Italien: Senat billigt Direktwahl des Regierungschefs durch das Volk
Die Pläne für eine Verfassungsreform von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni haben eine erste Hürde genommen. Der italienische Senat billigte einen entsprechenden Gesetzentwurf der Regierung.
Direktwahl des Regierungschefs und Mehrheitsbonus
Die Verfassungsreform sieht vor, dass der Ministerpräsident in Zukunft nicht mehr vom Staatspräsidenten mit der Bildung einer Regierung beauftragt wird, sondern direkt vom Volk für fünf Jahre gewählt wird.
Außerdem soll ein Mehrheitsbonus von 55 Prozent für die meistgewählte Partei eingeführt werden. Mit diesem Bonus soll dem Wahlgewinner automatisch – auch wenn dieser nicht die absolute Mehrheit der Stimmen erhält – eine komfortable Mehrheit sowohl in Abgeordnetenkammer als auch Senat garantiert werden.
Der vom Senat gebilligte Gesetzentwurf zur Verfassungsänderung wird nun zur Abstimmung an die Abgeordnetenkammer gegeben. Der Gesetzentwurf erhielt am Dienstag mit 109 Stimmen nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit.
Es wird auch nicht erwartet, dass er in der Abgeordnetenkammer eine solche erhält. Es handelte sich also nur um einen ersten Schritt bis zur endgültigen Verabschiedung.
Für jede Verfassungsänderung ist in Italien eine Zweidrittelmehrheit in den beiden Kammern des Parlaments nötig. Sollte diese nicht zustande kommen, muss darüber in einem Referendum abgestimmt werden.
Zuletzt scheiterte der damalige Regierungschef Matteo Renzi 2016 an einem Verfassungsreferendum. Er musste daraufhin zurücktreten.
Aufruf zu vereinter Opposition
Die drei größten Oppositionsparteien demonstrierten am Dienstagabend mit Tausenden Anhängern gegen die Reform.
Elly Schlein von der sozialdemokratischen PD rief die chronisch zerstrittene Linke dazu auf, sich gegen das Vorhaben der Meloni-Regierung zu verbünden:
„Dies ist ein entscheidender Schritt in der italienischen und europäischen Geschichte. Seien wir bereit, geeint und geschlossen.“
An der Demonstration nahm ebenfalls der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung, Giuseppe Conte, teil.
Regierungschefin Meloni bezeichnete das Votum als ersten Schritt, um die Demokratie zu stärken.
Durch die Reform würde zudem den italienischen Institutionen Stabilität verliehen, was den Palastspielen ein Ende setzen und den Bürgern das Recht zurückgeben würden, zu wählen, von wem sie regiert werden, schrieb Meloni am Abend auf der Online-Plattform X (vormals Twitter).
Kritik an Vorhaben der Regierung
Die Regierung in Rom will mit der Reform gegen die chronische Instabilität italienischer Regierungen ankämpfen. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs hatte Italien insgesamt fast 70 Regierungen. Einig sind sich viele, dass deshalb das politische System reformiert werden muss.
Allerdings wird die Reform von Opposition und Verfassungsrechtlern kritisiert. Sie befürchten, dass Melonis Reform dem Parlament und dem Staatspräsidenten wichtige Kompetenzen entziehen könnte.
Die Rolle des Staatspräsidenten mit seiner ausgleichenden Schlüsselfunktion würde verringert. Sie bemängeln zudem, dass sich die Macht auf eine einzige Person konzentrieren und so das Machtgefüge auf den Kopf gestellt würde.
Meloni fast zwei Jahre an der Regierung
Im Herbst ist Meloni schon zwei Jahre an der Regierung. Seit Oktober 2022 regieren ihre Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) zusammen mit der konservativen Partei Forza Italia und der rechtspopulistischen Lega.
Die Durchschnittsdauer italienischer Regierungen liegt bei 18 Monaten – Meloni wäre dann für italienische Verhältnisse schon länger als üblich an der Macht.
Die Verfassungsreform als Lösung für die politische Instabilität war eines der wichtigsten Wahlversprechen des Regierungsbündnisses. (dpa/red)
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