Korruption 2023 gestiegen: Mehr Straftaten, höherer Schaden
Das gerade veröffentlichte „Bundeslagebild Korruption 2023“, herausgegeben vom Bundeskriminalamt in Wiesbaden, beleuchtet die Entwicklungen im Bereich der Korruptionskriminalität in Deutschland. Demnach zeigt sich 2023 eine Zunahme von Korruptionsstraftaten im Vergleich zum Vorjahr, obwohl die Gesamtzahl unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre liegt.
Entwicklung der Fallzahlen
Im Jahr 2023 wurden 3.841 Korruptionsstraftaten verzeichnet, was einem Anstieg von 6,7 Prozent entspricht. Parallel dazu stieg die Zahl der Tatverdächtigen auf 1.507 Personen, das entspricht einem Plus zum Vorjahr von 15,4 Prozent.
Besonders auffällig ist der Zuwachs der sogenannten Gebenden um 21,6 Prozent, während der Anteil der „Nehmenden“ ebenfalls um 7,5 Prozent wuchs. Bei Tatverdächtigen von Korruptionsstraftaten wird für die „Bestochenen“ der Begriff „Nehmende“ und für die „Bestechenden“ der Begriff „Gebende“ verwendet. Unter den Nehmenden, also diejenigen, die sich bestechen ließen, wurden am häufigsten solche Personen festgestellt, die ihre Tätigkeit bereits mehr als fünf Jahre ausübten.
Fast 60 Prozent der Nehmervorteile waren monetäre Vergütungen, davon 43,4 Prozent Bargeld. Andere Vorteile waren Sachzuwendungen, Reisen, Feiern oder Bewirtungen.
Wer besticht, und wer lässt sich bestechen?
Generell besitzt die Mehrheit der Tatverdächtigen bei Korruptionsstraftaten die deutsche Staatsbürgerschaft, und zwar zu 66,6 Prozent. Unter den insgesamt 1.507 Tatverdächtigen befanden sich laut BKA im Berichtsjahr 1.004 Personen mit deutscher, 335 mit nicht deutscher und 168 Personen mit unbekannter Staatsangehörigkeit.
Größere Zahlen an nicht deutschen Staatsangehörigen werden laut Bericht regelmäßig im Kontext der Erlangung von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnissen oder sonstigen behördlichen Genehmigungen gemeldet. Auch bei Ermittlungen wegen Bestechungsgeldern zur Erlangung von Wohnungsmietverträgen oder auch im Zusammenhang mit dem Einschmuggeln von Gegenständen in Justizvollzugsanstalten sei im Berichtsjahr mehrfach gegen nicht deutsche Tatverdächtige ermittelt worden, heißt es im BKA-Bericht.
Mehr schwere Bestechung, dafür weniger Begleitdelikte
Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung, bei denen eine besondere Schwere der Tat festgestellt wurde, sind im Vergleich zum Vorjahr um 70 Prozent angestiegen.
Diverse Fälle gehen auf ein Verfahren in Niedersachsen zurück, indem gegen Entgelt Erste-Hilfe-Bescheinigungen zur Vorlage bei der Fahrerlaubnisbehörde ausgestellt wurden, ohne dass die Personen die Schulung besucht hatten. In Hamburg basieren einzelne Straftaten auf Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Ausländerbehörde, die Bargeld als Gegenleistung für rechtswidrig erteilte Aufenthaltstitel erhalten haben sollen.
Die Anzahl der im Zusammenhang mit Korruption festgestellten Begleitdelikte sank hingegen deutlich um 30,9 Prozent. Begleitdelikte sind beispielsweise Betrugshandlungen, Urkundenfälschungen, heimliche Absprachen bei Ausschreibungen, Falschbeurkundungen im Amt oder Verletzungen des Dienstgeheimnisses.
Schwerpunkt auf Gesundheitswesen und Wirtschaft
Ein Fokus der Korruptionsfälle liegt im Gesundheitswesen. Hier kam es zu einem drastischen Anstieg der Bestechlichkeitsdelikte um 250,3 Prozent und der Bestechungsfälle um 632 Prozent. Diese Fälle beziehen sich häufig auf finanzielle Anreize für Ärzte, beispielsweise durch sogenannte Kick-Back-Zahlungen im Zusammenhang mit Verschreibungen von Medikamenten. Oder, so ein im Bericht aufgeführter Fall, dass Ärzte Krankenhäusern Patienten überwiesen und im Gegenzug nicht geleistete Bereitschaftsdienste in Rechnung stellten.
Die Wirtschaft bleibt weiterhin ein zentraler Zielbereich der Korruption, wobei vor allem die Baubranche eine signifikante Rolle spielt. Viele Fälle drehen sich um die Vergabe öffentlicher Aufträge, bei denen Bestechungsgelder fließen, um bevorzugte Aufträge zu sichern. Hierbei sind vor allem Führungskräfte in leitenden Positionen involviert, während Privatpersonen, die um persönliche Vorteile buhlen, laut Bericht ebenfalls eine große Rolle spielen.
Gesamtschaden mehr als verdoppelt
Der festgestellte Gesamtschaden durch korrupte Handlungen ist im Jahr 2023 um mehr als das Doppelte auf 57 Millionen Euro angestiegen, liegt aber im Bereich des Durchschnittswerts der vergangenen fünf Jahre, so der BKA-Bericht. Nicht zu vernachlässigen ist der Aspekt von immateriellen Schäden: Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Verwaltung und das wirtschaftliche Handeln.
Insgesamt muss bei Korruptionsdelikten von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Dies liegt daran, dass es sich oft um sogenannte Täter-Täter-Delikte handelt, bei denen beide Seiten – der Bestechende und der Bestochene – ein Interesse daran haben, die Straftaten nicht zu melden. Dies führt dazu, dass viele Korruptionsfälle nicht zur Anzeige gebracht werden und somit unentdeckt bleiben.
Kaum Maßnahmen gegen Korruption in Regierung
Nach Meinung von Experten des Europarats unternimmt Deutschland nicht genügend gegen Korruption auf Regierungsebene. 14 Empfehlungen hat das Antikorruptionsgremium Greco 2020 zur Korruptionsprävention in der Exekutive und den Strafverfolgungsbehörden vorgeschlagen. Bis Ende 2022 sei nur eine Empfehlung vollständig umgesetzt worden, so das Gremium in einem Bericht.
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