Israels miserable Öffentlichkeitsarbeit

Titelbild
Die jüdische Siedlung Pisgat Zeev liegt in Ost-Jerusalem hinter einem Teil der israelischen Sperranlage. Die Bautätigkeit in jüdischen Siedlungen in Jerusalem wurde von US-Behörden als ein Hindernis für die Wiederbelebung des Friedensprozesses bezeichnet.Foto: Ahmad GHARABLI / AFP / Getty Images
Von 5. Januar 2011

Israels Ansehen in der Öffentlichkeit ist miserabel. Wie Elie Wiesel einmal scherzte: „Juden sind in fast jedem Beruf außer der Öffentlichkeitsarbeit hervorragend, aber dies sollte uns nicht überraschen: Als Gott die Juden aus Ägypten befreien wollte, entsandte er den stotternden Moses.“

Allerdings besteht Israels Problem heute nicht darin, dass seine Staatsoberhäupter stottern, sondern vielmehr darin, dass sie es versäumen, Führungsstärke zu zeigen, wenn es darum geht, den arabisch-israelischen Konflikt zu beenden. Dadurch signalisieren sie der internationalen Gemeinschaft, dass sich Israel nicht darum kümmert, was die Welt denkt, und dass es eigentlich keinen Frieden möchte.

Israels Problem mit der Öffentlichkeitsarbeit ist nicht auf einen Mangel an Aufmerksamkeit zurückzuführen.

Die ganze Welt schaut Israel genau zu, aber ihr gefällt nicht, was sie dort sieht. In den vergangenen Wochen erlebte die Weltgemeinschaft, wie die Siedler fast täglich palästinensischen Besitz im Westjordanland verwüsteten und die Ausgrenzung von in Israel lebenden Minderheiten. Sie erlebte auch, wie Außenminister Avigdor Lieberman eine anstößige Rede vor den Vereinten Nationen hielt und dass sich die Regierung weiterhin weigert, den Siedlungsbau zu stoppen, um die Rahmenbedingungen für Friedensverhandlungen zu verbessern, trotz beispielloser Ermutigungen aus den Vereinigten Staaten, dies zu tun.

Ganz abgesehen vom Ausmaß der Fehler, die die israelische Regierung im vergangenen Jahr in der Öffentlichkeit beging. So beleidigte Vize-Außenminister Danny Ayalons den türkischen Botschafter und Israel setzte eine harte Blockade des Gaza-Streifens durch – die inzwischen gelockert wurde – was die internationale Gemeinschaft als Kollektivbestrafung der Bevölkerung von Gaza wahrnahm.

All dies trug dazu bei, PR-Kampagnen in Bezug auf die sehr reale Bedrohung für die Sicherheit Israels, seine hervorragenden Beiträge zur Informatik und zu Technologien im Gesundheitswesen sowie seine führende Stellung bei der Umsetzung humanitärer Hilfsmaßnahmen in Zeiten der Krise, wie im Fall Haiti, zu untergraben. Schließlich isoliert sich Israel jeden Tag mehr und erscheint zunehmend als unnachgiebiger Faktor, der verhindert, dass der Friedensprozess im Nahen Osten Fortschritte macht.

Resignierte Israelis

Angesichts zunehmender Kritik und Delegitimierungskampagnen glaubt die israelische Bevölkerung immer weniger daran, in irgendeiner Weise ihr öffentliches Image verbessern zu können. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage, die im August von der Universität Tel Aviv und vom israelischen Demokratieinstitut durchgeführt und veröffentlicht wurde, ergab, dass 56 Prozent der Israelis glauben, dass „die ganze Welt gegen uns ist.“

Noch mehr Israelis – nämlich 77 Prozent der Befragten – glauben, dass egal, was Israel tun wird um zu versuchen, den Konflikt mit den Palästinensern zu lösen, die Welt weiterhin kritisch bleiben wird.

Dies sind beunruhigende Statistiken mit erheblichen Auswirkungen auf die Öffentlichkeitsarbeit Israels und, was noch wichtiger ist, auf seine Politik. Es sieht so aus, als ob Israels Politik und Öffentlichkeitsarbeit einfach nicht zum Rest der Welt passen. Dies führt dazu, dass Israel wichtige politische Projekte nicht vorantreibt, und dass es vernachlässigt, seine Botschaft zu kommunizieren, wo es am wichtigsten ist.

Aber Israel kann sich nicht einerseits darüber beklagen, dass es diskriminiert wird und andererseits der Welt seinen Standpunkt nicht erklären.

Die Verschlechterung der israelisch-türkischen Beziehungen ist dafür ein Paradebeispiel. In der Zeit zwischen 2005 und 2009 schien Israel der türkischen Öffentlichkeit nur ganz vereinzelt die Antwort auf die Raketenangriffe der Hamas erklären zu wollen. Die türkische Öffentlichkeit wurde zunehmend kritischer. Israel führte diese Entwicklung darauf zurück, dass die neue islamische orientierte AK-Partei an die Macht kam, erkannte aber nicht, dass es an seiner eigenen schlechten Öffentlichkeitsarbeit (oder Politik) lag.

Anstatt schließlich zu versuchen, seine Kommunikation und seine Beziehungen durch eine angepasste Politik zu verbessern, ignorierte Israel seinen langjährigen Verbündeten und, was noch schlimmer ist, beleidigte ihn auch noch. Statt mit stiller Diplomatie auf die verbalen Attacken des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan zu reagieren und sich gleichzeitig auf eine gut geführte PR-Kampagne zu konzentrieren, um die öffentliche Wahrnehmung in der Türkei zu verbessern, bestellte Israels stellvertretender Außenminister den türkischen Botschafter ein, und ließ ihn vor der Presse auf einen niedrigeren Stuhl sitzen.

Nach der Flottillen-Affäre versäumte es Israel, sich zu erklären und zögerte zu lange damit, die Kommission zu informieren, die durch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ernannt wurde, wodurch sein Image weiterhin beschädigt wurde.

Uneinigkeit

Viele Fehler in der Öffentlichkeitsarbeit Israels sind heute auf die Uneinigkeit der Regierungskoalition in Israel zurückzuführen. Man sollte sich Folgendes vor Augen halten: Israels Außenminister Avigdor Liebermans Aufgabe besteht darin, als Botschafter Israels in die ganze Welt zu reisen. Laut einer aktuellen Umfrage in der israelischen Zeitung Yediot Aharonot halten ihn 60 Prozent der Israelis für den Politiker, der „für die steigenden extrem nationalistischen und rassistischen Tendenzen“ im heutigen Israel vorwiegend verantwortlich ist.

Seine Rede vor den Vereinten Nationen, für die er anschließend von Ministerpräsident Netanjahu getadelt wurde, veranschaulichte die gemischte Botschaft Israels an die internationale Gemeinschaft und die Trennung innerhalb der derzeitigen Koalition Israels.

In der Tat beschädigte Uneinigkeit in der Regierungskoalition erheblich Israels Öffentlichkeitsarbeit in zwei wichtigen Arenen: in New York, wo die Öffentlichkeitsarbeit und die Kommunikation mit der amerikanischen jüdischen Gemeinde kritisch ist, und bei den Vereinten Nationen, wo Israel täglich einen Ansturm von Kritik und Rufschädigung erlebt.

Ministerpräsident Netanjahu und Außenminister Lieberman konnten sich nicht einmal darüber einigen, wer als Generalkonsul in New York oder Botschafter bei den Vereinten Nationen dienen sollte. Erst vor kurzer Zeit wurde der israelische Botschafter in Kolumbien, Meron Reuben, der die Position eines vorläufigen Botschafters Israels in der UNO ausfüllte, schließlich als ständiger UN-Botschafter eingesetzt.

Wenn sich Netanyahu und Lieberman nicht einmal rechtzeitig über den Posten des Botschafters einigen konnten, wie können sie sich dann auf eine zusammenhängende, positive Botschaft einigen, geschweige denn eine konstruktive Politik? Ohne einen klaren Standpunkt wird Israels Image großer Schaden zugefügt.

Schlechte PR zu Hause

Die israelische Öffentlichkeit gibt sich nicht der Illusion hin, die Friedensbemühungen könnten sein Ansehen in der Welt verbessern. Die Uneinigkeit innerhalb der Regierung verschärft Israels Probleme mit der historischen Öffentlichkeitsarbeit in der ganzen Welt noch weiter.

Aber Israel geht auch zu Hause ungeschickt mit der Öffentlichkeitsarbeit um. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage ergab, dass sich die Israelis weiterhin der arabischen Friedensinitiative widersetzen. Während 56 Prozent der befragten Israelis den Plan ablehnen, unterstützen ihn 57 Prozent der befragten Palästinenser.

Die Mehrheit der Israelis erkennt die Chance nicht, die die arabische Friedensinitiative darstellt. Denn sie ist ein historischer Richtungswechsel weg von den „Drei Neins“ der Arabischen Liga bei der Khartum-Konferenz von 1967, in der sie erklärte: „Nein zu Verhandlungen, nein zur Anerkennung, nein zum Frieden“.

Statt diesen Plan als ein wirksames Instrument zu vermarkten, um über ein Ende des Konflikts zu verhandeln, hat die israelische Regierung die Friedensbemühungen der Arabischen Liga weitgehend ignoriert und die Öffentlichkeit folgte diesem Beispiel. Schließlich erhält die internationale Gemeinschaft eine klare Botschaft: Die Palästinenser und die arabischen Staaten wollen den Frieden, Israel aber nicht.

Dieses Versäumnis ist mehr als nur eines im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Denn die israelische Regierung trägt die Verantwortung alles Mögliche zu tun, um den Konflikt zu beenden und Israel die notwendige Sicherheit zu bieten.

Manche mögen argumentieren, Israels Öffentlichkeitsarbeit wäre nie besser gewesen.

Ministerpräsident Netanjahu wird von vielen Israelis als Meister der PR angesehen. Der Posten des israelischen Botschafters in den Vereinigten Staaten, eine der wichtigsten Positionen, um Israel bei seinem wichtigsten Verbündeten zu repräsentieren, hat der angesehene Akademiker und Historiker Michael Oren inne.

Aber obwohl Netanyahu und Oren die englische Sprache beherrschen, können sie nicht den negativen Eindruck wettmachen, den Außenminister Lieberman hinterlässt.

Und unter einer Regierung, die keine positive Botschaft vermittelt, die sich nicht für die Friedenssicherung einsetzt und in Zeiten der Verständigung und der Differenzen gut mit ihren Verbündeten kommuniziert, wird das Ansehen Israels weiterhin leiden.

Die israelische Öffentlichkeit steht dem Verständnis der internationalen Gemeinschaft gleichgültig gegenüber. Und das zu einer Zeit, in der Israel eine verstärkte Delegitimierungskampagne rund um den Globus erwartet. Israels miserable Öffentlichkeitsarbeit gefährdet die Aussichten auf Frieden und die Sicherheit Israels. Um wirksam etwas gegen die Auswirkungen dieser Kampagnen zu unternehmen, sollte Israel der internationalen Gemeinschaft klare und positive Botschaft übermitteln, woran es heute noch mangelt.

Alon Ben-Meir ist Professor für internationale Beziehungen am Center for Global Affairs an der NYU. Er leitet Kurse für internationale Verhandlungen und Studien des Nahen Ostens.

Artikel auf Englisch: Israel Needs to Correct Dismal Public Relations

 

 



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