Den Haag erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu – USA weist Entscheidung zurück

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, den ehemaligen israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant sowie den Militärchef der Hamas erlassen. Die US-Regierung weist den internationalen Haftbefehl gegen Netanjahu zurück.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärt, dass ein Stopp des iranischen Atomprogramms ein vorrangiges Ziel bleibt.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.Foto: Abir Sultan/Pool European Pressphoto Agency/AP/dpa
Epoch Times21. November 2024

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hat Haftbefehle gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, den ehemaligen israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant sowie den Militärchef der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas, Mohammed Deif, erlassen.

Der Haftbefehl gegen Netanjahu und Gallant sei am Donnerstag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen ergangen, die im Zeitraum vom 8. Oktober 2023 bis mindestens 20. Mai 2024 begangen worden seien, teilte das Tribunal mit Sitz im niederländischen Den Haag mit. In einer weiteren Mitteilung hieß es, auch gegen Deif sei Haftbefehl erlassen worden.

Borrell sieht Entscheidung als „rechtsverbindlich“, US-Regierung verurteilt sie scharf

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat alle Mitgliedsländer aufgerufen, den internationalen Haftbefehl gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und andere Verantwortliche zu achten. Die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag sei rechtsverbindlich, sagte Borrell am Donnerstag in der jordanischen Hauptstadt Ammann. Alle EU-Staaten seien als Vertragsparteien „verpflichtet, die Gerichtsentscheidung umzusetzen“.

Die US-Regierung hat dagegen die Entscheidung des IStGH gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu scharf verurteilt. Washington sei „tief besorgt über die Eile des Anklägers, Haftbefehle zu beantragen, und die beunruhigenden Verfahrensfehler, die zu dieser Entscheidung geführt haben“, erklärte ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates am Donnerstag in Washington. Aus Sicht der US-Regierung sei der IStGH „in dieser Angelegenheit nicht zuständig“.

Netanjahu will Druck nicht nachgeben

Israelische Politiker und Regierungsmitglieder haben die Haftbefehle gegen Premierminister Benjamin Netanjahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant stark kritisiert. Israels Minister für nationale Sicherheit Itamar Ben Gvir bezeichnete das Gericht in einem Beitrag auf der Plattform X als „durch und durch antisemitisch“. Weiter schrieb er, dass er den Premierminister im gerechten Krieg unterstütze.

Der ehemalige Premierminister Naftali Bennet schrieb auf X, die Entscheidung sei eine „Schande für den IStGH“. Netanjahus Büro veröffentlichte eine Erklärung, in der es hieß, der Premierminister werde „dem Druck nicht nachgeben“, bis alle Kriegsziele Israels erreicht seien.

Mutmaßliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Der Chefankläger des Gerichts, Karim Khan, hatte am 20. Mai wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit und mutmaßlicher Kriegsverbrechen Haftbefehle gegen Netanjahu, seinen damaligen Verteidigungsminister Gallant sowie gegen drei Anführer der Hamas beantragt.

Die israelische Armee hatte zwar erklärt, Deif Mitte Juli bei einem Luftangriff im Gazastreifen getötet zu haben. Die Hamas hat den Tod Deifs jedoch nicht bestätigt. Jahja Sinwar, Hamas-Führer im Gazastreifen, und der politische Chef der Hamas, Ismail Hanija, wurden in den vergangenen Monaten von Israel getötet.

Der IStGH hat keine eigene Polizei, um seine Haftbefehle durchzusetzen, und ist deshalb auf die Kooperation der 124 Mitgliedstaaten angewiesen. Sie sind theoretisch verpflichtet, die Gesuchten festzunehmen, sobald sie sich in ihrem Staatsgebiet aufhalten. Dies könnte Reisen von Netanjahu und Gallant etwa in die EU erschweren. Israels wichtigster Verbündeter, die USA, sind jedoch kein Mitglied des IStGH, müssen die Haftbefehle also nicht vollstrecken. (afp/red)



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