Katargate: EU-Spitzenbeamter tritt nach Dienstreisen-Affäre zurück, doch bekommt nächsten Posten

Henrik Hololei, Leiter der Verkehrsabteilung der Europäischen Kommission, hat seinen Posten „auf eigenen Wunsch“ geräumt, nachdem bekannt wurde, dass er Freiflüge von der katarischen Regierung in Anspruch nahm, während seine Abteilung ein Luftverkehrsabkommen mit der Fluggesellschaft des Golfstaates aushandelte. Er rutscht direkt auf den nächsten Posten bei der EU.
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Rücktritt bei EU-Skandal: Freiflüge mit Qatar Airways. Qatar Airways.Foto: Stringer/EPA FILE/dpa/dpa
Von 3. April 2023

Über Gratisflüge gestolpert und jetzt die Treppe hoch: Henrik Hololei habe um Versetzung gebeten, verlautbarte ein Sprecher der EU-Kommission Mitte letzter Woche, wird jedoch weiterhin für die Kommission arbeiten. Die EU hat den 53-Jährigen auf dessen Wunsch hin mit einem Anschlussposten versorgt: Er wechsle von der Spitze der Generaldirektion Verkehr als Berater zur Generaldirektion Internationale Partnerschaften.

Gegen den estnischen Politiker läuft eine interne Untersuchung. Die EU-Kommission war Anfang März unter Druck geraten, weil Hololei mehrfach kostenlos in der Business-Class mit Qatar Airways geflogen sein soll, gerade als seine Generaldirektion ein Flugabkommen mit Katar aushandelte. Auch Hotelkosten wurden nach Angaben der Behörden übernommen. Zwischen 2015 und 2021 war Hololei neunmal kostenlos mit Qatar Airways in der Business-Class geflogen. Sechs dieser Reisen fielen in die heiße Verhandlungsphase des Open-Skies-Abkommen zwischen der EU und Katar. Von diesen sechs Flügen wurden vier von der Regierung von Katar oder assoziierten Gruppen bezahlt.

Hololei prüfte seine möglichen Interessenkonflikte selbst

Die EU-Kommission hatte zunächst Hololeis Entscheidung, die kostenlosen Flüge mit Qatar Airways in Anspruch zu nehmen, verteidigt. Nach Ansicht der EU waren alle Dienstreisen genehmigt und hätten in Übereinstimmung mit den EU-Vorschriften stattgefunden. Alle potenziellen Interessenkonflikte seien „sorgfältig geprüft und ausgeschlossen“ worden. Das Pikante dabei: Als Leiter der Generaldirektion war Henrik Hololei dafür zuständig, mögliche Interessenkonflikte zu prüfen – auch in solchen Fällen, die ihn selbst betreffen.

Am 6. März dann hatte die EU-Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly eine Untersuchung in dieser Angelegenheit eingeleitet und dabei zur Debatte gestellt, dass Hololeis Verhalten „die berechtigte Frage nach einer möglichen unzulässigen Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung der EU in diesem Bereich“ aufwerfe.

Nächste Skandalstufe bei Katargate gezündet

Die aktuellen Enthüllungen über Henrik Hololei kamen im Rahmen eines Korruptionsskandals im Europäischen Parlament ans Licht, bei dem Katar angeblich große Summen an EU-Abgeordnete gezahlt hat, um Entscheidungen der Volksvertreter im Europaparlament zu beeinflussen.

Die damalige EU-Vizeparlamentspräsidentin Eva Kaili, die immer noch in Untersuchungshaft sitzt, soll Bestechungsgelder von Katar angenommen haben und sich im Gegenzug wohlwollend für die Interessen des Emirats in der EU eingesetzt haben, auch beim umstrittenen Open-Skies-Abkommen, das den Luftverkehr zwischen den beiden Partnern liberalisieren soll.

Einige europäische Fluggesellschaften kritisieren, dass Qatar Airways bei diesem durch staatliche Subventionen einen unfairen Wettbewerbsvorteil habe. Seit Inkrafttreten des Abkommens im Jahr 2021 können Airlines aus Katar schrittweise mehr Flüge zwischen Katar und allen Ländern der EU aufnehmen. Ab dem Winter 2024/25 ist ein uneingeschränkter Zugang zum Europäischen Markt vorgesehen.

Vom Regen in die EU-Traufe

Jetzt ist Hololei aufgrund dieser Vorkommnisse von seinem aktuellen Posten zurückgetreten, hat aber direkt den nächsten bekommen: „Auf seinen Antrag hin hat das Kollegium beschlossen, Henrick Hololei als den Generaldirektor für Mobilität und Verkehr ab dem 1. April zu ernennen“, so Eric Mamer, Sprecher der EU-Kommission.

Nicht jeder EU-Abgeordnete schweigt zu dieser Vorgehensweise oder billigt diese. Einige Abgeordnete sind der Meinung, dass Hololeis Rücktritt allein nicht ausreichend sei und ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden sollte. So auch Daniel Freund, seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments als Teil der Fraktion der Grünen:

„Reicht es als Konsequenz aus, wenn er nur von einem Job zum anderen wechselt und im Grunde das gleiche Gehalt behält? Das glaube ich nicht. […]

Wir brauchen eine unabhängige Aufsicht, und wenn gegen die Regeln verstoßen wird, muss es Sanktionen geben, und nicht nur eine Umbesetzung, bei der die Leute auf einen anderen Posten mit demselben Gehalt versetzt werden.“



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