Kein echter Grenzschutz erlaubt: EuGH genehmigt Schleierfahndung an EU-Binnengrenzen nur mit Einschränkungen

Europäischer Gerichtshof entscheidet: Anlasslose Kontrollen zur Verhinderung der unerlaubten Einreise im Grenzgebiet oder an Bahnhöfen und in Zügen sind nur zulässig, wenn ihre "Intensität, Häufigkeit und Selektivität" rechtlich so geregelt ist, dass diese Kontrollen nicht die gleiche Wirkung wie die früheren Grenzübertrittkontrollen haben.
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Flüchtlingskrise in Europa.Foto: CHRISTOF STACHE/AFP/Getty Images
Epoch Times21. Juni 2017

Die Bundespolizei darf an den Grenzen zu EU-Nachbarstaaten Menschen ohne konkreten Anlass nur mit Einschränkungen kontrollieren.

Solche Kontrollen sind nur dann zulässig, wenn ein gesetzlicher Rahmen verhindert, dass diese Kontrollen in der Praxis die gleiche Wirkung haben wie die früheren stationären Grenzkontrollen, die mit dem Schengen-Abkommen abgeschafft wurden, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem am Mittwoch in Luxemburg verkündeten Urteil. (Az. C-9/16)

Ob dieser begrenzende gesetzliche Rahmen nach deutschem Recht vorliegt und anlasslose Kontrollen durch eine Verwaltungsvorschrift über „Bestimmungen zur grenzpolizeilichen Aufgabenwahrnehmung (Bras 120“ ausreichend regelt, muss nun das Amtsgericht im badischen Kehl nach Maßgabe der Luxemburger Richter prüfen.

Konkreter Anlass für die Anfrage der Amtsrichter war der Fall eines Manns, der vom französischen Straßburg kommend zu Fuß zum Bahnhof Kehl ging und sich gegen eine Kontrolle der Bundespolizei mit Gewalt wehrte. Wäre die Kontrolle unzulässig gewesen, könnte er nun nicht wegen Widerstands verurteilt werden.

Dem Luxemburger Urteil zufolge sind anlasslose Kontrollen zur Verhinderung der unerlaubten Einreise im Grenzgebiet oder an Bahnhöfen und in Zügen nur zulässig, wenn ihre „Intensität, Häufigkeit und Selektivität“ rechtlich so geregelt ist, dass diese Kontrollen nicht die gleiche Wirkung wie die früheren Grenzübertrittkontrollen haben.

Das Bundespolizeigesetz erlaubt allerdings Kontrollen im Grenzgebiet in einem Umkreis von 30 Kilometern, „ohne dass in dieser Bestimmung irgendeine Konkretisierung oder Einschränkung vorgesehen wäre“, heißt es im Urteil. Die Bundesregierung hatte vor dem Gerichtshof darauf verwiesen, dass solche Kontrollen laut einer anderen Vorschrift im Bundespolizeigesetz „verhältnismäßig“ sein müssten.

Zudem werde in der Verwaltungsvorschrift Bras 120 bestimmt, dass bei solchen Kontrollen „niemand aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung (…) diskriminiert“ werden dürfe. Diese Vorschrift regle darüber hinaus, dass bei Kontrollen die EU-Vorgaben des „Leitfadens für Grenzschutzbeamte“ aus dem sogenannten Schengen-Handbuch eingehalten werden müssten.

Ob all dies ausreicht, muss nun das Amtsgericht Kehl nach Maßgabe der Luxemburger Richter prüfen. Erst dann kann es entscheiden, ob sich der kontrollierte Grenzgänger wegen Widerstands gegen die Beamten strafbar machte. (afp)



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