlkampfleiter Leonid Wolkow fest. Nawalny rief seine Anhänger auf, trotzdem zu der Veranstaltung zu kommen: „Kommt aus Prinzip und als Zeichen des Protests gegen Dummheit, Senilität und Zerfall, die unser Land ereilt haben.“ In  Nischni Nowgorod versammelten sich 200 bis 300 Menschen.

Nawalny, der die Korruption in Russland anprangert, brachte seine Festnahme mit der Kundgebung in Nischni Nowgorod in Verbindung: „Der Kreml sieht meine Treffen mit den Wählern als eine riesige Bedrohung und sogar als Beleidigung – denn niemand geht zu ihren Veranstaltungen, ohne dafür bezahlt zu werden.“

Nawalny legte überdies nahe, dass die Behörden mit der Festnahme seine Teilnahme an einer Wahlveranstaltung in St. Petersburg, Putins Heimatstadt, verhindern wollten. Sie soll am 7. Oktober stattfinden – und damit an Putins Geburtstag.

Navalny gibt nicht auf

Nawalnys Wahlveranstaltungen stoßen derzeit in ganz Russland auf großes Interesse, so zuletzt auch in Wladiwostok und Chabarowsk. Allerdings hatte die Wahlkommission im Juni erklärt, der Kreml-Kritiker dürfe wegen einer Verurteilung zu einer fünfjährigen Bewährungsstrafe wegen Veruntreuung nicht bei der Präsidentschaftswahl kandidieren.

Nawalny hält die Verurteilung für politisch motiviert, und auch der Europarat sprach von einer „willkürlichen und unfairen“ Gerichtsentscheidung. Das Ministerkomitee des Europarats forderte Russland deshalb vergangene Woche auf, dem Kreml-Kritiker die Kandidatur zu ermöglichen. Es wird allgemein erwartet, dass Putin für eine weitere sechsjährige Amtszeit kandidieren und die Wahl im März gewinnen wird.

Die Polizei nahm Nawalny dieses Jahr schon zweimal fest. Er verbüßte Haftstrafen von 15 beziehungsweise 25 Tagen in Arrestzellen der Polizei wegen des Vorwurfs, nicht genehmigte Proteste gegen Putin organisiert zu haben. Nawalny war zuletzt im Juli aus der Haft entlassen worden.

Der Menschenrechtsbeauftragte des Europarats, Nils Muiznieks, kritisierte in einem am Freitag in Straßburg vorgelegten Bericht, dass die russischen Behörden immer weniger kremlkritische Versammlungen genehmigten. Teilnehmer an solchen Kundgebungen würden häufiger festgenommen und mit Strafen von bis zu fünf Jahren Gefängnis sowie Geldbußen von umgerechnet 15.000 Euro belegt. Der Menschenrechtsbeauftragte forderte Moskau auf, die Verschärfung des Versammlungsrechts zurückzunehmen.

(afp)



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