Kommentar zum Skandal-Tannhäuser der Rheinoper in Düsseldorf

Von 10. Mai 2013

„Ah, das ist ja interessant. Vielen herzlichen Dank!“ sagte ein angesagter deutscher Opernregisseur neulich zu mir, nachdem ich mich bemüht hatte, ihn über den eigentlichen Inhalt von Wagners „Fliegendem Holländer“ aufzuklären. (Die erschütternde Sinnleere aller drei Inszenierungen, die ich von ihm kannte, hatte mich zu diesem Schritt bewogen …) Ein freundlicher Mensch! Zweifellos begabt. Kein dummer Zeitgenosse! Wie sich herausstellte, hatte er keine Verbindung zwischen dem Stück und seinem eigenen Leben herstellen können, weshalb für ihn Wagners Werk eben nur eine Spielwiese zum Austoben seines Intellekts war. Eine Person zu treffen, die ihm versicherte, dass diese Geschichte einen real erfahrbaren Kern habe, war für ihn ein Exotikum.

Risiken und Nebenwirkungen einer Kunstform

Oper ist ein Medium, um Grenzerfahrungen des Lebens nachvollziehbar zu machen – eine Kunstform mit dem Auftrag, Menschen seelisch zu stärken und durch die Sprache der Musik zu heilen. Und so kommt es, dass es in der Oper – obwohl sie oft Konflikte, Tod und Zerstörung darstellt – gerade um die Harmonisierung des Menschen geht, anstatt um dessen Verstörung.

„Könnt ihr der Liebe Wesen mir ergründen?“ heißt es im „Tannhäuser“. Eine hohe Aufgabe, die da der Landgraf den Minnesängern, der geistigen Elite seiner Rittergesellschaft, stellt. In gewisser Hinsicht hat sich an dieser kulturellen Aufgabenstellung bis heute nichts geändert. Aber stellen wir uns der Verantwortung, ein liebevolles Miteinander zu fördern, wenn wir hunderttausende Euros in eine Opernproduktion stecken? Destruktive Denk- und Gefühlsmuster sind schon so weit Teil von unser aller Leben, dass die Folgen oberflächlich unscheinbar bleiben, wenn einige Regisseure die Bühne nutzen, um – bewusst oder unbewusst – Botschaften seelischer Zerstörung zu verbreiten. Die Mehrheit des Publikums zuckt meist nur enttäuscht mit den Schultern.

Bei der Premiere des Tannhäuser in der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorfer am letzten Wochenende wurde die Toleranzgrenze überschritten und es kam zu einem echten Eklat. Ein neuer Tiefststand war erreicht, als Regisseur Burkhard C. Kosminski aus Tannhäuser einen Nazi-Schergen machte, während der Ouvertüre nackte Statisten vergasen ließ und im Venusberg, Wagners rosigem Paradies der Sinneslust, eine jüdische Familie in hyperrealistischer Detailfülle massakrieren ließ. Was in einem solchen Regisseur vorgeht? Unergründliches. Wahrscheinlich hatte auch er es gut gemeint. Wollte ein paar Schüsse gegen das Vergessen abfeuern, im 200. Jubeljahr Wagners für ein bisschen Kontrastprogramm sorgen …

Was im Publikum vor sich ging, war hingegen unübersehbar. Menschen standen physisch und emotional unter Schock und verließen fluchtartig das Theater. Danach beteuerte Christoph Meyer, der Generalintendant der Düsseldorfer Rheinoper, dass er mit solch heftigen Reaktionen nicht gerechnet habe. Schon wieder nichts als Missverständnisse: Die Inszenierung wolle die Opfer nicht verhöhnen, sondern beklagen.

Weil von den 42 Personen, die vor dem Tannhäuser-Massaker flüchteten, 12 einer ärztlichen Behandlung bedurften, entschied er sich für die szenische Absetzung der Produktion. Er müsse „die menschliche Gesundheit über die künstlerische Freiheit stellen.“

Das Ziehen der Notbremse war in dem Fall sehr teuer. Dem Intendanten kann man zu seiner Entscheidung, die verbleibenden Aufführungen konzertant zu spielen, nur gratulieren. Es ist ein positives Zeichen, dass menschliches Empfinden über intellektuelle Abgehobenheit siegen konnte! Doch ist der Imageschaden für die Düsseldorfer Oper immens, weil er auch ein kulturpolitischer Schaden für das deutsche Musiktheater im Gesamten ist, das sich nun wieder dafür rechtfertigen muss, warum hart erarbeitete Steuergelder für derartige Flops verbrannt werden.

Doch für die Risiken und Nebenwirkungen des Phänomens „Regietheater“ gibt es keine einfache Lösung und schon gar keine politische. Eine Regel aufzustellen, wo Kunst anfängt oder aufhört, hieße, Menschen ihre Ideen zu verbieten, was definitiv keine gute Idee ist, weil es uns direkt in Deutschlands düsterste Zeiten zurückbefördern würde.

Ich glaube, wir sollten wieder alles daran setzen, in der Kunst „der Liebe Wesen zu ergründen“ anstatt uns von den Verlockungen der Sensationslust verführen zu lassen. Dann wäre Perversionen wie der des Düsseldorfer Skandal-Tannhäuser von vornherein der Nährboden entzogen.

 



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