Keine Maskenpflicht, keine Schulschließungen, Sportangebote, Freiheit – Schweden zeigt einen Weg
Am 10. Januar ist ein neues Gesetz für die Eindämmung der Verbreitung der Corona-Pandemie in Kraft getreten, das der Regierung mehr Befugnisse einräumt. Anders als in Deutschland wird weiterhin auf Empfehlungen gesetzt.
Obwohl das neue Gesetz der Regierung erlaubt, Geschäfte, Restaurants, Einkaufszentren, Fitnessstudios oder andere Einrichtungen zu schließen, weist es sie aber nicht an, dies tatsächlich zu tun. Die schwedische Regierung kann laut dem neuen Pandemiegesetz Menschenansammlungen in größeren Gruppen verbieten.
Da es nach Angaben des Auswärtigen Amts keine Ausgangssperren oder Reisebeschränkungen gibt, dürfen nach wie vor die Geschäfte offen bleiben, Bars eingeschlossen. „Die schwedischen Behörden appellieren gleichwohl an die Bevölkerung, unnötige Reisen zu unterlassen“, so die offizielle Empfehlung.
Es gibt Abstandsregeln, die Beschränkung der Personenanzahl auf vier an einem Tisch und die Skigebiete sind geöffnet. Die Betreiber der Skigebiete wurden jedoch dazu aufgerufen, einen kontaktarmen und sicheren Betrieb zu gewährleisten, schreibt das Auswärtige Amt.
Keine Maskenpflicht
In ganz Schweden gibt es keine allgemeine Maskenpflicht. Im öffentlichen Nahverkehr wird ein Mund- und Nasenschutz nur empfohlen und nur zu bestimmten Zeiten für bestimmte Altersgruppen angeordnet.
Nach den Richtlinien der Gesundheitsbehörde sollten Personen, die vor 2004 geboren wurden, in öffentlichen Verkehrsmitteln werktags zwischen 7 und 9 Uhr und von 16 bis 18 Uhr einen Mundschutz tragen. Es sei aber auch möglich, einen ausgewiesenen Sitzplatz zu buchen, so die neue Regel der Behörde.
Schwedens Chef-Epidemiologe Anders Tegnell begründet in einem Interview mit „The Local“ die Entscheidung über das Tragen von Masken der Regierung. Das permanente Tragen einer Maske bezeichnete er als „Overkill“, „weil viele Busse in Schweden, vor allem außerhalb der großen Städte, sehr selten überfüllt sind, sodass das viel zu viele Ressourcen beanspruchen und auch die Leute ermüden würde“.
„Wir haben das ziemlich viel diskutiert und Vor- und Nachteile verschiedener Ansätze abgewogen. Am Ende haben wir gesagt, dass dies der effizienteste Ansatz ist, den wir uns vorstellen können, dass wir tatsächlich bestimmte Stunden während des Tages anschauen, von denen wir aus den Statistiken wissen, dass das Risiko der Überfüllung am größten ist. Wir denken immer noch, dass das der beste Weg ist“, so Tegnell weiter.
Auf die Kritik, dass es nicht klar definiert sei, wann man eine Maske im Nahverkehr tragen soll, antwortete der Epidemiologe: „Nein, ich denke, wir haben unsere Ansicht über das Für und Wider von Masken sehr klar dargelegt“.
Keine Schulschließungen
Ähnlich verfährt die schwedische Regierung in Schulen. Richtlinien besagen, dass es keine Maskenpflicht für Schüler gibt. Der Präsenzunterricht wurde allerdings eingeschränkt. Das schwedische Gesundheitsamt empfiehlt den Schulleitern der Sekundarstufe II, zwischen dem 25. Januar und dem 1. April teilweise Fernunterricht zu erteilen. Ab dem 25. Januar sollte jedoch jeder Schüler mindestens 20 Prozent Präsenzunterricht haben.
Die Gymnasien sollen wieder auf Normalbetrieb zurückgehen. Die staatliche Gesundheitsbehörde (Folkhälsomyndigheten, FOHM) empfahl außerdem, „den Normalunterricht für die Schüler der 8. und 9. Klasse dort, wo er auf Distanz umgestellt wurde, wieder in Normalbetrieb überzuführen, da die Nachteile schwerer wiegen würden als die Vorteile“.
Freizeitangebote für Kinder sind wichtig für die öffentliche Gesundheit
Die Einschränkungen der Freizeitangebote sollen für Kinder teilweise aufgehoben werden.
Die FOHM machte in diesem Zusammenhang eine klare Aussage: „Körperliche Aktivität ist wichtig für junge Menschen und von großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit“. Die Freizeitaktivitäten und die Bewegung spielen langfristig eine wichtige Rolle für die Gesundheit.
„Das schwedische Gesundheitsamt ist daher der Ansicht, dass Kinder und Jugendliche (geboren 2005 und später) weiterhin in der Lage sein sollten, an organisierten Sport- und Freizeitaktivitäten im Innen- und Außenbereich teilzunehmen, und hat die Regierung gebeten, ihre diesbezügliche vorherige Empfehlung zu lockern“, so das Amt.
Sören Padel, ein Blogger aus Schweden, analysiert als Humangeograph und Lehrer die aktuelle Corona-Lage in Schweden. In einem Gastkommentar hat er die Daten der schwedischen Schulen zusammengestellt und mit den deutschen Verhältnissen verglichen.
Er zieht sein Fazit: „Für mich stellt sich aus der Ferne die Frage, weshalb deutsche Politiker und Behörden nicht auf die schwedischen Erfahrungen zurückgreifen, die statistisch sehr gut dokumentiert und leicht über das Internet abrufbar sind. Sie sind besser als jede Studie, eben weil sie die Realität ohne Umwege abbilden und für jedermann nachvollziehbar sind.“
Mit Blick auf die Gesundheit der Kinder und die körperliche, intellektuelle und seelische Entwicklung einer ganzen Generation ist der Vergleich mit Schweden hinsichtlich der Gestaltung eigenen Handelns äußerst empfehlenswert“.
Die Website mit Daten zu Schweden, die Sören Padel der Welt zur Verfügung stellte, war temporär am 3. Februar nicht erreichbar: corona-schwede.de. Dort analysierte er unter anderem die Maßnahmen in den Schulen.
Schweden bestätigte seinen ersten Fall von SARS-CoV-2 am 31. Januar 2020. Seitdem sind mehr als eine halbe Million Menschen in Schweden an COVID-19 erkrankt, mehr als 11.000 sind gestorben, weltweit wurden mehr als 100 Millionen Fälle gemeldet.
Die aktuellen Zahlen vom schwedischen Gesundheitsamt können Sie an dieser virtuellen Tabelle sehen, wobei an erste Stelle die Krankheitsfälle stehen, in der Mitte die Zahl der Intensivbetten und an der rechten Seite sehen Sie die Zahl der Todesfälle. Die Daten werden bis einschließlich des Vortages jeden Dienstag bis Freitag um 14 Uhr aktualisiert: https://experience.arcgis.com/experience/09f821667ce64bf7be6f9f87457ed9aa
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