„Kommt voran und liefert den Brexit“: Tories und Labour bekommen bei Kommunalwahlen Denkzettel
Bei den Kommunalwahlen in Großbritannien ist die konservative Partei von Premierministerin Theresa May für den festgefahrenen Brexit-Kurs abgestraft worden. Die Tories von Premierministerin Theresa May haben rund 1200 Sitze in den Kommunalparlamenten eingebüßt. Auch Labour wurde abgestraft, allerdings weniger deutlich. Grüne, Liberale und Unabhängige konnten hingegen vom Brexit-Chaos der vergangenen Monate profitieren und zulegen. Am Tag nach der Wahl stand May daher erneut in der Kritik.
Nach Auszählung fast aller Stimmen verloren die Tories mehr als 1200 Mandate und verloren zugleich die Kontrolle über dutzende Bezirksverwaltungen. Auch Labour muss sich mit Verlusten abfinden, allerdings fallen sie deutlich moderater aus: Die Partei von Jeremy Corbyn verzeichnete am Freitagabend ein Minus von 81 Sitzen und musste mehrere Bezirksverwaltungen aus der Hand geben.
Würden die kommunalen Ergebnisse auf ganz Großbritannien umgerechnet, so kämen die beiden großen Parteien auf jeweils etwa 28 Prozent der Stimmen.
Der Meinungsforscher John Curtice brachte das Signal, das die Wähler den beiden großen Parteien schicken wollten, mit einem Shakespeare-Zitat auf den Punkt: „Die Pest auf eure beiden Häuser!“, zitierte er den sterbenden Mercutio aus Romeo und Julia.
Als Hauptgrund für die Verluste gilt das nicht enden wollende Ringen um den Austritt Großbritanniens aus der EU. Während Labour sich zu dem Thema nicht eindeutig positioniert, scheiterte May wiederholt mit dem Versuch, für das von ihr ausgehandelte Austrittsabkommen eine Mehrheit im Parlament zu bekommen. May wertete die Ergebnisse der Kommunalwahlen als Votum für einen zügigen EU-Austritt des Vereinigten Königreichs.
Insgesamt waren bei den Kommunalwahlen mehr als 8000 Sitze zu verteilen – vor allem in ländlichen Gebieten und Vorstadtregionen in England; auch in elf Bezirken Nordirlands wurde gewählt.
„Kommt voran und liefert den Brexit“
Knapp drei Wochen vor den Europawahlen, an denen Großbritannien eigentlich gar nicht mehr teilnehmen will, sah May in der Abstimmung ein Alarmzeichen. „Dies ist eine schwierige Zeit für unsere Partei und dieses Wahlergebnis ist ein Symptom dafür“, sagte May. Sowohl für die Konservativen als auch für Labour enthielten die Resultate eine Botschaft: „Kommt voran und liefert den Brexit.“
Labour-Chef Jeremy Corbyn zeigte sich ernüchtert über die Verluste seiner Partei, die von der Unzufriedenheit vieler Wähler mit der Regierung profitieren wollte. „Natürlich wollten wir besser abschneiden“, sagte Corbyn dem Sender BBC. Teile der Wählerschaft hätten sich in der Brexit-Politik in keiner der beiden großen Parteien wiedergefunden.
Die größte Oppositionspartei fährt in der Brexit-Frage einen Schlingerkurs, der es beiden Lagern in ihrer Klientel – Brexit-Gegnern und -Befürwortern – recht machen soll. Einige Kommentatoren sprechen von „konstruktiver Zweideutigkeit“ bei Labour.
Deutliche Zugewinne verbuchten dagegen die Brexit-Gegner von Grünen und Liberaldemokraten sowie unabhängige Kandidaten. Die Liberalen eroberten rund 350 Sitze in Kommunalparlamenten sowie neun Bezirke. Ihr Chef Vince Cable äußerte, die Wähler hätten „kein Vertrauen mehr in die Konservativen, aber sie wollten auch Labour nicht belohnen“.
Wird May zurücktreten?
Auch der Abgesang auf May wurde am Freitag wieder lauter. Der Tory-Abgeordnete Greg Hands sagte im Deutschlandfunk, er erwarte einen Rücktritt Mays nach der Europawahl Ende Mai. „Ich denke, die erste Konsequenz ist wahrscheinlich, dass die Tage von Theresa May gezählt sind“, sagte Hands. Angesichts der Ergebnisse für beide großen Parteien hoffe er, dass sich Tories und Labour bei den laufenden Verhandlungen nun zusammenrauften, um über ein gutes Brexit-Abkommen zu beraten.
Die Abgeordneten hatten den von May mit Brüssel ausgehandelten Austrittsvertrag drei Mal abgelehnt. Das Abkommen stößt auch bei Mays konservativen Tories auf heftigen Widerstand. May musste deshalb bereits zweimal eine Verschiebung des EU-Austritts Großbritanniens beantragen. Ursprünglich war der Brexit für den 29. März vorgesehen, dann für den 12. April. Derzeit gilt eine „flexible“ Verschiebung bis zum 31. Oktober, was den Briten auch einen Austritt vor diesem Termin ermöglicht. (afp)
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