Mordfall-Khashoggi: Gerichtsprozess in Saudi-Arabien hinter verschlossenen Türen

Seit Januar stehen elf Menschen in dem Königreich vor Gericht, doch wichtige Verdächtige fehlen bei dem Prozess, der hinter geschlossenen Türen stattfindet.
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Vor der saudischen Botschaft in Washington zeigen Demonstranten Plakate mit dem Bild des in der Türkei ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi.Foto: Jacquelyn Martin/AP/dpa
Epoch Times1. Oktober 2019

Ein Jahr nach dem Mord an Jamal Khashoggi im Istanbuler Konsulat Saudi-Arabiens ist die Tat unvergessen, doch gerichtlich wurde noch nichts entschieden. Zwar stehen seit Januar elf Menschen in dem Königreich vor Gericht, doch wichtige Verdächtige fehlen bei dem Prozess, der hinter geschlossenen Türen stattfindet. Auffallend ist insbesondere die Abwesenheit des königlichen Medienberaters Saud al-Kahtani, der zu den engsten Vertrauten von Kronprinz Mohammed bin Salman zählt.

Al-Kahtani war nach dem Mord am 2. Oktober zusammen mit Vize-Geheimdienstchef Ahmed al-Assiri seines Postens enthoben worden und ist seitdem abgetaucht. Al-Kahtani war im Königreich als „Trollmeister“ bekannt, da er in den Online-Netzwerken eine Armee von Trollen lenkte, die Kritiker des Kronprinzen und anderer Mitglieder der Führung attackierten. Ob die Führung in Riad ihn beschützen oder getrennt bestrafen will, ist unklar.

„Dass Saud al-Kahtani abgesetzt wurde und seitdem nicht mehr in Erscheinung getreten ist, ist nicht unbedingt ein echter Schritt der Reform, sondern kann als Versuch gelten, einen hochrangigen Beamten zum Sündenbock zu machen, um den Eindruck zu erwecken, dass Saudi-Arabien sich ändert“, sagt der Forscher Marc Owen Jones von der britischen Exeter University.

Bei der letzten Gerichtsanhörung im Juli verlangte ein Verwandter von Khashoggi, dass al-Kahtani als Zeuge bei dem Prozess aussagt, wie zwei Vertreter westlicher Staaten der Nachrichtenagentur AFP sagten. Zwar sei unklar, ob das Gericht dem Antrag stattgeben werde. Doch sei allein die Forderung, den Vertrauten des Kronprinzen vor Gericht zu laden, eine bemerkenswerte Entwicklung in einem Prozess, dessen Ablauf als streng kontrolliert galt.

Die US-Regierung hat Sanktionen gegen al-Kahtani wegen seiner vermuteten Rolle bei der „Planung und Ausführung“ des Mordes an dem „Washington Post“-Kolumnisten verhängt. Zudem drängt sie den saudiarabischen Thronfolger, seine Verbindungen zu ihm zu kappen. Ein Bruch könnte jedoch dadurch erschwert werden, dass al-Kahtani über brisante Staatsgeheimnisse verfügt.

Diplomaten der fünf UN-Vetomächte und der Türkei können den Prozess als Beobachter verfolgen, doch dürfen sie keine Übersetzer mitbringen zu den Sitzungen, die komplett auf Arabisch stattfinden. Auch Khashoggis Familie darf den Prozess verfolgen. Medienberichte über eine Einigung mit Kronprinz bin Salman hat sie dementiert. Einer der Söhne Khashoggis erklärte am Dienstag, er habe „volles Vertrauen“ in die Justiz des Königreichs.

Vor dem Jahrestag des Mordes sagte der Kronprinz, er übernehme „als Staatsführer in Saudi-Arabien volle Verantwortung“. Doch bestritt er erneut, die Tat angeordnet zu haben. Die UN-Berichterstatterin für außergerichtliche Tötungen, Agnès Callamard, sagte daraufhin, es sei nur selbstverständlich, dass er die „institutionelle Verantwortung“ trage. In ihrer Untersuchung hatte sie „glaubwürdige Beweise“ für die Verwicklung des Herrschers gefunden.

Derweil bleiben viele Kritiker des Kronprinzen in Haft, darunter Ludschain al-Hathlul und neun weitere Frauenrechtsaktivistinnen, die vergangenes Jahr wenige Wochen vor der Aufhebung des Fahrverbots für Frauen festgenommen worden waren. Al-Hathlul hat den Behörden vorgeworfen, sie ihn Haft gefoltert und sexuell belästigt zu haben. Die Behörden boten kürzlich an, sie freizulassen, wenn sie ihre Vorwürfe öffentlich dementiere.

Zwar hat König Salman seit dem Khashoggi-Mord wieder den Einfluss der alten Garde gestärkt, um seinen Kronprinzen stärker einzuhegen. Doch bleibt „die grundsätzliche Ausrichtung der Politik unverändert“, wie Kristin Diwan vom Arab Gulf States Institute in Washington sagt. „Es hat Festnahmen von anderen Intellektuellen und Aktivisten gegeben. Der Raum für Kritik an der Führung ist gewiss nicht größer worden.“ (afp)



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