Kanada und Indien rücken näher zusammen

Signale zur Intensivierung der Handelsbeziehungen gesetzt
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Kanadas Premier Harper findet Gefallen an Indien: „Freie Menschen und freie Märkte sind untrennbar“.

Mit einer alternden Bevölkerung und einer schwerwiegenden Verknappung von Arbeitskräften sucht Kanada einen größeren Anteil an Indiens florierender Wirtschaft und Humankapital zu gewinnen. In diesem Prozess dürfte Kanada auch seine strategischen außenpolitischen Interessen an Asien definieren.

Mit einer Vereinbarung über den Schutz von Auslandsinvestitionen im vergangenen Sommer und einer in Arbeit stehenden Freihandels-Vereinbarung mit Indien nahmen die Geschäfte mit Indien an Schwung zu. Die kürzlich von Premierminister Stephen Harper gehaltene Eröffnungsrede bei der Canada India Foundation (CIF) in Toronto signalisiert vielleicht eine Rückkehr zu den goldenen Jahren der Beziehungen zwischen Kanada und Indien vor 1960. Harper kün-
digte die Eröffnung von zwei neuen Handelsniederlassungen in Hyderabad und Kalkutta sowie zusätzliche Beauftragte in den bestehenden Niederlassungen in Mumbai und Delhi an.

„Diese neuen Niederlassungen werden Kanadas Reichweite in Indien über unseren traditionellen Fokus auf den Norden hinaus ausweiten. Indiens Boom findet nicht nur in den nördlichen Gebieten statt, und Kanada muss dort sein, wo sich etwas bewegt.“, sagte Harper. In einer Rede sagte Harper, dass die zwei Länder ein „gemeinsames Erbe“ hätten, unter anderem ähnliche parlamentarische Demokratien, ein föderalistisches System und die Verwendung der englischen Sprache.
Indien sei erfolgreich, sagte Harper, weil „Pluralismus das Herz des Konzeptes für eine freie und demokratische Gesellschaft ist“, und um den Nutzen einer freien Marktwirtschaft weiß. „Freie Menschen und freie Märkte sind letztlich untrennbar“, sagte er. Im Kontext der Berichte von Chinas fortwährender Unterdrückung in Tibet, den Unruhen in Burma und Pakistan und den angespannten Beziehungen zwischen China und Kanada seit Harper im Amt ist, war die unausgesprochene Botschaft an die totalitären Regimes klar.

R.L. Narayan, der Hochkommissar für Indien in Kanada, sagte der Epoch Times, dass die Beziehungen zwischen den zwei Ländern „perfekt zusammen passen. Unsere bilateralen Grundlagen sind auf beiden Seiten sehr stark.“ Die Harper-Regierung „hat bei zahlreichen Gelegenheiten eine klare Priorität für Indien artikuliert“, sagte er, und darauf waren mehrere Besuche in Indien mit hochkarätigen Ministern gefolgt.

„Oase der Stabilität“

Ian Lee, der Leiter des MBA-Programms an der Sprott-School für Betriebswirtschaft an der Carleton-Universität in Ottawa sagte, dass Kanada Indien lange Zeit auf politischer Ebene praktisch ignoriert hätte. Doch die Situation werde jetzt korrigiert, und Indien sei jetzt „eine Oase der Stabilität“, mit einer Wachstumsrate von 8-9 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt. Und mit dem Einmotten der bisherigen protektionistischen Politik eröffneten sich neue Chancen.

Kanadas Beziehung zu China, das eine Wachstumsrate von 10 Prozent hat, ist zwar sehr wichtig und kann nicht ignoriert werden, doch sind die zwei Länder „in jeder Hinsicht sehr verschieden“, sagte Lee. China mit seinem starken Bestreben, sich zu einer Supermacht zu entwickeln, „steuert zunehmend rauere Gewässer an und zieht damit international prüfende Blicke auf sich. Alle politischen Parteien erkennen inzwischen, dass eine Beziehung mit China auf vielen Ebenen problematisch ist.“ Chinas Verstrickung mit der sudanesischen Regierung sowie den Menschenrechtsverletzungen in Tibet und China, unter anderem der Organraub bei Häftlingen, habe ihm viel Kritik eingebracht, sagte Lee. „Deshalb kann Kanada keine Politik unkritischer Unterstützung Chinas billigen.“

In den vergangenen Jahren hätten sowohl Kanada als auch die Vereinigten Staaten auf Änderungen der weltweiten politischen und wirtschaftlichen Realitäten reagiert, sagt er. Die Vereinigten Staaten sind Indiens größter Handelspartner. „Zunehmend ist Indien als Verbündeter und Partner sowohl von den USA als auch von Kanada erkannt worden.“ Als ein demokratisches Land habe Indien Mechanismen in der Zivilgesellschaft entwickelt, die für das Initiieren von Änderungen viel geeigneter sind und diese erleichtern. Indien gehe politisch keine riskanten Wege und künftige Regierungen würden dieselbe Richtung beschreiten, so Lee.

Indien klar vor China – Call-Center schaden der Umwelt im Vergleich zu Schwerindustrie nicht

Im Gegensatz dazu sei China „unbarmherzig starr gegenüber Veränderungen geblieben und wirtschaftliche und demographische Unterschiede und Spaltungen werden unterdrückt. Früher oder später wird das explodieren.“

Chinas Konzentration auf die Herstellung von Billigprodukten wird auch in Zukunft problematisch bleiben, weil die Umwelt und der Treibhauseffekt die Menschen unter Druck setzen, den Konsum zu reduzieren und Energien zu schonen. Indien habe sich andererseits auf Dienste wie Call-Center konzentriert, und solche Dienste seien umweltfreundlich, so Lee.

Elliot Tepper, Professor der Politologie, der sich an der Carleton-Universität auf asiatische Studien spezialisiert hat, sagt, während es unmöglich ist, China mit seinen 10 Prozent Wachstumsrate zu ignorieren, sei es sicher, dass Kanada sich entschieden hat, Indien mehr Aufmerksamkeit zu schenken. „China und Indien sind jedoch dabei, sich jenseits unseres bisherigen Bildes vom Status Quo zu verändern. Wie Kanada in diese dynamische, sich schnell verändernde und gespannte regionale Situation passt, das erfordert eine monatliche Überprüfung.“ Auf lange Sicht, so Tepper, sei Indien mit seinem demokratischen System gegen Erschütterungen besser gewappnet.

Kanadas Beziehung zu Indien hängt von einer Vielfalt von Sachverhalten ab, von denen einer die Forderung war, „das Problem der Atomtests vom Tisch zu räumen“, fügte Tepper hinzu. Die Beziehungen zwischen Kanada und Indien waren wegen dieser Angelegenheit von Mitte der 70iger bis Mitte der 80iger Jahre auf den Gefrierpunkt gesunken.

Narayan sagt, dass seit Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts mit der wirtschaftlichen Liberalisierung sich die Bedenken hinsichtlich der indischen Bürokratie, der Korruption und der Infrastruktur zerstreut hätten. Ein Beispiel sei das in Montreal ansässige Werk Bombardier, das im Juli 2007 einen 20-Jahresvertrag zum Bau von U-Bahnzügen für Neu-Delhi und andere Gebiete abschloss. Indien braucht Kanadas Sachverstand bei Autos und innovativer Kommunikations-Technologie, so Narayan. „Jeden Monat kommen bei uns fünf bis acht Million Mobil-Telefone dazu.“ In seiner Rede bei der Canada India Foundation erinnerte Harper die Geschäftswelt Südasiens daran, dass sie in Ottawa präsent sein müsste, und dass seine Regierung die Einwanderung durch Reformen beschleunige, damit Facharbeiter schneller ins Land könnten. Nach China ist Indien die zweitgrößte Einwanderer-Quelle für Kanada. Man schätzt, dass in Kanada eine Million Kanadier mit südasiatischer Herkunft wohnen. Indien ist in der Rangfolge der größten Auslandsmärkte für Kanada auf Platz vierzehn, während Kanada für Indien auf Rang vierundzwanzig steht. „Das lässt viel Raum für eine Steigerung“, sagte Harper.

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 21/08



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