Krawalle in Großbritannien reißen nicht ab – Richter lüftet Identität des Tatverdächtigen von Southport
In Großbritannien halten die von rechtsextremen Akteuren und Fußball-Hooligans ausgehenden Unruhen im Zusammenhang mit der Messerattacke von Southport vom Montag, 29. Juli, an.
Auch in den vergangenen Tagen marschierten in mehreren Städten gewaltbereite Mobs auf und bedrohten islamische Einrichtungen oder Unterkünfte für Asylsuchende.
Mehrfach wurden aus der Menge heraus Steine oder Ziegel in Richtung von Polizeibeamten geschleudert. In mehreren Fällen wurden Beamte dabei verletzt. Zudem kam es zu Fällen von Brandstiftung an Autos und öffentlichen Einrichtungen, vereinzelt auch zu Plünderungen von Geschäften.
In Liverpool soll eine Bibliothek mit angeschlossener Obdachloseneinrichtung in Brand gesetzt worden sein. Randalierer sollen die Löscharbeiten behindert haben.
Mehrere Städte in Großbritannien gleichzeitig von Ausschreitungen heimgesucht
Allein in den vergangenen Tagen ist es Berichten zufolge rund 100 Festnahmen gekommen. Wie die „Daily Mail“ berichtet, waren neben Liverpool auch Stoke, Preston, Kingston upon Hull und Nottingham Schauplätze von Krawallen. In Blackpool und Manchester kam es zu Zusammenstößen zwischen Ultranationalisten und Gegendemonstranten.
Einen Angriff auf einen asiatischstämmigen Autofahrer, der vor dem Mob flüchten wollte, soll es in Hull gegeben haben. In Hanley, Stoke-on-Trent, soll es Darstellungen in sozialen Medien zufolge zu einem Messerangriff auf einen Mann gekommen sein.
Die Polizei von Staffordshire zweifelt an der Richtigkeit dieser Darstellung, da weder Polizeibehörden noch Rettungskräften ein solcher Vorfall gemeldet worden sei.
Es sei allerdings am Rande eines Aufmarsches ein Mann durch einen Pflasterstein verletzt worden. Bereits in den Tagen unmittelbar nach der Bluttat von Southport war es in der Gemeinde selbst und in London zu Ausschreitungen gekommen.
Auch dabei wurden Menschen festgenommen, Dutzende Beamte wurden verletzt. Die Behörden rechnen mit weiteren Krawallen. Soziale Medien wie X dienen den häufig dezentral organisierten Randalierern als Plattformen zur Vernetzung.
Fake News in sozialen Medien als Auslöser
Aufhänger für die Aufmärsche ist der Amoklauf eines 17-Jährigen in Southport vom vergangenen Montag. Dieser hatte auf Kinder eingestochen, die an einem Tanzkurs mit Bezug auf die Musik der Popsängerin Taylor Swift teilgenommen hatten. Drei Kinder starben bei dem Angriff, der Jugendliche konnte überwältigt und festgenommen werden.
Da der Tatverdächtige minderjährig ist, durfte die Polizei vor der rechtskräftigen Verurteilung nach britischem Recht keine Details veröffentlichen, die dessen Identifizierung ermöglicht hätten.
Diesen Umstand nutzten Rechtsextreme in sozialen Medien, um gezielte Gerüchte zu verbreiten, wonach ein Asylsuchender mit muslimischem Hintergrund die Tat begangen hätte.
Schon bald machte der Hashtag „Enough is enough“ die Runde. In weiterer Folge störten aufgehetzte ortsfremde Ultranationalisten erst eine Andacht für die Opfer in Southport und rotteten sich in weiterer Folge vor der örtlichen Moschee zusammen. Aus der Menge heraus wurden Steine gegen das Gemeindezentrum und gegen Einsatzkräfte geworfen.
Die Polizei machte Anhänger der sogenannten English Defence League, einer vor 15 Jahren gegründeten Anti-Islam-Organisation mit Verbindungen in die Hooligan-Szene, für die Gewalt verantwortlich.
Mögliche psychische Anomalie als Ermittlungsschwerpunkt
Mittlerweile hat der zuständige Richter am Liverpool Crown Court, Andrew Menary KC, „im öffentlichen Interesse“ die Identität des Tatverdächtigen gelüftet. Damit wollte er eigenen Angaben zufolge der „idiotischen Randale“ in Teilen des Landes entgegentreten.
Es handelt sich dabei um Axel Rudakubana, der kommende Woche sein 18. Lebensjahr vollenden wird. Bei diesem handelt es sich weder um einen Asylsuchenden noch um einen Muslim.
Tatsächlich ist Rudakubana, dessen Eltern legal aus dem zu 95 Prozent christlichen Ruanda eingewandert waren, in Wales geboren und aufgewachsen. Später ist die Familie nach Banks bei Southport gezogen.
Nachbarn beschrieben die Rudakubanas als unauffällig und freundlich. Polizeilich ist noch niemand aus der Familie in Erscheinung getreten. Hinweise auf eine politische Ideologisierung oder Radikalisierung gibt es bis dato keine. Die Ermittlungen fokussieren sich deshalb auf mögliche psychische Gebrechen, die den Anlass zu der Gewalttat gegeben haben könnten.
Extreme Rechte in Großbritannien unter Labour-Regierungen erfolgreicher?
Obwohl mit der Preisgabe der Identität des Tatverdächtigen nachgewiesen ist, dass es sich bei anderslautenden Darstellungen um Falschnachrichten handelt, gehen die rechtsextremen Aufmärsche weiter.
Allein für das Wochenende waren 35 Kundgebungen unter dem Motto „Enough is enough“ angekündigt. In einigen Fällen haben Gruppen wie „Unite Against Fascism“ und „Stand Up to Racism“ zu Gegenkundgebungen aufgerufen.
Wie der „Guardian“ analysiert, ist der Rechtsextremismus in Großbritannien dezentraler und schwerer fassbar geworden. Es gebe zwar immer noch Führungskräfte wie den ehemaligen Führer der „English Defence League“, Stephen Yaxley-Lennon, auch als „Tommy Robinson“ bekannt.
Immer häufiger spielten jedoch lokale Akteure oder Fußball-Hooligangruppen eine Rolle bei der Organisation der Kundgebungen.
Premierminister Keir Starmer hat der Polizei unterdessen „volle Unterstützung“ gegen „Extremisten, die Hass säen und Gemeinschaften einschüchtern“, zugesichert.
Inwieweit der Regierungswechsel von den Konservativen zu Labour generell einen Anlass für die extreme Rechte darstellt, ihre Gangart zu verschärfen, ist noch unklar. In den 2000er-Jahren, als die British National Party (BNP) ihre größten Erfolge feiern konnte, regierten die Sozialdemokraten.
In der Zeit der konservativen Regierungen standen Ultranationalisten eher im Schatten der Tories, die eine restriktive Einwanderungspolitik betrieben, oder der Formationen von UKIP- und Reform-UK-Gründer Nigel Farage.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion