Die Lage in Israel und Gaza: US-Außenminister trifft sich mit palästinensischem Präsidenten

US-Außenminister Blinken spricht sich dafür aus, dass die palästinensische Autonomiebehörde von Abbas wieder die Kontrolle im Gazastreifen übernimmt. Wie ist die aktuelle Lage im Nahen Osten?
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US-Außenminister Antony Blinken (l.) traf sich mit dem Palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas in Ramallah, 5.11.2023.Foto: Jonathan Ernst/Pool/AFP via Getty Images
Epoch Times5. November 2023

US-Außenminister Antony Blinken hat im Rahmen seiner Vermittlungsbemühungen in Nahost bei einem unangekündigten Besuch im Westjordanland Palästinenserpräsident Mahmud Abbas getroffen. Die Palästinenserbehörde veröffentlichte am Sonntag Bilder des Treffens in Ramallah. Der Besuch erfolgte vor dem Hintergrund internationaler Sorge über die wachsende Gewalt im von Israel besetzten Westjordanland.

Es ist der erste Besuch des US-Chefdiplomaten im Westjordanland seit dem blutigen Angriff der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober.

Blinken sprach sich kürzlich dafür aus, dass die palästinensische Autonomiebehörde von Abbas wieder die Kontrolle im Gazastreifen übernimmt. Diese ist dazu aber nur im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung bereit. Sie sieht die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates an, der friedlich Seite an Seite mit Israels existiert. Diese Vision wird von den meisten Mitgliedern der israelischen Regierung als Gefahr für den jüdischen Staat angesehen und daher abgelehnt.

Am Samstag führte der US-Chefdiplomat Gespräche in Jordanien. Die „Vertreibung der Palästinenser“ müsse gestoppt werden, sagte der jordanische Außenminister Aiman al-Safadi am Samstag in Amman nach einem Treffen mit US-Außenminister Blinken. „Mord und Kriegsverbrechen müssen aufhören und die Immunität Israels gegenüber dem Völkerrecht muss enden.“

Am Sonntagabend reist Blinken zu einem Besuch in die Türkei. Dort wolle er unter anderem über mögliche Wege zu einem „dauerhaften und nachhaltigen Frieden im Nahen Osten“ sprechen, zu denen „die Einrichtung eines palästinensischen Staates“ gehöre, teilte das US-Außenministerium mit.

Blinken setzte sich für eine humanitäre Feuerpause ein, lehnte aber eine lang andauernde Waffenruhe ab. „Ein vollständiger Waffenstillstand würde jetzt nur dazu führen, dass die Hamas an der Macht bleibt, sich neu gruppieren könnte und wiederholen könnte, was sie am 7. Oktober getan hat.“

Kanada und Ukraine

Der kanadische Premierminister Justin Trudeau sprach derweil mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu. „Ich habe Kanadas Unterstützung für Israel und sein Recht auf Selbstverteidigung im Einklang mit dem Völkerrecht bekräftigt. Wir haben auch darüber gesprochen, dass die Hamas die als Geiseln festgehaltenen Personen sofort und bedingungslos freilassen sollte.“

In einem anderen Beitrag schrieb Trudeau, dass er erneut betonte, „wie wichtig es ist, das humanitäre Völkerrecht aufrechtzuerhalten und alle Anstrengungen zu unternehmen, um die palästinensischen Bürger zu schützen“.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte gestern, dass der Krieg zwischen Israel und Gaza „den Fokus vom Konflikt in der Ukraine ablenke“. Ihm zufolge ist dies „eines der Ziele“ Russlands. Einem BBC-Bericht zufolge fielen diese Worte zusammen mit der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen.

Angriffe über Nacht

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben seit Beginn der Bodenoperation im Gazastreifen mehr als 2.500 terroristische Ziele angegriffen. Man setze sowohl auf die Ausschaltung von Terroristen im direkten Gefecht als auch auf Luftangriffe auf die Infrastruktur der Hamas, teilten die israelischen Streitkräfte am Sonntag mit.

Über Nacht flogen die Israelischen Streitkräfte Luftangriffe auf ein Militärgelände der Hamas, in dem sich Kommando- und Kontrollzentren, Beobachtungsposten und weitere „terroristische Infrastruktur“ befunden hätten. Das israelische Militär veröffentliche auch mehrere Videos, die den Einsatz zeigen. Zahlen zu möglichen Opfern unter den israelischen Streitkräften wurden zunächst nicht genannt. Die Hamas sprach unterdessen davon, Bomben gegen israelische Truppen sowie gepanzerte Bulldozer einzusetzen.

Die israelische Armee hat den Zivilisten im Gazastreifen erneut ein Zeitfenster für die Flucht in den Süden des Küstengebiets genannt. Die israelischen Streitkräfte würden zwischen 10:00 Uhr und 14:00 Uhr Ortszeit (9:00 und 13:00 Uhr MEZ) Verkehr auf einer Straße in Richtung Süden zulassen, schrieb ein israelischer Armeesprecher am Samstagabend auf der Plattform X (vormals Twitter).

Im Libanon griffen israelische Kampfflugzeuge militärische Infrastrukturen der Hisbollah an, nachdem mehrere Starts von Raketen von libanesischem Boden in Richtung Israel entdeckt wurden.

Die Lage ist komplex, da sich die Hamas zum großen Teil in unterirdischen Tunnelsystemen aufhält. Der Gazastreifen muss als ein Gebiet mit zwei Lebensebenen betrachtet werden: „eine Ebene für Zivilisten und eine für die Hamas“, wie ein militärischer Sprecher Israels erklärte. „Weit mehr Tunnel, als wir uns vorstellen können“, gebe es. Es wird von einer Gesamtlänge von 500 Kilometern gesprochen – das ist weit mehr als die U-Bahnen von Berlin und Paris zusammen.

Weltweit Proteste gegen Israel

Angesichts der Bilder von immer mehr Toten und Zerstörung kam es in zahlreichen Städten in Europa und den USA zu propalästinensischen Protesten. Allein in Düsseldorf gingen nach Polizeiangaben fast 17.000 Menschen auf die Straße, in Berlin waren es etwa halb so viele. Die Polizei in der Hauptstadt berichtete von Plakaten mit strafbaren Inhalten, fertigte Dutzende Anzeigen aus und ermittelt nun unter anderem wegen Volksverhetzung.

In Washington forderten Zehntausende Menschen „Freiheit für Palästina“, viele Demonstrierende zogen bis vor das Weiße Haus und versammelten sich vor dem Eingangstor, das mit Handabdrücken in roter Farbe beschmiert wurde. In London waren 30.000 Menschen an Protesten gegen die israelischen Angriffe beteiligt, wie die BBC unter Berufung auf Schätzungen der Polizei berichtete.

Sie forderten unter anderem einen sofortigen Waffenstillstand. Auch in französischen Städten gingen Tausende Menschen auf die Straße. In Paris beteiligten sich rund 20.000 Demonstranten, wie örtliche Medien unter Berufung auf die Polizei berichteten.

Israels Truppen nehmen Hamas-Chef in Gaza ins Visir

Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari hatte kürzlich erklärt, es sei die Absicht der Hamas und ihres Anführers Jihia al-Sinwar, das Bild eines zerstörten Gazas zu zeigen und Israel verantwortlich zu machen für das Leid der Menschen dort. „Sie werden die echten Schuldigen nicht verbergen können, und zwar sie selbst, die Verderben über Gaza gebracht haben“, sagte Hagari.

Israels vorrückende Bodentruppen „nehmen ein Hamas-Bataillon nach dem anderen auseinander“ und würden Al-Sinwar „eliminieren“, zitierte die Zeitung „The Times of Israel“ den israelischen Verteidigungsminister Joav Galant am späten Samstag.

Aus dem Iran hieß es, Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei habe den Chef des politischen Büros der Hamas in Teheran empfangen. Ismail Hanija sei „vor einigen Tagen“ für Gespräche in die Hauptstadt der Islamischen Republik gereist, berichtete die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna am Samstag unter Berufung auf einen Hamas-Vertreter. (dts/dpa/red)



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