Kein Handschlag für Baerbock: Jetzt äußert sich die Ministerin zum mutmaßlichen Eklat in Syrien
Feministische Außenpolitik – das ist nach dem Willen von Annalena Baerbock der rote Faden, der sich durch die deutsche Diplomatie zieht. Bei Ihrem Besuch in Syrien, wo seit vier Wochen Islamisten herrschen, kam es zu einem mutmaßlichen Eklat.
Machthaber Ahmed al-Scharaa, bis vor Kurzem im Westen als Terrorist geächtet, begrüßte die Außenministerin nicht per Handschlag, streckte aber ihrem französischen Kollegen Jean-Noël Barrot die Hand entgegen. Barrot erwiderte die Geste – wenn auch nur zögerlich. Baerbock blieb da nur, ihre eigenen Hände ineinanderzulegen und zu nicken.
Baerbock ahnte schon, dass es keinen Handschlag geben werde
Ist das Verhalten des Islamisten al-Scharaa, der neuerdings statt Militäruniform Anzug trägt, ein Ausdruck der Respektlosigkeit gegenüber der Grünen-Politikerin und seiner Frauenfeindlichkeit generell?
Ganz so einfach ist es nicht: Der Händedruck zwischen einem fremden Mann und einer fremden Frau ist in islamisch geprägten Gesellschaften unter Gläubigen unüblich – und aus Sicht mancher Rechtsgelehrter sogar verboten. Es gibt aber keine eindeutige Regel und keine dominierende, religiöse Sitte.
Baerbock sagte dazu später auf Nachfrage einer Journalistin, ihr sei bereits bei der Ankunft klar gewesen, „dass es hier offensichtlich nicht gewöhnliche Handschläge geben wird“. Barrot und sie hätten mit al-Scharaa jedoch ausführlich das Thema Frauenrechte erörtert. In dem Gespräch habe sie sehr deutlich gemacht, dass Frauenrechte ein Gradmesser dafür seien, wie frei eine Gesellschaft sei.
Aus Delegationskreisen war zu hören, dass al-Scharaa am Ende des Gesprächs noch mal die Hand ausgestreckt habe, es dann aber nicht mehr zu einem Handschlag gekommen sei.
Kein EU-Geld für neue islamistische Strukturen
Nach dem Treffen erklärte Baerbock, sie habe der neuen islamistischen Führung in Syrien das Angebot der Europäischen Union unterbreitet, dabei zu helfen, dass „das zukünftige Kapitel Syriens ein friedliches und freies wird“. Europa werde jedoch kein „Geldgeber neuer islamistischer Strukturen sein“, warnte sie.
Sie habe von vielen Syrern in Deutschland, in Damaskus sowie anderen Ländern gehört, dass diese nur nach Syrien zurückkehren und das Land wieder aufbauen würden, „wenn sicher ist, dass nicht nur ihr Leben, sondern gerade auch das Leben ihrer Kinder, ihrer Töchter sicher und frei“ sei. „Die Frage von Wiederaufbau, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Einbeziehung aller Gruppen hängt engstens miteinander zusammen“, betonte sie.
Eine Rückkehr Syriens in die internationale Gemeinschaft sei „kein Automatismus“, mahnte Baerbock. Auch dafür brauche es „einen innersyrischen Prozess, der nicht von außen gestört werden darf“, sagte die Ministerin mit Blick auf die Nachbarstaaten Syriens. Diese müssten die territoriale Integrität und Souveränität des Landes achten. „Syrien darf weder erneut zum Spielball fremder Mächte noch zum Experiment radikaler Kräfte“ werden.
„Essenziell“ sei auch die Sicherheit der Kurden. „Unsere Gesprächspartner und wir waren uns einig: Die Aufnahme von ersten Gesprächen mit den kurdisch dominierten SDF ist ein wichtiger erster Schritt in diese Richtung“, sagte Baerbock.
Die Skepsis erscheint vielen berechtigt: Al-Scharaa ist Anführer der islamistischen Rebellengruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die den Sturz von Langzeit-Herrscher Baschar al-Assad maßgeblich herbeigeführt hatte. Er war früher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Dscholani bekannt. Die Gruppe HTS ging aus der Al-Nusra-Front hervor, einem Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. (afp/dpa/red)
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