„Komplizierte Diskussionen“ bei Abendessen von Top-Diplomaten aus USA und Russland
Ohne große Hoffnungen auf einen Durchbruch haben die USA und Russland ihre diplomatischen Krisengespräche über den Ukraine-Konflikt aufgenommen. Die stellvertretende US-Außenministerin Wendy Sherman und der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow sprachen am Montag in Genf über das Risiko einer russischen Invasion in der Ukraine und Moskaus Forderung nach westlichen Sicherheitsgarantien – im Vorfeld hatten beide Seiten Zugeständnisse ausgeschlossen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sicherte der Ukraine erneut Unterstützung zu.
Sherman und Rjabkow führten die Gespräche in der US-Vertretung in Genf. Für den späten Nachmittag waren Pressekonferenzen geplant. Die beiden Diplomaten hatten sich bereits am Sonntagabend zu einem Arbeitsessen getroffen. Rjabkow sprach anschließend vor russischen Nachrichtenagenturen von „komplizierten Diskussionen“.
Gegen Mittag erklärte Sherman auf Twitter, die Gespräche liefen. „Aber wir haben deutlich gemacht, dass wir ohne unsere Verbündeten und Partner nicht über die europäische Sicherheit diskutieren.“
USA warnen Moskau erneut vor Einmarsch in die Ukraine
Die USA haben den Kreml erneut vor einem russischen Einmarsch ins Nachbarland gewarnt. Zugleich betonte Washington am Montag, dass die Nato ihre „Politik der offenen Tür“ fortsetzen werde. Rjabkow versicherte, Russland habe „keine Intentionen, die Ukraine anzugreifen“. Er bezeichnete die Lage nach den Gesprächen als „nicht hoffnungslos“.
Die Nachrichtenagentur Ria Nowosti zitierte Rjabkow am Montag mit den Worten, er befürchte, dass Washington die Forderung Moskaus nach einem Ende der Nato-Osterweiterung nicht ernst nehme. Mit Verweis auf den Nato-Beschluss von 2008, der Ukraine und Georgien eine Beitrittsperspektive zu bieten, fragte er: „Sind sie bereit, rechtliche Garantien zu geben, dass sich dieses Land genauso wie andere Länder nicht der Nato anschließen wird?“ Seine Prognose hierzu sei „eher pessimistisch“, sagte Rjabkow.
Sherman betonte ihrerseits während des Treffens „die Freiheit souveräner Länder, ihre eigenen Bündnisse zu wählen“, wie das US-Außenministerium mitteilte.
Stoltenberg sagte vor Beratungen mit der ukrainischen Vize-Regierungschefin Olga Stefanischina in Brüssel, das Militärbündnis werde die Ukraine weiter auf dem Weg zur Nato-Mitgliedschaft unterstützen. Kiew habe „das Recht, sich zu verteidigen“, und die Nato werde der ukrainischen Regierung dabei helfen.
„Massive militärische Unterstützung Deutschlands“ erwartet
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, forderte die Bundesregierung indes auf, Waffen an sein Land zu liefern. Kiew erwarte „massive militärische Unterstützung Deutschlands“, um den Preis für einen „bevorstehenden Angriff in die Höhe zu treiben und diesen noch zu verhindern“, sagte Melnyk der Funke-Mediengruppe.
Den Westen treibt angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarschs an der Grenze zur Ukraine die Sorge um, dass Russland nach der Annexion der Krim einen erneuten Einmarsch im Nachbarland vorbereitet. Dies weist der Kreml kategorisch zurück. Gleichzeitig fordert er von den USA und der Nato Abkommen, mit denen eine Osterweiterung des Militärbündnisses sowie die Errichtung von US-Militärstützpunkten in Staaten der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre untersagt werden sollen. Dies wiederum wird von mehreren Nato-Mitgliedern abgelehnt.
Im Vorfeld der Genfer Gespräche warnte US-Außenminister Antony Blinken den Kreml vor einer Eskalation. „Es gibt einen Weg des Dialogs und der Diplomatie, um einige der Differenzen beizulegen und eine Konfrontation zu vermeiden“, sagte Blinken dem Nachrichtensender CNN. „Der andere Weg ist die Konfrontation“, fügte er hinzu.
Rjabkow wiederum schloss jegliches Entgegenkommen Moskaus aus. „Wir werden keinem Zugeständnis zustimmen. Das ist völlig ausgeschlossen“, sagte er.
Das Treffen der Vize-Außenminister Russlands und der USA leitet eine Woche intensiver Diskussionen zur Situation in der Ukraine ein. Für Mittwoch ist ein Treffen des Nato-Russland-Rats in Brüssel und für Donnerstag ein Treffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien geplant.
Der SPD-Außenexperte Michael Roth warnte Russland und die USA davor, in der Ukraine-Krisendiplomatie Entscheidungen über die Köpfe der Europäer hinweg zu treffen. „Wir leben nicht mehr im 20. Jahrhundert, wo man sich die Welt aufteilen kann in eine russische und eine amerikanische Einflusssphäre“, sagte der Vorsitzende des Außenausschusses im Bundestag am Montag im Radiosender Bayern 2. Die Europäische Union müsse mit einbezogen werden. (afp/dl)
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