Italien beschließt Amnestie für Impfverweigerer
Italien erlässt rund 1,7 Millionen Impfverweigerern die Geldbuße. Das hat das Parlament in der vergangenen Woche per Dekret beschlossen, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Doch um die Amnestie ist ein heftiger Streit entbrannt, weil nicht alle Bestraften davon profitieren.
Nur rund drei Prozent haben das Bußgeld bezahlt
Die Impfpflicht führte die damalige „Expertenregierung“ unter Ministerpräsident Mario Draghi im Januar 2022 ein. Sie galt für alle Menschen über 50 Jahre. Außerdem wurden – wie in Deutschland – Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Gesundheitswesen zur Impfung verpflichtet. Ebenso galt dies für Mitarbeiter im Bildungswesen und bei den Sicherheitskräften.
Wer der Anordnung nicht nachkam, dem flatterte ein Bußgeldbescheid über 100 Euro ins Haus, zahlbar binnen 60 Tagen. Laut FAZ erledigten das aber nur 55.000 (rund drei Prozent). Sie sollen ihr Geld nicht zurückbekommen, während denen, die den Bescheid ignorierten, die Strafe nun erlassen wird.
Das könnte zur Folge haben, dass die, die leer ausgehen, vor Gericht klagen könnten. Die Impfpflicht samt Bußgelddrohung stand offenbar rechtlich ohnehin auf wackeligen Füßen, da viele Ausländer, die in Italien gemeldet sind, gar keine Aufforderung zur Impfung erhielten. Auch war die Impfpflicht zum Zeitpunkt des Versandes der Bußgeldbescheide schon wieder außer Kraft. Weil die Regierung die Pandemie zuvor für beendet erklärt hatte, lief sie Ende August 2022 aus. Damals regierte Giorgia Meloni bereits das Land und setzte die Bußgeldbescheide umgehend aus.
Amnestie eine Ermunterung für Gesetzesbrecher?
Ihr parteiloser Gesundheitsminister Orazio Schillaci begründet die verordnete Amnestie mit der Ersparnis hoher Kosten, die angesichts unzähliger Beschwerdeverfahren gegen das Bußgeld drohten. Die linken Oppositionsparteien sehen das anders und beklagen, dass dem Staat so 170 Millionen Euro entgehen würden. Die Sozialdemokratin und Oppositionsführerin Elly Schlein kritisierte zudem, dass die Amnestie eine Ermunterung für Gesetzesbrecher und Steuerhinterzieher sei. Giuseppe Conte (Fünf-Sterne-Bewegung) sprach von einem „Schlag ins Gesicht von Wissenschaft und Anstand“. Conte hatte als damaliger Regierungschef in einer sehr frühen Phase der Pandemie im März 2020 den ersten und schärfsten Lockdown in einem EU-Staat verhängt.
Uneinigkeit herrscht auch innerhalb der Regierungskoalition. Zustimmung gibt es zwar von Melonis Partei Fratelli d’Italia und der rechtsnationalen Lega, doch die Forza Italia lehnt den Beschluss ab.
Kritik kommt auch aus der Wissenschaft. So berichtet die italienische Tageszeitung „Corriere della Sera“, dass sich die in Rom ansässige Nationale Akademie von Lincei gegen die Amnestie stellt. Bleibe es bei der Amnestie, werde die Impfpflicht zu einer Wahlmöglichkeit herabgestuft. Dies könne „schwerwiegende, negative Folgen“ für die gesamte Gesellschaft haben. „Ferner würde eine faktische Nicht-Sanktionierbarkeit der Pflichtimpfung jeden ernsthaften staatlichen Plan zur Vorbereitung auf eine mögliche, bevorstehende Pandemie von Grund auf unterminieren“, heißt es in einem Schreiben der 1603 gegründeten, renommierten Akademie, die derzeit Prof. Roberto Antonelli leitet.
„La Repubblica“ zitiert ebenfalls aus dem Schreiben der Akademie. Darin wird erinnert an „die unbestreitbare klinische Wirksamkeit und Sicherheit der während der Covid-19-Pandemie entwickelten Impfstoffe, insbesondere des zum Zeitpunkt der Impfpflicht verwendeten mRNA-Impfstoffs“. Verlässliche Schätzungen, so die Akademie weiter, „deuten darauf hin, dass die Impfkampagne auf europäischer Ebene mindestens 10 Millionen Menschenleben gerettet hat, insbesondere bei älteren und gebrechlichen Menschen“.
Abschließend heißt es in der Stellungnahme, die Akademie „hofft auf ein verantwortungsvolles Überdenken einer so fragwürdigen Entscheidung“.
Aufarbeitung in Deutschland beschränkt sich auf Länder
In Deutschland gibt es auf Bundesebene bislang keine Aufarbeitungsbestrebungen. Bisher konnten sich die Bundestagsfraktionen nicht auf die Vorgehensweise einigen. In Bayern will Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Zuge einer Amnestie alle laufenden Corona-Bußgeldverfahren im Freistaat einstellen.
Einige Bundesländer haben Ausschüsse zur Aufarbeitung ins Leben gerufen. Brandenburg war das erste Land, das auf Antrag der AfD einen Untersuchungsausschuss eingerichtet hatte. In Sachsen gibt es seit Oktober 2024 einen Untersuchungsausschuss, der auf einer Initative von AfD und BSW beruht. In Thüringen hatten sich CDU und BSW für einen U-Ausschuss zusammengetan, von der AfD kam ein eigener Antrag. Nun wird eine Zusammenlegung geprüft. Wiebke Muhsal, die AfD-Obfrau für den Ausschuss erklärte:
Es wäre wünschenswert, wenn es zu einem Untersuchungsgegenstand nur einen Ausschuss gebe. Darin sollten sich dann aber alle Aspekte wiederfinden, die von den Fraktionen als wichtig eingeschätzt werden.“
Im Sommer gab es durch eine AfD-Initiative auch grünes Licht für einen Untersuchungsausschuss in Hessen. Allerdings hat dieser Aufgrund von Uneinigkeiten über den Umfang der Aufarbeitung sowie die Zahl der Mitglieder seine Arbeit noch nicht aufgenommen. Der eingereichte Antrag enthielt insgesamt 43 Punkte, die die AfD-Fraktion untersucht haben wollte. Die anderen Parteien im Landtag haben ihn auf sieben Punkte reduziert, wie Epoch Times berichtete. Dagegen hat die AfD Klage eingereicht.
Hessen: CDU und SPD mit eigener Initiative
Indessen hat der hessische Landtag vor gut einer Woche beschlossen, die Coronazeit auf andere Art und Weise aufzuarbeiten. Wie die „Hessenschau“ berichtet, kam der Vorschlag aus den Reihen der Koalition von CDU und SPD. Während sich die Grünen dem anschlossen, enthielt sich die FDP. Die Liberalen sprachen von einer halbherzigen Aktion. Die AfD stimmte dagegen. Sie warf der Landesregierung ein Ablenkungsmanöver vor.
„Welche Lehren ziehen wir aus der Pandemie und wie bereiten wir uns in Hessen auf ähnliche Krisen vor?“, lautet die Leitfrage der dreistufigen Aufarbeitung, in deren Verlauf auch 50 ausgewählte Bürger zu ihren Erfahrungen während der Pandemie befragt werden. Ziel ist, „für künftige Fälle gut aufgestellt zu sein“.
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