Israel stellt Livestream aus dem Gazastreifen ein – Blinken hält Geiselabkommen „immer noch“ für möglich

Ein Livestream von AP wurde nach einer israelischen Warnung eingestellt – die Agentur gab die Bilder auch an den katarischen Sender „Al-Jazeera“ weiter. Die Führung der Hamas sitzt in Katar. US-Außenminister Antony Blinken ist optimistisch und setzt trotz des IStGH auf ein Abkommen zwischen Israel und der Hamas.
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Ein israelischer Hubschrauber feuert eine Leuchtrakete ab, während er den Gazastreifen überfliegt. 21. Mai 2024.Foto: Jack Guez/AFP via Getty Images
Epoch Times22. Mai 2024

Die israelische Regierung hat einen Livestream der US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) eingestellt, der Bilder aus dem Gazastreifen sendete. Wie AP am Dienstag mitteilte, beschlagnahmten Mitarbeiter des israelischen Kommunikationsministeriums am Nachmittag technisches Material im Büro der Agentur in der südisraelischen Stadt Sderot. Das Ministerium wirft AP nach eigenen Angaben vor, gegen ein neues Gesetz zu verstoßen, das die Zulieferung von Material an den katarischen Sender „Al-Jazeera“ verbietet.

Das Ministerium erklärte, seine Inspektoren seien auf Anweisung der Regierung „im Einklang mit dem Gesetz“ vorgegangen und hätten „die Ausrüstung beschlagnahmt“. Die vom Balkon eines Hauses in Sderot an der Grenze zum nördlichen Gazastreifen aus aufgenommenen Bilder zeigten auch Aktivitäten israelischer Soldaten und deren Standorte, begründete das Ministerium sein Vorgehen.

Wenige Stunden nach der Beschlagnahme von Ausrüstung der Nachrichtenagentur AP in Israel hat Informationsminister Schlomo Karhi die Rückgabe der Kamera angeordnet. Das Verteidigungsministerium will zudem prüfen, ob der Einsatz der Kamera an der Grenze zum Gazastreifen irgendein Risiko für die israelischen Truppen dort bedeute, hieß es weiter.

„Al-Jazeera“ sei Kunde von AP

Die Nachrichtenagentur sei gewarnt worden, dass sie gegen das Gesetz verstoße und aufgefordert worden, ihre Bilder nicht mehr an „Al-Jazeera“ weiterzugeben, hieß es weiter. Associated Press habe diese Anweisungen missachtet.

Israel hatte „Al-Jazeera“ im Zuge eines neuen Mediengesetzes Anfang Mai abschaltet. Die Regierung warf dem katarischen Sender Hetze und eine Gefährdung der Sicherheit im Land vor. Katar ist einer der wichtigsten Vermittler im Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas. Die Terroristen führen ihre politischen Geschäfte von dem Emirat aus.

AP wies die Anschuldigungen entschieden zurück. Die Nachrichtenagentur verurteile das Vorgehen der israelischen Regierung „aufs Schärfste“, hieß es in einer Erklärung. „Al-Jazeera“ gehöre zu den Tausenden von Kunden, die Live-Videoübertragungen von der Agentur erhielten. Die Agentur warf der israelischen Regierung „eine missbräuchliche Anwendung“ des neuen israelischen Mediengesetzes vor und forderte die Rückgabe ihrer technischen Ausstattung.

Die Agentur halte sich bei ihrer Berichterstattung an die israelischen Mediengesetze, die die Veröffentlichung von Details verbieten, die Soldaten gefährden könnten, fügte AP hinzu. Der Livestream zeige eine allgemeine Aussicht auf den Gazastreifen.

Blinken hält Abkommen „immer noch“ für möglich

US-Außenminister Antony Blinken hält weiterhin ein Abkommen zwischen Israel und der Hamas zur Geisel-Freilassung und einer Feuerpause im Gazastreifen trotz bislang erfolgloser Bemühungen für möglich.

„Ich denke, dass es immer noch eine Möglichkeit gibt“, sagte Blinken am Dienstag vor dem Ausschuss für Auswärtige Beziehungen des US-Senats. Allerdings würden die diplomatischen Bemühungen durch die „extrem falsche Entscheidung“ des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs erschwert, Haftbefehle gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu sowie die Anführer der radikalislamischen Hamas zu beantragen.

Die Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung der Geiseln blieben bisher erfolglos. Die Delegationen der Vermittlerstaaten Ägypten, Katar und USA reisten Mitte Mai ohne Einigung aus Kairo ab.

„Ich denke, wir waren einige Male sehr, sehr nahe dran“, sagte Blinken nun. Ausdrücklich lobte der US-Außenminister Katar und Ägypten für ihre Unterstützung bei den „umfangreichen Bemühungen“ um ein Abkommen.

Gleichsetzung von Hamas und israelischer Führung ist „beschämend“

Die Möglichkeit dafür werde nun jedoch durch „eine Reihe von Ereignissen in Frage gestellt“, kritisierte Blinken. Die „extrem falsche Entscheidung des IStGH-Anklägers gestern – die beschämende Gleichsetzung zwischen der Hamas und der israelischen Führung“ erschwere aus seiner Sicht „nur die Aussichten auf ein solches Abkommen“, sagte Blinken. Die US-Regierung berate nun eine „angemessene Antwort“ auf den Schritt des IStGH.

Zuvor hatte bereits US-Präsident Joe Biden die IStGH-Entscheidung scharf kritisiert. Der Antrag auf Haftbefehle gegen Israels Regierungschef Netanjahu und den israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant sei „empörend“, erklärte Biden am Montag. „Was auch immer dieser Ankläger andeuten mag, es gibt keine Gleichwertigkeit – keine – zwischen Israel und der Hamas.“ Die Vereinigten Staaten würden „immer an der Seite Israels gegen Bedrohungen seiner Sicherheit stehen“.

IStGH-Chefankläger Karim Khan hatte wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit und mutmaßlicher Kriegsverbrechen Haftbefehle gegen Netanjahu und seinen Verteidigungsminister Gallant sowie gegen die Anführer der Hamas beantragt.

Israel berücksichtigte US-Bedenken zu Rafah

Einem US-Regierungsvertreter zufolge hat Israel die Bedenken der Vereinigten Staaten mit Blick auf das Vorgehen in Rafah im Süden des Gazastreifens berücksichtigt. Die Israelis hätten ihre Pläne aktualisiert, sagte der hochrangige Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte, am Dienstag (Ortszeit). Es sei eine Diskussion, die fortgesetzt werde, sie sei „konstruktiv“.

Der US-Regierungsvertreter bezog sich auf Gespräche, die der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan, am vergangenen Wochenende mit hochrangigen Vertretern Israels geführt hatte, darunter mit Regierungschef Benjamin Netanjahu. Entscheidend sei, was tatsächlich passiere, sagte der Regierungsvertreter. „Wir geben kein grünes Licht für israelische Operationen, das ist nicht unsere Aufgabe.“

Das UNRWA hat nach eigenen Angaben die Verteilung von Lebensmitteln in der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen ausgesetzt. Die Verteilung von Lebensmitteln in Rafah sei derzeit „aufgrund von Versorgungsengpässen und Unsicherheit ausgesetzt“, teilte das UN-Palästinenserhilfswerk am Dienstag im Onlinedienst X mit. Die Verteilungszentren des UNRWA sowie des Welternährungsprogramms  in Rafah seien aufgrund der anhaltenden israelischen Offensive unzugänglich, erklärten die Vereinten Nationen. (afp/red)



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