G20-Gruppe einigt sich auf 1,5-Grad-Klimaziel
Die Mitglieder der G20-Gruppe haben sich in schwierigen Verhandlungen auf ambitioniertere Klimaziele verständigt: In der geplanten Abschlusserklärung des G20-Gipfels in Rom wollen sich die stärksten Wirtschaftsnationen der Welt im Grundsatz hinter das 1,5-Grad-Ziel stellen, wie die Nachrichtenagentur AFP am Sonntag aus Delegationskreisen erfuhr.
Zudem einigten sie sich darauf, bis „Mitte des Jahrhunderts“ CO2-neutral zu werden. Ab kommendem Jahr wollen die G20-Staaten zudem keine „schmutzigen“ Kohlekraftwerke mehr im Ausland finanzieren.
Die Unterhändler der G20-Mitglieder hatten die ganze Nacht über verhandelt, um die Einigung zu erzielen. Die Kompromissformulierung für die Abschlusserklärung sieht nach AFP-Informationen nun vor, dass die G20-Mitglieder das 1,5-Grad-Ziel gemeinsam „in Reichweite“ halten wollen. Dieses Ziel erfordere aber „erhebliche Anstrengungen in allen Ländern“, heißt es im Entwurf der Abschlusserklärung.
Bei der Klimaneutralität hatte die italienische G20-Präsidentschaft zunächst ein ehrgeizigeres Ziel angestrebt: Sie wollte das Jahr 2050 als Zielmarke für die CO2-Neutralität festschreiben. Gegen eine solche Festlegung gab es in Rom aber Widerstand – vor allem von Schwellenländern und von Staaten mit großer Produktion fossiler Energien.
Die EU hatte sich bereits auf das Zieljahr 2050 für CO2-Neutralität festgelegt. Deutschland will dieses Ziel bis 2045 erreichen. Russland und China strebten bislang das Jahr 2060 an. Andere G20-Länder wie etwa Indien wollten sich bislang nicht auf ein Zieldatum festlegen.
Ziel für Durchimpfung der Weltbevölkerung
Ausführlich berieten die G20-Chefs in Rom auch über die Corona-Pandemie und ihre Folgen für die Wirtschaft. Sie sagten im Abschlussentwurf zu, die Versorgung ärmerer Länder mit Impfstoffen „voranzutreiben“. Zudem stellten sie sich hinter das Ziel, dass bis Mitte 2022 mindestens 70 Prozent der Weltbevölkerung gegen Corona geimpft sein sollen.
Der Gastgeber des Gipfels, Italiens Ministerpräsident Mario Draghi, kritisierte es als „moralisch nicht hinnehmbar“, dass in den ärmsten Ländern aktuell nur etwa drei Prozent der Menschen die Corona-Impfung erhalten haben. Kanzlerin Merkel kündigte in Rom an, dass Deutschland im kommenden Jahr 75 Millionen Impfdosen spenden wolle – nach 100 Millionen in diesem Jahr.
Die G20-Länder bekräftigten in ihrem Abschlussentwurf zudem das Ziel, die ärmsten Länder der Erde mit 100 Milliarden Dollar beim Weg aus der Coronakrise zu unterstützen. Bislang beliefen sich die Zusagen auf 45 Milliarden Dollar. Die Hilfen sollen über den Internationalen Währungsfonds abgewickelt werden.
Draghi hatte zum Auftakt der Klima-Beratungen am Sonntagmorgen an die Staats- und Regierungschefs appelliert: „Die Entscheidungen, die wir heute treffen, werden direkte Auswirkungen auf den Erfolg des Gipfels von Glasgow haben – und auf unsere Fähigkeit, die Klimakrise in den Griff zu bekommen.“
Die Unterstützung für das 1,5 Grad-Ziel geht über die im Klimaabkommen von Paris genannte Marke hinaus. Dort war vereinbart worden, die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen.
Unter dem 1,5-Grad-Ziel versteht man das Ziel, den menschengemachten globalen Temperaturanstieg durch den Treibhauseffekt auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. CO2-Neutralität bedeutet, dass nicht mehr Kohlendioxid ausgestoßen wird, als die Atmosphäre aufnehmen kann.
UN-Klimakonferenz in Glasgow gestartet
Die G20 setzt mit der Einigung in Rom ein Signal zum Auftakt der 26. UN-Klimakonferenz (COP 26), welcher im schottischen Glasgow am Sonntag begonnen hat. Fachleute und Regierungsvertreter aus 197 Nationen wollen in den kommenden zwei Wochen über die weitere Umsetzung des Pariser Klima-Abkommens diskutieren und verhandeln. Das 1,5-Grad-Ziel steht dabei im Fokus.
Die UN-Klimachefin Patricia Espinsoa mahnte die Teilnehmerstaaten der COP26 zu einer Kehrtwende. Ohne einen „entschlossenen Klimaschutz investieren wir in unsere eigene Ausrottung“, warnte sie.
Für einen Erfolg der COP26 betete am Sonntag Papst Franziskus. „Betet, dass der Schrei der Erde und der Schrei der Armen gehört wird“, forderte er die Katholiken in aller Welt auf.
Die Kinderschutzorganisation World Vision attestierte den G20 „Aufschieberitis“ beim Klimaschutz. Bereits am Samstag hatten die Glasgow hunderte Klimaaktivisten für mehr Klimaschutz demonstriert, darunter die Schwedin Greta Thunberg.
Für Montag und Dienstag werden in Glasgow mehr als 120 Staats- und Regierungschefs erwartet, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Nicht nach Schottland reisen wird der Präsident des weltgrößten CO2-Emittenten China, Xi Jinping. Auch sein russischer Kollege Wladimir Putin reist nicht an. (afp/dts/dl)
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