Japans Regierungschef bereitet Bevölkerung auf Ausnahmezustand vor
Angesichts des Anstiegs bei den Corona-Infektionszahlen in Japan will Ministerpräsident Shinzo Abe den Ausnahmezustand für mehrere Regionen ausrufen. „Wir beobachten im Moment rasante Zunahmen bei den Neu-Infektionen vor allem in urbanen Gegenden wie Tokio und Osaka“, sagte Abe am Montag vor Journalisten. Die Verkündung des Ausnahmezustands werde voraussichtlich bereits am Dienstag erfolgen, fügte er hinzu. Abe kündigte ferner ein riesiges Finanzprogramm zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Krise an.
Seine Regierung wolle die Menschen „für einen Zeitraum von etwa einem Monat“ um „weitere Kooperation bitten“ sowie darum, „Personenkontakte, die zu Infektionen führen können“, zu reduzieren, sagte Abe.
Ausnahmezustand gibt Japans Regierung keine Macht zur Aussetzung von Bürgerrechten
Im Ausnahmezustand dürften die Gouverneure der betroffenen Regionen den Bewohnern empfehlen, zu Hause zu bleiben und bestimmte Unternehmer darum bitten, ihre Geschäfte zu schließen. Zudem könnten die Gouverneure anordnen, dass bestimmte Gebiete oder Gebäude für medizinische Zwecke genutzt werden müssen.
Bindende Anordnungen dürfen die Gouverneure hingegen nicht verhängen. Das japanische Rechtssystem begrenzt die Möglichkeiten der Regierung stark, die Bewegungsfreiheit ihrer Bürger einzuschränken.
Japaner sind Rücksichtnahme gewohnt
„Wenn wir in Japan einen Ausnahmezustand verkünden, dann riegeln wir nicht Städte ab, wie das im Ausland geschehen ist“, betonte Abe. Experten hätten gesagt, dass „keine Notwendigkeit für einen solchen Schritt“ bestehe, fügte er hinzu. In Japan ist es, wie in vielen anderen asiatischen Ländern mit hoher Bevölkerungsdichte, durchaus normal Atemschutzmasken in der Öffentlichkeit zu tragen. Oft dient das nicht einmal dem eigenen Schutz, sondern dem der Mitmenschen, wenn jemand eine ansteckende Krankheit hat.
Die Gouverneurin von Tokio, Yuriko Koike, hat die Hauptstadtbewohner bereits aufgerufen, nach Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten und nicht zwingende Aktivitäten am Wochenende abzusagen. Viele Menschen schienen dem Aufruf Folge zu leisten. In den vergangenen Tagen war das öffentliche Leben in Tokio spürbar zurückgegangen, viele Geschäfte verkündeten freiwillige vorübergehende Schließungen.
In Tokio erhöhte sich die Zahl der Neu-Infektionen am Montag um 83. „Von einem medizinischen Standpunkt aus betrachtet sieht sich Tokio einem kritischen Zustand gegenüber“, sagte der Leiter des Ärzteverbands von Tokio, Haruo Ozaki. Erst am Sonntag hatten die Behörden in der Hauptstadt einen Anstieg der Infektionsfälle um 148 verzeichnet.
Bisher keine 10.000 Infektionen im Land bekannt
Landesweit wurden in Japan bisher 3650 Infektionsfälle gemeldet.
Abe legte am Montag ein Konjunkturpaket in Höhe von 108 Billionen Yen (850 Milliarden Euro) vor. Dies entspricht 20 Prozent des japanischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Abe sprach von einem „beispiellosen Maßstab“.
Der Wirtschaftswissenschaftler Naoya Oshikubo sagte allerdings, es gebe keine Garantie, dass dieses umfassende Konjunkturprogramm ausreichen werde, um eine Rezession in Japan zu verhindern. Japans Wirtschaft war bereits vor der Corona-Krise angeschlagen. Für Verluste im diesjährigen BIP dürfte auch die Verschiebung der Olympischen Spiele auf das kommende Jahr sorgen. (afp)
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