Kreml-Kritiker Nawalny macht Putin für seine Vergiftung verantwortlich
„Ich behaupte, dass hinter der Tat Putin steht“, sagte Nawalny in einem Interview mit dem „Spiegel“, das am Donnerstag veröffentlicht wurde. Der Oppositionelle äußerte große Dankbarkeit für Deutschlands Hilfe. Der Kreml warf dem 44-Jährigen nach dem Erscheinen des Interviews vor, für westliche Geheimdienste zu arbeiten.
Ich behaupte, dass hinter der Tat Putin steht, und andere Versionen des Tathergangs habe ich nicht“, sagte Nawalny.
Der wichtigste Anhaltspunkt sei der Einsatz von Nowitschok. Der Befehl dafür könne nur von den drei Chefs der russischen Geheimdienste FSB, SWR oder GRU veranlasst worden sein. Diese seien Putin unterstellt und könnten eine solche Entscheidung „nicht ohne Putins Anweisung“ treffen.
Wenn Putin behauptet, ich selbst hätte Nowitschok hergestellt und mich damit vergiftet, dann ist das unmöglich“, sagte Nawalny weiter. „Das System“ in Russland kämpfe um sein Überleben, um ein „belarussisches Szenario“ zu verhindern, „und die Folgen haben wir zu spüren bekommen“.
Nawalny möchte nach Russland zurückkehren
Sein Überleben sieht der Kreml-Kritiker als „Verkettung glücklicher Umstände“. Trotz des Anschlags auf sein Leben will er nach Russland zurückkehren.
Meine Aufgabe ist jetzt, der Typ zu bleiben, der keine Angst hat. Und ich habe keine Angst! Wenn meine Hände zittern, dann nicht vor Furcht, sondern von diesem Zeug. Das Geschenk, nicht nach Russland zurückzukehren, werde ich Putin nicht machen.“
Die russische Regierung weist den Verdacht zurück, staatliche russische Stellen könnten Nawalny gezielt vergiftet haben. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warf Nawalny nach Erscheinen des Interviews vor, für den US-Geheimdienst CIA zu arbeiten und „grundlose und inakzeptable Anschuldigungen“ zu machen.
Nawalny soll laut Präsident des russischen Unterhauses Spion des Westens sein
Der Präsident des russischen Unterhauses, Wjatscheslaw Wolodin, warf dem 44-Jährigen Spionage für den Westen vor. Putin habe Nawalny nach seiner Vergiftung Ende August „das Leben gerettet“, erklärte der Duma-Chef. Auf welche Weise Putin dies getan haben soll, führte er nicht aus. Nawalny sei ein „Schurke“, der „russische Interessen“ verrate.
Nawalny bedankt sich bei Deutschland zutiefst
In dem „Spiegel“-Interview äußerte Nawalny seine „riesige Dankbarkeit allen Deutschen gegenüber“. Er sei Deutschland nie eng verbunden gewesen. Doch nun hätten ausgerechnet deutsche Politiker und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sein Leben gerettet. Nawalny sagte: „Ich weiß, das klingt jetzt etwas pathetisch, aber Deutschland ist für mich ein besonderes Land geworden.“
Er schilderte einen Besuch Merkels an seinem Krankenbett vergangene Woche. Ihn habe beeindruckt, wie genau sie Russland und seinen Fall kenne. „Ich habe nur getan was meine Pflicht war“, habe die Kanzlerin auf seinen Dank hin entgegnet.
Nawalny sagte, es gehe ihm „viel besser als noch vor drei Wochen, und mit jedem Tag wird es besser“. Die Ärzte sagten, er könne zu 90 Prozent wiederhergestellt werden, vielleicht sogar zu 100 Prozent, aber so richtig wisse das niemand. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus am 22. September benötigt Nawalny allerdings noch eine längere Reha-Therapie.
Giftanschlag in Sibirien
Nawalny war am 20. August auf einem Flug vom sibirischen Tomsk nach Moskau zusammengebrochen. Er beschrieb den Moment, als im Flugzeug die Vergiftung einsetzte: „Du fühlst keinen Schmerz, aber du weißt, du stirbst. Und zwar jetzt sofort. Dabei tut dir gar nichts weh.“
Nawalny kam nach der Notlandung in ein Krankenhaus in Omsk. Zwei Tage später wurde er auf Drängen seiner Familie und seiner Unterstützer zur Behandlung in die Berliner Universitätsklinik Charité gebracht. In Deutschland wurde eine Vergiftung mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe festgestellt. Labore in Frankreich und Schweden bestätigten diesen Befund eines Bundeswehrlabors. Der Fall hat für erhebliche Spannungen zwischen Berlin und Moskau gesorgt. (afp)
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