Kalter Krieg zwischen USA und China – droht eine Eskalation?

Die Weltmächte USA und China befinden sich längst in einem Kalten Krieg, analysierte der Ökonom Roubini. Er erklärt, wann er zum Heißen Krieg werden kann. Auch der Welthandel ist dabei ein zentrales Schlachtfeld.
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Ein Machtkampf zwischen den USA und China ist im Gange, zwischen Demokratie und Diktatur.Foto: istockphoto/Elen11
Von 29. November 2022

China und die USA streiten schon seit Jahren um die Vormachtstellung in der Welt. Laut dem US-amerikanischen Ökonomen Prof. Nouriel Roubini befinden sich beide Großmächte bereits in einem neuen Kalten Krieg. Ein Krieg ohne militärische Waffen, dafür mit Propaganda, Drohungen und wechselseitiger Aufrüstung.

Wir befinden uns in einem neuen Kalten Krieg. Ich glaube, da widerspricht niemand mehr“, sagte Prof. Roubini von der Universität New York.

In einem Interview mit „ThePioneer“ erklärt Prof. Roubini, welche Faktoren einen Heißen Krieg, also einen möglichen dritten Weltkrieg entfachen könnten. Dabei erkennt er gleich mehrere globale Konfliktherde: den Ukraine-Krieg, ein nuklear aufrüstender Iran und der Kalte Krieg zwischen China und den USA.

Schlüsselfaktor Taiwan

Der Ökonom stellte zu Beginn fest, dass ein dritter Weltkrieg nicht mit absoluter Sicherheit eintreten muss. Er erörterte lediglich die bestehende geopolitische Spannung. Ein „Heißer Krieg“ zwischen Russland und der Ukraine bestehe bereits. Dieser militärische Konflikt könne aber schnell eskalieren, falls die NATO stärker darin involviert ist, so Prof. Roubini.

Da Russland im Donbass jüngst Verluste erlitt, könne der russische Staatschef Wladimir Putin sein Regime in Gefahr sehen. Auch das könne schon ein Grund für eine Eskalation mit nicht konventionellen Waffen sein.

Als wichtigen Schlüssel bezeichnet Prof. Roubini Taiwan. Falls China den Inselstaat tatsächlich angreifen sollte, könnte sich der Kalte Krieg zwischen den USA und China blitzartig in einen Heißen Krieg verwandeln. Denn beide großen US-Parteien, Demokraten und Republikaner, stehen hinter Taiwan und würden den Inselstaat im Ernstfall verteidigen.

Beenden autonome Autos den Welthandel?

Für die Autoindustrie nennt Prof. Roubini ein Beispiel: sobald die Autos autonom fahren können, würde das die Handelsbeziehungen der beiden Großmächte, aber auch Europas, in diesem Sektor grundlegend ändern. In jenem Interview erklärte er:

Glauben Sie, die Chinesen erlauben den europäischen Herstellern, in China Millionen autonome Autos zu verkaufen? Auf keinen Fall! Würden wir das in den USA oder in Europa erlauben? Natürlich nicht!“

Der Ökonom begründe dies damit, dass dann die USA innerhalb von Sekunden Chinas Transportnetzwerk lahmlegen könnte. Und China das der USA, sofern die USA autonome Autos aus China auf den Straßen hätte.

Dann wäre auch für die deutsche Autoindustrie China kein Markt mehr, sagt Prof. Roubini. „Wir müssen uns fragen, gibt es dann deutsche Fahrzeuge, die in China verwendet werden können? Meine Antwort ist nein. Die Chinesen werden es nicht erlauben.“

Aus diesen Gründen geht der Ökonom fest von einem deutlichen Rückgang des Welthandels aus, mit einer Tendenz zur Aufteilung der Welt in zwei Wirtschaftszonen.

Volkswagen weiter auf China-Kurs

Der Automobilriese Volkswagen scheint diese Befürchtung nicht zu haben und will weiterhin großzügig in China investieren. Der Konzern will sich an den chinesischen Markt anpassen, um langfristig eine Perspektive dort zu haben. „Wenn wir in der Region jetzt nicht mehr investieren, spielen wir auf diesem wichtigen Markt in drei Jahren keine Rolle mehr“, betonte der neue VW-China-Vorstand Ralf Brandstätter gegenüber dem „Handelsblatt“.

Dabei setzt der VW-Konzern verstärkt auf Elektromobilität. „In diesem Jahr wird jedes vierte Fahrzeug mit einem Elektroantrieb ausgestattet sein, 2023 schon jedes dritte. Das ist deutlich schneller als in ursprünglichen Prognosen“, sagte Brandstätter zufrieden.

VW engagiert sich bei der Entwicklungsarbeit sehr stark im Bereich der sogenannten „Smart Cars“. In diesem Segment spielt eben das autonome Fahren eine ganz zentrale Rolle. Der Konzern wolle da seine starke Position erhalten, die er in China in den vergangenen 40 Jahren erarbeitet habe, äußerte Brandstätter. Nur wer die Technologie des autonomen Fahrens beherrsche, bleibe wettbewerbsfähig. VW arbeite an dieser Entwicklung jetzt gemeinsam mit der KI-Firma Horizon Robotics.

Dabei setzt Brandstetter auf das enorme Wachstumspotenzial, das China biete. „Wir erwarten, dass der chinesische Automarkt bis 2030 weiterwächst. Experten rechnen mit 28 bis 30 Millionen verkauften Fahrzeugen pro Jahr.“ Allein dieses Wachstum sei doppelt so groß wie der gesamte deutsche Automobilmarkt.

China hat Deutschland überholt

Nach Einschätzung des China-Experten Gregor Sebastian vom Mercator Institute for China Studies (MERICS) hat die deutsche Automobilindustrie längst keine Vormachtstellung mehr. „Sicherlich steht die deutsche Autoindustrie in China vor großen Herausforderungen. Sie hinkt einige Jahre hinterher, gerade was E-Mobilität und autonomes Fahren angeht.“ Die deutsche Autoindustrie steckt in einer schwierigen Situation.

Man könnte auch von einer Lose-Lose-Situation sprechen. Das heißt, unabhängig davon, welche Entscheidung sie trifft, wird es Nachteile nach sich ziehen.“

Doch: „Bleibt sie in China, geht sie ein riesiges geopolitisches Risiko ein. Geht sie nicht tiefer hinein, wird sie eventuell über das nächste Jahrzehnt zwischen der chinesischen Konkurrenz und Tesla zerrieben.“



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