Die aktuelle Lage – Israel nennt UN-Chef „Gefahr für den Weltfrieden“

Die israelische Armee hat das Haus von Hamas-Anführer Jahja Sinwar in Chan Junis umzingelt, er gilt als einer der Drahtzieher des Überfalls auf Israel. Israels Regierung wehrt sich gegen einen Brief von António Guterres.
Titelbild
Aufnahme des Gazastreifens aus Südisrael, im Vordergrund ein militärischer Transporthubschrauber des Typs Black Hawk, 6. Dezember 2023.Foto: Jack Guez/AFP über Getty Images
Epoch Times7. Dezember 2023

Israels Armee lieferte sich in der Nacht zum Donnerstag in der Stadt Chan Junis nach eigenen Angaben schwere Gefechte mit Kämpfern der radikalislamischen Hamas.

Augenzeugen berichteten von Soldaten, Panzern, Bulldozern und gepanzerten Mannschaftswagen im Zentrum der zweitgrößten Stadt des Küstenstreifens. Regierungsangaben zufolge wurde das Haus von Hamas-Anführer Jahja Sinwar umstellt.

Tunnel von Hamas-Anführer umzingelt

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte in einer Videobotschaft, die Armee habe das Haus von Hamas-Anführer Jahja Sinwar in Chan Junis umzingelt. Dieser versteckt sich laut Armee-Sprecher Daniel Hagari in einem der Tunnel „unter der Erde“. Der 61-jährige Sinwar gilt als einer der Drahtzieher des beispiellosen Überfalls der Hamas auf Israel am 7. Oktober. 23 Jahre seines Lebens verbrachte er in israelischen Gefängnissen.

Jihia al-Sinwar könne fliehen, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, „aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir ihn finden“.

Die israelische Armee erklärte, sie habe „die Verteidigungslinien“ der Hamas zerstört und mehrere „Terroristen eliminiert“. Zudem seien in der Umgebung von Chan Junis „30 Tunneleingänge“ zerstört worden.

Die Hamas teilte über den Onlinedienst Telegram mit, dass ihr bewaffneter Arm, die Essedin-al-Kassam-Brigaden, „gewaltsam gegen die Besatzungstruppen“ vorgehe.

Guterres geht zum UN-Sicherheitsrat – Israel: UN-Chef „Gefahr für den Weltfrieden“

UN-Generalsekretär António Guterres warnte in einem Brief an den UN-Sicherheitsrat vor einem Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung im Gazastreifen. Dadurch könne „selbst eine begrenzte humanitäre Hilfe“ unmöglich werden, fügte er hinzu.

„Ich wiederhole meinen Aufruf, dass ein humanitärer Waffenstillstand ausgerufen werden muss. Das ist dringend. Der zivilen Bevölkerung muss größeres Leid erspart bleiben“, schrieb er an den Sicherheitsrat und berief sich auf Artikel 99 der UN Charta.

Artikel 99 erlaubt dem Generalsekretär, den Sicherheitsrat auf „jede Angelegenheit hinzuweisen, die seiner Meinung nach die Gewährleistung von internationalem Frieden und Sicherheit gefährden kann“ und ist nach Angaben der UN seit Jahrzehnten nicht mehr angewandt worden. Guterres griff zum ersten Mal in seiner Amtszeit auf diese Möglichkeit zurück.

Als Reaktion auf Guterres‘ Brief erklärte Israels Außenminister Eli Cohen im Onlinedienst X (Twitter), der UN-Chef sei eine „Gefahr für den Weltfrieden“. Und: Guterres Amtszeit gefährde den Weltfrieden. „Sein Antrag auf Aktivierung von Artikel 99 und der Aufruf zu einem Waffenstillstand in Gaza stellen eine Unterstützung der Terrororganisation Hamas dar“, schrieb Cohen

Jeder, der den Weltfrieden unterstützt, muss die Befreiung Gazas von der Hamas unterstützen.“

Direkte Folgen hat eine Berufung auf den Artikel nicht. Es sei aber zu erwarten, dass der Sicherheitsrat noch diese Woche zusammenkomme, so ein Sprecher.

Unterdessen teilte Israel Kriegskabinett mit, die Einfuhr von Treibstoff in den Süden des Gazastreifens zu erhöhen. Um einen „humanitären Kollaps“ und den „Ausbruch von Epidemien“ zu verhindern, sei eine „minimale“ Erhöhung der Treibstoffmenge genehmigt worden, erklärte das Büro von Regierungschef Netanjahu im Onlinedienst X.

„Eines der größten Waffenlager“ entdeckt

Derweil entdeckte die israelische Armee im Norden des Gazastreifens nach eigenen Angaben ein riesiges Waffenlager „in der Nähe eines Krankenhauses und einer Schule“.

Es handele sich um „eines der größten Waffenlager“, das jemals im Gazastreifen entdeckt worden sei, teilte das Militär mit. Weiter hieß es, dass drei israelische Soldaten am Mittwoch bei Kämpfen getötet worden seien.

Angesichts der Ausweitung der Kämpfe kommen die in den Süden geflüchteten Bewohner des Gazastreifens immer mehr in Bedrängnis. Die israelische Armee hatte ihre Bodenoffensive zunächst auf den Norden des Gazastreifens konzentriert und die dortige Bevölkerung aufgerufen, sich im Süden des Küstenstreifens in Sicherheit zu bringen. Zahlreiche Menschen waren daher nach Chan Junis geflohen. UN-Angaben zufolge wurden mittlerweile 1,9 Millionen Palästinenser innerhalb des Gazastreifens vertrieben.

„Wohin sollen wir gehen, um Himmels willen? Wir haben Chan Junis Yunis verlassen und sind jetzt in Zelten in Rafah“, sagte Chamis Al-Dalu der AFP. Er war zunächst aus der Stadt Gaza nach Chan Junis geflohen, wegen der Kämpfe dort musste er aber weiterziehen.

Berichten von Augenzeugen zufolge sind Tausende Familien nun von Chan Junis nach Al-Mawasi geflohen. Auch dort fehlten Nahrungsmittel, Wasser und Unterkünfte. „Es gibt keine ’sichere‘ Zone. Der ganze Gazastreifen ist zu einem der gefährlichsten Orte der Welt geworden“, so das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) auf X.

Die nächste Phase der Kämpfe im Gazastreifen drohe Zehntausende von Zivilisten nach Rafah nahe der ägyptischen Grenze zu treiben, berichtete das „Wall Street“ am Mittwochabend (Ortszeit) weiter.

Ägypten habe die Sicherheitsabsperrungen an der Grenze zum Gazastreifen verstärkt. Auch die Hafenstadt Al Arish, etwa eine Autostunde westlich von Rafah, sei abgeriegelt worden. Diese sei zur Sammelstelle für humanitäre Hilfsgüter für den Gazastreifen geworden.

Warum nimmt die arabische Welt keine Bewohner des Gazastreifens auf?

Obwohl die arabischen Staaten, einschließlich Länder wie Ägypten, Jordanien, Syrien und der Libanon, Sympathie für die Hamas und die Bewohner des Gazastreifens hegen, weigern sie sich, diese aufzunehmen.

Was die Araber tatsächlich über die Palästinenser dächten, zitierte der schweizer „Blick“ im November unter Berufung auf einen ägyptischen Bürger in einem Bericht von „The Insider“. Jener sagte: „Wachhunde werden im Garten an der Leine gehalten, nicht im Schlafzimmer. Sie sollen deine Feinde bedrohen, nicht deine Kinder.“ Und weiter: „Die ‚Hunde‘ sollen Israel gefährden, nicht Ägypten.“

Die Staaten befürchten, dass eine dauerhafte Vertreibung der Menschen im Gazastreifen zu einer Destabilisierung der Region führen könnte. Einige Länder befürchten, dass Hamas-Unterstützer sich mit ideologisch ähnlichen Dschihadisten zusammentun könnten. 

In Jordanien besteht bereits ein Drittel der Bevölkerung aus Gaza oder dem Westjordanland. Auch Ägypten will keine aufnehmen, weil die ägyptische Armee sich schon jetzt mit Mitgliedern von Al-Kaida und dem Islamischen Staat auseinandersetzen muss. Die Golfstaaten wollen ihrerseits nur Reiche einlassen – wie die Hamas-Führer.

Auch Huthi-Rebellen greifen Israel direkt an

Unterdessen haben auch die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen nach eigenen Angaben Gebiete in Israel angegriffen. „Eine Ladung ballistischer Raketen“ sei auf verschiedene militärische Ziele im Süden Israels abgefeuert worden, erklärten die vom Iran unterstützten Rebellen am Mittwochabend.

Die Angriffe „gegen den israelischen Feind“ würden so lange fortgesetzt „bis die Aggression gegen unsere Brüder in Gaza endet“, hieß es. So lange würden auch israelische Schiffe daran gehindert werden, das Rote Meer zu befahren.

Emirate legen UN-Resolution mit Ruf nach Waffenstillstand vor

Die Vereinigten Arabischen Emirate haben im UN-Sicherheitsrat einen neuen Resolutionsentwurf mit der Forderung nach einem Waffenstillstand vorgelegt. „Die Vereinigten Arabischen Emirate rufen zur dringenden Annahme einer Resolution für einen humanitären Waffenstillstand und haben eben einen Entwurf beim UN-Sicherheitsrat eingereicht“, teilte die Ständige Vertretung des Golfstaats am Donnerstag per Kurznachrichtendienst X mit.

Die Situation im Gazastreifen seien katastrophal und beinahe unumkehrbar. „Wir können nicht warten. Der Rat muss entschlossen handeln mit der Forderung nach einem humanitären Waffenstillstand“, so die Mitteilung weiter. Ähnliche Vorstöße waren bislang am Widerstand der USA gescheitert.

Seit zwei Monaten Krieg

Der Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas dauert nun seit zwei Monaten an. Am 7. Oktober waren hunderte Terroristen der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1.200 Menschen in Israel getötet und etwa 240 Menschen als Geiseln verschleppt, ein Teil von ihnen wurde unter anderem während einer einwöchigen Feuerpause freigelassen.

Nach israelischen Angaben befinden sich weiterhin 138 Verschleppte in der Gewalt der Hamas. Sie würden unter „brutalen und unmenschlichen Bedingungen“ gefangengehalten, sagte Armeesprecher Hagari. Das Militär habe seine „Mission zur Rettung unserer Geiseln nicht aus den Augen verloren“.

Nach jüngsten Angaben der Hamas wurden seit Kriegsbeginn mehr als 16.200 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden; die Hamas ist für gute Propaganda bekannt.

(afp/ks)



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